Freitag, März 31, 2017

Tristan Rosenkranz: Darum ziehe ich mich von der Männerarbeit zurück

Viele Genderama-Leser kennen Tristan Rosenkranz durch sein Engagement für die geschlechterpolitische Initiative Gleichmaß e.V. Das letzte Mal hatte ich über ihn in Zusammenhang mit seinem Interview für die Ostthüringer Zeitung berichtet. Darin ging es darum, dass die von Rosenkranz und anderen Aktivisten begründete Gewaltschutzwohnung in Gera vor dem Aus steht, nachdem Thüringens Gleichstellungsbeauftragte Katrin Christ-Eisenwinder (Die Linke) eine Finanzierung ablehnte.

Jetzt hat sich Rosenkranz von männerpolitischer Arbeit zurückgezogen. In seinem Abschiedsschreiben erklärt er unter anderem:

Es sind fast genau zehn Jahre vom ersten Selbsthilfe-Engagement bis heute, in denen ich für die Leitung und / oder Gesamtkoordination dieser Initiative verantwortlich war. (...) Ich kann meinen Dank für das mir entgegengebrachte Vertrauen von Betroffenen, Mitmenschen und Fachleuten nicht annähernd in Worte fassen. Und ich habe – auf der anderen Seite der Medaille – noch bis heute selbst in sogenannten Fachkreisen mit Nachreden als "unseriös", "unfachlich", "antifeministisch" und "frauenhassend" zu tun.

(...) Was meine politische Wahrnehmung betrifft, gehe ich vorsichtig davon aus, dass unsere Arbeit einiges in der Gesamtentwicklung angestoßen hat. Dass Thüringen in Sachen Männerpolitik für als links verortete vermeintlich soziale Parteien noch Entwicklungsland ist, nicht mit offenem Visier agiert und zu keinem Zeitpunkt Aussagen von PolitikerInnen, unsere Arbeit zu unterstützen, ernstgemeint waren, macht mich traurig, betroffen und angesichts des unzähligen Leids von Menschen mitunter auch wütend. Dass selbst ein Paritätischer Wohlfahrtsverband unsere Arbeit zu Aufbau und Etablierung der Gewaltschutzwohnung zu keinem Zeitpunkt wirklich unterstützt hat, Verbandspublikationen das Problem häuslicher Gewalt gegen Männer bis heute ausblenden und vielmehr in den letzten Gesprächen seitens der Geschäftsleitung meine Person persönlich in Frage gestellt wurde, spricht für sich.


Rosenkranz Rückzug aus Frustration über die von verantwortlichen Stellen versagte Unterstützung erinnert an das Schicksal Earl Silvermans, der sich schließlich sogar das Leben nahm, weil er und seine Notunterkunft für männliche Gewaltopfer von staatlicher Seite kontinuierlich im Stich gelassen wurden.

Dabei erwähnt Rosenkranz in seiner Stellungnahme ausdrücklich die verschiedenen allzu bekannten Anfeindungen ("antifeministisch", "frauenhassend" ...), denen nicht allein er ausgesetzt ist, sondern sehr viele, die sich als Graswurzel-Pioniere für benachteiligte Männer einsetzen. Erst gestern habe ich auf einen Artikel Thomas Gesterkamps hingewiesen, der selbst eine Plattform wie das "Forum Soziale Inklusion" mit Beschimpfungen wie "rechtspopulistische Frauenhasser" belegt. Ähnliche Angriffe kennt man von Martin Rosowski, dem Vorsitzenden des Bundesforums Männer unter Manuela Schwesig. Wie so oft verlassen die betreffenden Personen hier die Sachebene, auf der sie offenbar wissen, nicht punkten zu können, und wechseln stattdessen zur Ebene persönlicher Angriffe. Ehrverletzende Unterstellungen gegen jeden zu fahren, der nicht stramm auf der radikalfeministischen Linie balanciert, ist jedoch fern aller Seriosität. So kann sich zum Beispiel jeder die Website des Forums Soziale Inklusion anschauen und suchen, ob er dort irgendwo den von Gesterkamp behaupteten "rechtspopulistischen Frauenhass" findet. Das Ergebnis sagt viel über diese Plattform, aber mehr noch über Thomas Gesterkamp – der in seinem Artikel aus gutem Grund (einmal mehr) keinen einzigen Beleg für seine abenteuerliche Anschuldigung anführen konnte.

Wie die Beispiele Rosenkranz und Forum Soziale Inklusion zeigen, bleiben bösartige Unterstellungen längst nicht mehr auf die bösen Männerrechtler beschränkt. Sie können inzwischen jeden treffen, der sich irgendwie männerpolitisch engagiert. Ob er Frauen und Männer zu einer Diskussion auf Augenhöhe bringen möchte wie das erwähnte Forum, oder ob er einer letztlich überschaubaren Zahl von männlichen Gewaltopfern helfen möchte wie Rosenkranz. Jedesmal heißt es von feministischer Seite: volle Attacke! Der einzige Schutz besteht darin, sich so wie das Bundesforum Männer zu einem Großteil feministisch zu engagieren und sich mit eigenen Forderungen brav zurückhalten. Nur Männerpolitiker, die ihr Engagement strikt nach den Wünschen der feministischen Lobby ausrichten und jegliche Kontroverse mit dieser Lobby vermeiden, können sicher sein, von böser Nachrede verschont zu bleiben. Ohne tätige Unterwerfung ist man in dieser Hinsicht vogelfrei.

Das Problem ist, dass wirkungsvoller Schutz beispielsweise für männliche Gewaltopfer ohne diese Kontroverse nicht zu haben ist. Denn das feministische Lager ignoriert die männlichen Opfer und betrachtet häusliche Gewalt entgegen sämtlicher Erkenntnisse von Soziologie und Kriminologie als eine Erscheinungsform des "Patriarchats". Auch diese These indes ist belegfrei wie Gesterkamp. Man kann aber ein Problem wie häusliche Gewalt nicht sinnvoll bekämpfen, wenn man seine tatsächlichen Ursachen ignoriert.

Inzwischen sind die Verheerungen unübersehbar, die dadurch entstanden sind, dass der Versuch einer Debatte auf Sachebene wieder und wieder mit persönlichen Attacken übelster Art vergiftet wird. Das Ergebnis ist aktuell, dass männliche Gewaltopfer nicht nur in Thüringen auf Unterstützung in der Not verzichten müssen und dass die wenigen männlichen Helfer so lange fertig gemacht werden, bis sie sich ausgebrannt zurückziehen.

Ist es nachvollziehbar, wenn Thomas Gesterkamp Ende der neunziger Jahre frustriert darüber war, nirgends in der Geschlechterdebatte mit der Männerperspektive einen Fuß auf den Boden zu bekommen? Natürlich. Ist es psychologisch erklärbar, dass jemand um so wilder um sich schlägt, je mehr ihm in der Sache die Argumente ausgehen? Absolut. Ist es deshalb entschuldbar, wenn Gesterkamp und Rosowski gegen zig seriöse Vereine holzen, so wie es dieser Tage geschieht? Selbstverständlich nicht.

Im Moment können sich diejenigen Frauen, die glauben, dass Opferhilfe nur ihrem eigenen Geschlecht zuteil werden sollte, ins Fäustchen lachen. Sie haben es geschafft, dass Männer selbst Unterstellungen wie "Frauenhass" weiter verbreiten und sie dadurch glaubwürdiger erscheinen lassen, statt sich auch stellvertretend für ihre Geschlechtsgenossen dagegen zu verwahren. Durch das Kolportieren solcher Angriffe wird jede Form von Männerarbeit schwerer, nicht leichter. Die eigentliche Pflicht eines Vereins, der sich "Bundesforum Männer" nennt, bestünde darin, unterirdischen Attacken auf Männeraktivisten entschieden entgegen zu treten - und sich weit stärker als bisher öffentlich für den Schutz männlicher Gewaltopfer einzusetzen. Dieses archaische Rollenverhalten, stattdessen Frauen als weißer Ritter beschützen und sich immer wieder mit anderen Männern prügeln zu wollen, wird doch wohl irgendwie zu überwinden sein?

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