Donnerstag, März 01, 2018

Feministin wirft Ex-Bundespräsident Gauck sexuellen Übergriff vor – News vom 1. März 2018

1. Die ehemalige Femen-Aktivistin Zana Ramadani bringt heute ein Buch zur MeToo-Debatte heraus. Damit erntet sie sofort ein großes Medienecho, was allerdings der geschickten Entscheidung verdanken zu sein dürfte, gleich auf den ersten Seiten den ehemaligen Bundespräsidenten Gauck sexuelle Übergriffigkeit vorzuwerfen:

Kein Außenstehender kann bestätigen, dass der von der 34-Jährigen beschriebene Dialog so tatsächlich stattgefunden hat. Gauck sei zwar "ein kleiner Grapscher, aber sicher auch ein Gentleman", fasst die Buchautorin ihre Begegnung mit dem ehemaligen Bundespräsidenten zusammen.

Über seinen Anwalt lässt der 78-Jährige mitteilen: "Der Anwurf von Frau Ramadani entbehrt jeglicher Grundlage. Liest man ihren Text genau, steht da lediglich, dass Herr Gauck für ein Foto fotoüblich seine Hand um sie gelegt hat und äußert dann lediglich eine Vermutung in ihrem Text, dass die Hand tiefer rutschen könnte, was aber tatsächlich überhaupt nicht geschehen ist. Vor diesem Sachverhalt von einem 'Grapschen' zu sprechen, ist schlicht absurd."


Gegenüber der "Berliner Zeitung" beteuerte Ramadani, es gehe ihr nicht darum, den ehemaligen Bundespräsidenten im Nachhinein an den Pranger zu stellen.

Während das alles auf manchen schon bizarr genug wirken mag, hat die Geschichte aber noch einen besonderen Dreh. Man sollte nach dem Geschilderten eigentlich annehmen, dass Ramadani die MeToo-Kampagne unterstützt. Tatsächlich ist sie aber eine erklärte Kritikerin, wie sie in einem Interview deutlich macht:

Sabine Rennefanz, Berliner Zeitung: Ich musste einige Sätze Ihres Buches mehrmals lesen, weil sie mich so irritiert haben. Sie schreiben zum Beispiel, dass die #MeToo-Debatte zersetzend auf die Demokratie und die Freiheit wirke.

Ramadani: Den Anfang der Kampagne fand ich gut, aber mir gefällt nicht, in welche Richtung sie sich entwickelt hat, dass es keine Abstufungen mehr gibt. Es findet eine Hexenjagd statt, plötzlich ist jeder Mann verdächtig. Es wird so getan, als gebe es klare Fronten: Männer sind Täter, Frauen sind Opfer. So einfach ist es aber nicht. Frauen sind nicht nur die hilflosen Opfer, sie sind Teil des Systems.

Rennefanz: Von einer Frau, die eine feministischen Aktionsgruppe gegen die Unterdrückung der Frau mitgegründet hat, würde man erwarten, dass sie sich über #MeToo freut, weil endlich vieles auf den Tisch kommt.

Ramadani: Die Debatte ist außer Kontrolle geraten. Sehen Sie sich die sozialen Medien an, da wird vieles hochgespielt und zu Pseudo-Problemen aufgeblasen. Auf einmal gilt alles, vom verunglückten Kompliment bis zur Vergewaltigung, als Sexismus und sexuelle Gewalt. Das vergiftet das Miteinander. Wenn ein Mann einen blöden Spruch macht, ist das zwar schlechtes Benehmen, aber da können wir uns wehren. Es ist viel effektiver, direkt zu reagieren, Grenzen zu setzen, als hinterher herumzutwittern und vom Sexismus-Schock zu schwafeln.

(...) Rennefanz: Verkennen Sie mit Ihrer Argumentation nicht das Machtgefälle zwischen Männern und Frauen?

Ramadani: Es gibt sicher dieses Machtgefälle, die Frage ist nur, was machen wir, damit Frauen und Männer auf Augenhöhe kommunizieren. Wenn mich jemand Tittenmäuschen nennt, dann mache ich keinen Skandal daraus, sondern ich wehre mich und setze Grenzen. Das verstehen Männer. Der Durchschnittsmann möchte Frauen nicht diskriminieren. Seien wir doch mal ehrlich: Frauen reduzieren Männer auch auf Stereotypen. Die meisten wollen lieber einen gut aussehenden, beruflich erfolgreichen Mann an ihrer Seite, als den netten Dicken, der sie zum Lachen bringt. Die Durchschnittsfrau hat doch andere Probleme als das, was gerade in der Berliner Blase diskutiert wird, sei es Lohnungleichheit oder Altersarmut.

Rennefanz: Machen Sie damit betroffene Frauen, die jetzt von ihren Erfahrungen berichten, nicht zum zweiten Mal zum Opfer indem Sie sagen: Es sei ihre eigene Schuld, wenn man sich nicht wehren kann?

Ramadani: Nein, mir geht es darum, dass Frauen ihre Stärke entdecken. Mir macht es Angst, dass durch das Ausufern von #MeToo die Stereotype eher noch verfestigt werden. Es wird so getan, als müssten Frauen automatisch in ihrem Leben Opfer werden und als sei jeder Mann ein potenzieller Täter. Da wächst eine sehr schwache, ja fast lebensunfähige Frauengeneration heran, die heult und mit den Zähnen klappert. Das ist ein historischer Rückschritt.


Peter Frahm kommentiert den "sanften Rufmord", den er Ramadani vorwirft, auf Youtube.



2. Der Kampf gegen Pornographie geht weiter: Facebook löscht ein Foto der Venus von Willendorf.



3. "Macht die Sorge um Jungen Sie zum Teil der Neuen Rechten?" fragt Mark Sherman im populärwissenschaftlichen Magazin Psychology Today.

Da saß ich also, als ich im "New Yorker" einen Artikel von Steve Coll mit dem Titel "Donald Trump's Fake News Tactics" las, in dem Trump als jemand wahrgenommen wird, der sich der zeitgemäßen Redewendungen der Neuen Rechten [im Original: Alt Right] bedient. Coll zitiert einen Bericht der Forscher Alice Marwick und Rebecca Lewis und beschreibt die Neue Rechte als "eine Mischung aus Verschwörungstheoretikern, Techno-Libertariern, weißen Nationalisten, Aktivisten für Männerrechte, Trollen, Anti-Feministen, Anti-Immigrationsaktivisten und gelangweilten Jugendlichen".

Eine dieser Kategorien sprang mir ins Auge: "Aktivisten für Männerrechte". Ich identifiziere mich nicht mit dieser Gruppe. Aber als Mann, der Vater von drei Söhnen und Großvater von fünf Enkeln ist, und als emeritierter Professor für Psychologie, der sich seit mehr als 40 Jahren mit Genderfragen beschäftigt, erscheint die Vorstellung, dass Männer sich um ihre Rechte sorgen, nicht sehr weit hergeholt. Cassie Jaye's 2016 Dokumentarfilm über Männerrechtsaktivisten zeigte einige legitime Gründe für ihre Besorgnis. Diese Gruppe mit Verschwörungstheoretikern, weißen Nationalisten und Antisemiten in Verbindung zu bringen, beunruhigte mich zutiefst.

Aber es ist einfach eine Erweiterung der Art und Weise, wie man bisher jede Sorge um Männer und Jungen etikettiert hat. (...) In einem meiner frühesten Beiträge hier – "Boys and Young Men: A New Cause For Liberals", veröffentlicht im Jahr 2010 – habe ich diese Verknüpfung in Frage gestellt und die Linksliberalen (die Progressiven) aufgefordert, diese sehr wichtige Initiative zu ergreifen. Das ist nie wirklich passiert. Die Besorgnis um Männer - und damit auch um Jungen - äußert sich vor allem auf der konservativen Seite, jetzt sogar bei der Neuen Rechten. Die einzigen Ausnahmen scheinen zu sein, wenn jemand von der Notwendigkeit spricht, unsere Jungs zu ändern, z.B. Claire Cain Millers New-York-Times-Artikel "How to Raise a Feminist Son".

Ich habe mich gefragt, was die Verfasser des Berichts, auf den sich Steve Coll bezog, eigentlich zu sagen hatten, also habe ich ihn direkt konsultiert. Der Titel lautet "Medienmanipulation und Desinformation online", und der Untertitel ist: "Die Verbreitung falscher oder irreführender Informationen hat reale und negative Auswirkungen auf den öffentlichen Konsum von Nachrichten".

Leider fand ich das, was ich nur ungern gesucht hatte. Es stellt sich heraus, dass die Menschen, die sich um Männer sorgen - und das bedeutet für mich immer auch Jungen -, nicht direkt mit der Neuen Rechten in einen Topf geworfen wurden; aber sie befanden sich im selben Abschnitt des Berichts, der den Titel "Hass-Gruppen und Ideologen" trug. Der Bericht sagt über die Befürworter der Männerrechte (Men's Rights Advocates, MRAs), dass "ihr zentraler Glaube darin besteht, dass Männer und Jungen in der westlichen Welt gefährdet oder marginalisiert sind und der Verteidigung bedürfen. Die meisten Männerrechtsaktivisten versuchen, für dieses Anliegen Anerkennung zu finden und setzen sich für die Rechte der Männer in Bereichen wie Familienrecht, Elternschaft, Reproduktion, Wehrpflicht und Erziehung ein."

Vielleicht ist die unmittelbare Reaktion darauf die folgende: Was? Männer und Jungen, die Verteidigung brauchen? Aber bei genauerer Betrachtung, in vielen Bereichen, macht das sehr viel Sinn. Nehmen Sie nur ein Paar, das auf der Liste steht: Erziehung und Elternschaft. Jeder, der sich die Daten der letzten 25 Jahre angeschaut hat, weiß, dass Jungen und junge Männer immer weiter hinter Mädchen und jungen Frauen in der Bildung zurückfallen, die sie in den Colleges stark übertreffen und nun auch in den Einschreibungen der Graduiertenschulen vor ihnen liegen. Dies ist ein besonders großes Problem in der schwarzen Gemeinschaft, wo zwei Drittel der afroamerikanischen College-Studenten weiblich sind. Über alle Ethnien hinweg machen Frauen 57% der College-Immatrikulation aus.

Und was ist mit Elternschaft? Warren Farrell, der als Vater der Bewegung "Männerrechte" anerkannt wurde, basierend weitgehend auf seinem Buch "The Myth of Male Power: Why Men Are the Disposable Sex", das 1993 veröffentlicht wurde, wird in einer Fußnote in diesem Abschnitt des Berichts zitiert. Unter den vielen Problemen, mit denen Männer konfrontiert sind, verwies Farrell auf die Gefahren einer Gehirnerschütterung im Fußball, die seiner Meinung nach ein Anliegen der Eltern sein sollte. Dabei und in vielen seiner Aussagen war er seiner Zeit mindestens 20 Jahre voraus. Und in seinem neuesten Buch "The Boy Crisis: Why Our Boys Are Struggling and What We Can Do About It", das in zwei Wochen erscheint, widmet sich Farrell intensiv der entscheidenden Bedeutung von Vätern für den Erfolg und das Wohlergehen von Kindern, insbesondere von Jungen. Die Daten dazu sind sehr aussagekräftig, aber sie wurden noch immer nicht von den Progressiven aufgenommen. Die Bedeutung des Vaters blieb als Thema auf den Beritt der Konservativen beschränkt.

Gehen einige (vielleicht viele) Männerechtler zu weit? Ja. Aber vieles von dem, was sie sagen, klingt für viele gute Männer wahr und sollte für die Eltern von Jungen wahr sein. All jene, die sich um Jungen und Männer kümmern - mit Warren Farrell ganz oben auf der Liste - mit den extremsten Elementen zu verbinden, ist wie alle Feministinnen mit den radikalsten von ihnen zusammenzurühren.

Übrigens bin ich ein Linksliberaler, der Bernie Sanders 2016 unterstützt und dann für Hillary Clinton gestimmt hat. Warren Farrell ist ebenfalls ein Linksliberaler, der Clinton von Anfang an unterstützt hat. Wir beide haben es sehr schwer, uns dabei gut zu fühlen, wie Jungen (und Väter) heutzutage von unseren linksliberalen Mitbürgern gesehen werden.

Ich weiß, dass ich teils wegen meiner Erfahrung als Vater und Großvater von acht Jungen voreingenommen bin. Aber ich schaue mir seit mehr als zwei Jahrzehnten (beginnend Jahre vor der Geburt meines ersten Enkelsohnes) die Daten an; und diese zeigen kein vielversprechendes Bild – nicht nur in unserem Land, sondern in der gesamten entwickelten Welt. Ich bin zuversichtlich, dass das Buch von Farrell genau zum richtigen Zeitpunkt erscheint; die aktuellen Verkaufsdaten vor der Veröffentlichung bei Amazon sind sehr ermutigend.

Für unsere Jungs ist es wichtig, dass diese Sorge die Linken erreicht. Neulich, beim Mittagessen mit einem Freund, gingen zwei junge Frauen (wahrscheinlich nicht einmal 18) ins Restaurant, und eine trug ein Trikot, auf dem stand: "Frau bedeutet Zukunft". Sollte ich diese Trikots für alle meine Enkel (Alter 9 Monate bis 12 Jahre) besorgen? Oder sollte ich nach einem suchen, der im Wesentlichen die gleiche Botschaft hat: "männlich bedeutet Vergangenheit"?

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