Mittwoch, Januar 10, 2018

Riesen-Mega-Jahresanfangs-Ausgabe: Alle News, die ihr vielleicht verpasst habt

Ich wünsche euch allen ein frohes neues Jahr und nur das Beste für 2018!

Bevor es mit den News losgeht, möchte ich ein paar Dinge in eigener Sache sagen: Ich danke allen, die mir und Genderama in den letzten Wochen Unterstützung zukommen haben lassen, ganz, ganz herzlich! Das Signal, dass ihr damit gesendet habt, was dieses Blog und unsere Bewegung insgesamt angeht, ist laut und klar und unmissverständlich. Offenkundig findet ihr es sinnvoll und wichtig, was geschieht, und möchtet, dass wir diesen Kurs weiter verfolgen.

Dabei haben mich einige von euch durch Spenden so stark unterstützt, dass ich absolut begeistert davon bin! Euch gebührt besonderer Dank und große Anerkennung. Aber ich freue mich auch über bescheidenere Zuwendungen. Das erwähne ich deshalb eigens, weil manche von euch sich per Mail geradezu dafür entschuldigt haben, dass es nicht mehr wäre - Genderama wäre ihnen eigentlich viel wichtiger, als in ihrer Spende zum Ausdruck komme.

Offen gesagt, finde ich es aber fast ein bisschen lustig, wenn mir Leute erst Geld schenken und sich dann dafür entschuldigen. Jede einzelne Spende zeigt mir, dass ihr meine Arbeit unterstützt und sie wichtig findet. Deshalb ist auch jede einzelne Spende von Bedeutung. Ich unterstütze Cassie Jaye selbst per Dauerauftrag, und ich kann selbst nicht jeden Monat einen größeren Betrag überweisen. Aber ich rechne darauf, dass insgesamt genug zusammenkommt, um Cassie Jaye zu zeigen, wie sehr wir schätzen, dass sie praktisch ihre Karriere aufs Spiel gesetzt hat, um wildfremden Menschen zu helfen. Und ich denke, dass das bei ihr auch so ankommt.

Bei mir jedenfalls ist es "angekommen", wie wichtig vielen von euch Genderama und meine andere journalistisch-politische Arbeit ist. Nicht nur finanziell, auch emotional ist dieses Feedback wichtig. Wenn man sich über Jahre hinweg fast jeden Morgen als erstes mit Dingen beschäftigt, die oft hässlich und konfliktgeladen sind, gibt es immer auch Phasen, wo man das Ganze satt hat und gerne mal zwischendrin ein längeres Päuschen einlegen möchte. In solchen Phasen gibt mir eure Unterstützung die Kraft, weiter durchzupowern. Wenn die Männerbewegung erfolgreich sein wird, sollten also nicht nur ich selbst, sondern sehr viele Männer (und Frauen und Kinder) denjenigen von euch dankbar sein, die kontinuierliches Engagement auf diese Weise ermuntert haben.

Damit kommen wir jetzt mit neuer Frische zu den News. Wie im vergangenen Jahr fange ich mit Meldungen an, die ich in den letzten Wochen gesammelt habe und die ich hier nachtrage, weil ich sie für erwähnenswert halte und nicht der Weihnachtspause zum Opfer fallen lassen möchte:



1. Die erste dieser Meldungen stammt sogar noch von Mitte Dezember: Das Stern-Magazin, dessen Titelgeschichte sich mit dem Thema Sexismus beschäftigte, sorgte für einen historischen Minus-Rekord bei den Verkäufen. Die Prediger predigen eifrig weiter, aber die Gemeinde ist zu einem großen Teil schon abgezogen.



2. Im Tagesspiegel erklärte Ende Dezember der Mainzer Professor Andreas Rödder, was die Postmoderne mit dem Siechtum der SPD zu tun hat. Ein Auszug des Interviews, das Hans Monath mit ihm führte:

Monath: Herr Professor Rödder, Sigmar Gabriel hat kürzlich geklagt, die SPD verliere so viele Wähler, weil sie zu sehr auf postmoderne Themen setze. Ist die Postmoderne ein politisches Phänomen?

Rödder: Definitiv. Entstanden ist die Postmoderne in universitären Seminaren in Paris und im kalifornischen Berkeley in den 80er Jahren. Was auf den akademischen Höhenkämmen debattiert wurde, sickerte dann in die Breite westlicher Gesellschaften durch. CDU-Generalsekretär Peter Tauber hat vor einigen Jahren gesagt, in seiner Partei gebe es zu viele weiße, alte Männer. Mit diesem Jargon hätte er auch in einem Seminar der feministischen Theoretikerin Judith Butler in Berkeley Erfolg haben können …

(...) Monath: Eine Folge der Postmoderne ist die Genderdebatte. "Gender Mainstreaming" ist Ziel internationaler Abkommen. Sie sind einer der wenigen renommierten Gesellschaftswissenschaftler, der diese Entwicklung kritisch sieht. Was stört Sie daran?

Rödder: Grundsätzlich hat die Postmoderne völlig Recht: Die Nation ist genau so wenig eine naturgegebene Kategorie wie die bürgerliche Geschlechterordnung des 19. oder 20. Jahrhunderts. Beides sind kulturelle Konstrukte, beides sind auch Ordnungen von Macht. Jetzt aber kommt mein Einwand. Die Postmoderne sagt, dass alle Ordnungen diskursiv erzeugte Machtkonstrukte sind. Wenn das so ist, dann geht es auch bei den Forderungen nach Anti-Diskriminierung, Diversität und Gleichstellung um Macht.

Monath: Wo begegnet Ihnen Macht in der Gender-Debatte?

Rödder: Denken Sie an die geschlechtergerechte Schreibweise mit großem Binnen-I für ProfessorInnen und ManagerInnen. Haben Sie jemals die geschlechtergerechte Schreibweise für MörderInnen und MenschenhändlerInnen gelesen? Über die Gender-Studies sind neue diskursive Ordnungen von aggressiver Männlichkeit und guter Weiblichkeit aufgekommen. Zugleich ist eine neue Hierarchie von ausgleichsbedürftigen Benachteiligungen entstanden. Der ehemalige Telekom-Vorstand Thomas Sattelberger, seinerzeit selbst ein Förderer von Gender Mainstreaming, hat es so formuliert: An der Spitze stehen Frauen, am Ende stehen Behinderte.

Monath: Können Sie das an einem Beispiel erklären?

Rödder: Die Frauenquote für Aufsichtsräte von börsennotierten Unternehmen führt dazu, dass eine kinderlose Unternehmertochter aus München-Bogenhausen den Vorzug vor einem dreifachen Familienvater mit Migrationshintergrund und Behinderung aus Berlin-Neukölln erhält. Der Soziologe Talcott Parsons hat schon in den 50er Jahren die Einsicht formuliert, dass jede Inklusion neue Exklusionen nach sich zieht. Leider verweigern sich viele AktivistInnen von Gender Mainstreaming oder der "Queer Theory" dieser Einsicht, sondern erheben einen unreflektierten, verbindlichen Geltungsanspruch für ihren eigenen Ordnungsentwurf. Mit dieser moralischen Aufladung und Ideologisierung entzieht sich die Kultur des Regenbogens der Debatte – und löst die Gegenbewegung aus, auf die Gabriel hinweist.


Zu ähnlichen Schlussfolgerungen gelangt die britische Labour-Politikerin Angela Rayner im britischen "Guardian": In einem Erziehungssystem, das sich auf die Förderung von Frauen und ethnischen Minderheiten konzentriere, würden weiße Jungen der Arbeiterschicht vernachlässigt.



3. Im Feminismus kommt das Engagement für Männerrechte zu kurz, beklagt die Feministin Laura Lucas im Magazin "ze.tt". Ein Auszug des Originalartikels, der später von der Redaktion verändert wurde (siehe unten):

Männer sterben im Schnitt fünf bis sechs Jahre früher, sie führen die Suizidstatistik an, sie haben eine höhere Todesrate am Arbeitsplatz und werden mit höherer Wahrscheinlichkeit straffällig oder obdachlos. Sie brechen häufiger ihr Studium ab und bekommen seltener das Sorgerecht für gemeinsame Kinder. Männer erleben in etwa genauso häufig wie Frauen häusliche Gewalt, und auch Männer bekommen Essstörungen. Im öffentlichen Diskurs jedoch werden diese Probleme seltener thematisiert. Ausnahmen sind Dokumentarfilme wie The Mask You Live In von The Representation Project oder The Red Pill der preisgekrönten US-Filmemacherin Cassie Jaye.


Komplett gelöst hat sich Laura Lucas von den alten feministischen Feindbildern indes noch nicht:

Gerade in den USA gelten die Men’s Rights Activists als Gender-Variante der White Supremacists. Und auch in Deutschland beschreibt der Begriff Maskulinismus oder Maskulismus meist eine misogyne Bewegung, die eine vermeintlich natürliche Überlegenheit von Männern gegenüber Frauen propagiert.


Es ist vermutlich reiner Zufall, dass derartige Behauptungen grundsätzlich ohne einen einzigen Beleg verbreitet werden. "Gelten als" genügt für die Denunziation, obwohl die von Lucas zitierte Dokumentation Cassie Jayes nachweist, dass eben diese Verleumdung daneben geht. Aber trotz ihrer Vorurteile gelangt Laura Lucas zu einem erwähnenswerten Fazit:

Niemand hat gesagt, dass wir die Benachteiligung von Frauen erst vollständig überwunden haben müssen, bis wir Problemen von Männern wieder gesellschaftliche Beachtung beimessen dürfen. Ich kann sehr wohl mit berechtigter Wut das Patriarchat wegfotzen und gleichzeitig meine eigenen Privilegien als Frau hinterfragen. Das würde es Nicht-Feminist*innen leichter machen, sich mit Geschlechtergerechtigkeit zu befassen und vielleicht sogar einem gesunden Maskulinismus den Boden bereiten.


Laura Lucas projiziert hier ganz ordentlich: Sie unterstellt Männerrechtlern, sich für überlegene Menschen zu halten, hält aber erkennbar sich selbst und ihre eigene Weltanschauung für überlegen. Der eigene Narzissmus wird dem Gegenüber untergeschoben. Bis zu einem echten Dialog auf Augenhöhe fehlt also noch einiges, aber eine erste Ausrichtung dorthin beginnt.

Eine perfide "Korrektur" des Artikels gibt es allerdings durch die Redaktion von ze.tt., die allen Ernstes darunter schreibt:

In einer vorherigen Version des Textes stand, dass Männer in etwa genauso häufig Opfer häuslicher Gewalt werden wie Frauen. Diese Informationen stammen aus dem Film „The Red Pill“ und beziehen sich lediglich auf die USA, nicht jedoch auf Deutschland. Dort sind nach Zahlen des Bundeskriminalamts für 2016 gut 80 Prozent der Opfer Frauen.


Die Zahlen des Bundeskriminalamts beziehen sich selbstverständlich nur auf das sogenannte Hellfeld eingegangener Anzeigen. Wird das Dunkelfeld ebenfalls mit eingezogen, zeigen natürlich auch deutsche Studien wie etwa des Antidiskriminierungsforschers Dr. Peter Döge für die Evangelische Kirche, dass häusliche Gewalt auch hierzulande leicht überwiegend männliche statt weibliche Opfer hat (hier 45 gegenüber 41 Prozent). Der deutsche "Qualitätsjournalismus" präsentiert sich hier wieder einmal mit Fake News – kein Wunder, dass die Auflage deutscher Tageszeitungen auch 2017 weiter in die Tiefe gestürzt ist.

Der Umstand, dass wir uns bei der Forschungslage auskennen und mit der vollständigen Datenlage arbeiten, ist wohl einer der Hauptgründe dafür, dass wir Maskulisten aus feministischer Perspektive für frauenfeindlich und gemeingefährlich gehalten werden.



4. In Österreichs Standard spielen sich Beate Hausbichler und die Professorin für Genderstudien Sabine Grenz die Bälle zu, um Männerrechtler rhetorisch mit "Frauenhass" zu verknüpfen.



5. In der Frankfurter Allgemeinen fabuliert Carolin Wiedemann:

Deshalb findet Frauke Petry auch die Kampagne #MeToo falsch: Die Frau sei nun mal von Natur aus das schwächere Geschlecht. Sie habe sich zu fügen und zur Verfügung zu stehen. Das ist auch die Haltung in der Szene der Pick-up-Artists, die mit den Rechten eng verwoben ist. Pick-up-Artists bringen anderen Männern in Workshops bei, "männlicher" zu werden, das heißt: Frauen ins Bett zu kriegen, wann immer ihnen danach ist. Die Soziologin Franziska Schutzbach schreibt, das Phantasma einer Wiederaneignung dominanter Männlichkeit in der Pick-up-Szene wirke wie eine Einstiegsdroge in rechtsnationale Weltanschauungen.


Ich habe für meine eigenen Ratgeber in diesem Bereich stapelweise Pick-up-Literatur gesichtet, und die These, "die Frau habe zur Verfügung zu stehen", geschweige denn rechtsnationale Gedanken, findet man dort lediglich in den extremistischen Randbereichen. Die Pick-up-Szene auf dieser Grundlage zu charakterisieren ist wie wenn man die SPD anhand des Weltbilds von Thilo Sarrazin beschreiben würde: Sarrazin ist SPD-Mitglied aber für den Mainstream dieser Partei nicht repräsentativ.

Einer der wenigen Pick-Upper, die so schreiben, wie die FAZ behauptet, ist der Antifeminist Thierry Baud, der in den Niederlanden allerdings gerade zum Politiker des Jahres gekürt wurde. Pick-up an solchen Extremfiguren festzumachen ist wie wenn man den Verfasserinnen von Sex- und Flirt-Tipps in Frauenzeitschriften unterstellen würde, ihrer Auffassung nach hätten Männer sich zu fügen und zur Verfügung zu stehen.



6. Der ehemalige Google-Mitarbeiter James Damore verklagt Google wegen der angeblichen Diskriminierung von Männern. Darüber berichten international Medien von der BBC bis zur Stuttgarter Zeitung. Ähnlich wie im letzten Jahr übernehmen auch heute vor allem deutsche Medien vollkommen selbstverständlich die Position des Internet-Giganten als Tatsache: "Entwickler verklagt Google nach Rauswurf wegen sexistischer Äußerungen" titelt etwa der Donaukurier, "Wegen sexistischer Äußerungen entlassener Entwickler klagt Google" formuliert der Standard. Tatsächlich hatte Damore für seine Auffassungen von mehreren Experten Unterstützung erhalten. (Genderama berichtete mehrfach.)

Das Blog Nerdcore kommentiert das erneute Versagen unserer Leitmedien bei der Berichterstattung über James Damore.



7. Niedersachsens Landtagspräsidentin Gabriela Andretta (SPD) will eine Frauenquote im Parlament durchsetzen.



8. Gegen eine Frauenquote spricht sich AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer aus. Er argumentiert, Männer seien nun mal eher für die Politik gemacht. Wenn man diese These ein wenig anders formuliert, gibt es dafür zwar gute Belege, aber natürlich sorgt sie und vor allem die Verweigerung der Quote trotzdem für Empörung im linken Lager:

Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) sagte, Kramer offenbare mit seinen Äußerungen das erschreckend rückständige Frauenbild der AfD. "Männer first" laute die Devise. Die AfD behaupte immer wieder, sie vertrete das ganze Volk, dabei grenze sie gleichzeitig die Hälfte der Bevölkerung aus. Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende der Linksfraktion, Simone Oldenburg. Sie spricht von einem "grausamen Frauenbild". Kramer zeige damit einmal mehr, dass seine Fraktion rechtsaußen ihr Domizil gefunden habe. Für Kramer gebe es offenbar Menschen erster und zweiter Klasse, wobei Männer in seinen Augen zur erster Klasse gehörten.


Glashaus, Steine: Sowohl in der SPD als auch in der Linken bedeutet Geschlechterpolitik reine Frauenpolitik. Kritik daran habe ich weder von Stefanie Drese noch von Simone Oldenburg vernommen.



9. In den Sondierungsgesprächen zu Deutschlands nächster Regierung kritisiert die CSU die "Gender-Ideologie" der Sozialdemokraten.



10. Die Zahl minderjähriger Soldaten in der Bundeswehr hat sich verdreifacht. Kritiker dieser Entwicklung, so etwa der evangelische Militärbischof Sigurd Rink, warnen inzwischen: "Kindersoldaten darf es bei der Bundeswehr nicht geben".



11. "Die Zeit" diskutiert unter der Schlagzeile "Das ärgerliche Geschlecht" allen Ernstes darüber, ob Männer "noch tragbar" seien. "Was ist das für ein bizarrer Text?" fragt Christian Schmidt in einer kurzen Analyse.



12. Christian Schmidt berichtete Anfang Januar ebenfalls über einen von Hollywoodstars gegründeten Rechtsfond, der Opfer sexueller Belästigung unterstützen soll. Dabei macht Schmidt darauf aufmerksam, dass sich hinter der Opferhilfe machtpolitische Ziele verbergen. ("We call for a significant increase of women in positions of leadership and power across industries.") Ansonsten sagt "Crumar" als erster Kommentator dieses Beitrags bereits das Wesentliche dazu:

Die unterstellte Ungleichheit der *Verfügbarkeit* von Macht*mitteln* und der *Besitz* von Macht*positionen*, darum geht es hier eigentlich. Wenn das "Ungleichgewicht der Macht" diejenigen *begünstigt*, die mal eben einen offenen Brief in der "New York Times" veröffentlichen können und die verfügbaren Geldmittel haben, einen Multimillionendollar-Fond zu gründen, dann zeigt das jedoch das Gegenteil von dem was sie behaupten.




13. Eine nachdrückliche Kritik an #MeToo veröffentlichte derweil Ruth Berger auf Telepolis: Quid pro quo: Niemand muss bei Deals à la Weinstein mitspielen. Ein Auszug:

Niemand muss so tun, als gefalle ihm Harvey Weinstein. Wenn man es als Schauspielerin trotzdem tut, verhält man sich wie der Handwerksmeister, der dem korrupten Entscheider auf dessen mehr oder minder subtile Aufforderung einen Umschlag über den Tisch schiebt.

Es geht hier um erwachsene Menschen, die wissen, was sie tun. Mit sechzehn hat man vielleicht noch nicht gelernt, unerwünschte sexuelle Annäherungen (damit meine ich gewöhnliche Anmache und Berührungen, nicht den Überfall auf dem einsamen Spazierweg) abzuwehren bzw. sich nachhaltig zu verbitten. Mit spätestens Anfang Zwanzig hat man darin ausreichend Übung. So jedenfalls meine Lebenserfahrung.

(...) Wenn das Framing als "sexueller Missbrauch" oder "sexuelle Belästigung" hilft, diese spezielle Form der Korruption ans Licht zu bringen, zu ächten und mit Konsequenzen zu bedrohen und wenn die so ausgelöste öffentliche Empörung korrupte Entscheider und Institutionen, die diese dulden, abschreckt, so ist mir das sehr recht. Juristisch ist dem Problem ja schwer beizukommen; Einstellungsänderungen können da mehr bewirken.

Wenn die derzeitige Diskussion allerdings zur Aufweichung und Verharmlosung des Vergewaltigungsbegriffes beiträgt oder zur Kriminalisierung normalen sexuellen Annäherungsverhaltens, ist das ein Ärgernis.




14. Bei Meedia äußert sich Marvin Schade zu den Vorwürfen sexueller Übergriffigkeit gegen den deutschen Regisseur Dieter Wedel:

Drei Frauen richten sich mit Vorwürfen gegen Wedel, die den Straftatbeständen der Belästigung, sexuellen Nötigung oder sogar der Vergewaltigung entsprechen könnten. Alle Vorwürfe liegen mehr als 20 Jahre zurück, wären damit verjährt und können somit strafrechtlich nicht mehr verfolgt und damit aufgeklärt werden. Der Regisseur bestreitet jede der drei Versionen in ihrem Kern, hat seine Dementi – wie die Frauen ihre Aussagen auch – an Eidesstatt versichert. (...)

Die juristische Verjährung hält Journalisten glücklicherweise nicht davon ab, Vorwürfe dennoch zu recherchieren und ihre Ergebnisse niederzuschreiben. Doch sollten auch sie – vor allem im Falle einer Verdachtsberichterstattung und bei einem solch sensiblen Thema – die Unschuldsvermutung nicht unter den Tisch fallen lassen. Im Fall Wedel ist das über weite Teile der Berichterstattung aber geschehen. (...) Das Zeit Magazin will während seiner Recherche mit insgesamt 50 Menschen gesprochen haben, um die Vorwürfe gegen den Regisseur zu verifizieren. Zitiert wird kein einziger, der die bei den schlimmsten Vorwürfen beschriebenen Momente bestätigen und den Verdacht der Nötigung oder Vergewaltigung deutlich erhärten kann. (...) Das scheint zunächst erst einmal wenige kümmern. Fast euphorisch wirken die Reaktionen einiger Medien. Man bekommt den Eindruck, sie hätten auf ein deutsches #MeToo gewartet.


Ebenfalls zur Debatte um Dieter Wedel äußert sich die Professorin für Kriminologie Monika Frommel in der Legal Tribune: "Die Vermarktung der Empörung". Auch hieraus ein Auszug:

Wir leben in einer viktimeren Gesellschaft, also in einer Kultur, in der alle, die eine passende Geschichte erzählen können, mit dem Opfersein geradezu kokettieren können und über die Opferrolle Solidarität einfordern. (...) Die Leidtragenden dieser Inflation sind die echten und schwer geschädigten Opfer. Sie unterscheidet nämlich nicht mehr zwischen beweisbaren und erfundenen Geschichten. Sie akzeptiert auch nicht, dass man Beweisprobleme nicht durch medienwirksame Strategien der Skandalisierung überspielen sollte.

Es wird mittlerweile selbst von seriösen Medien akzeptiert, mediale Pranger zu bedienen. Ist der Beschuldigte unsympathisch, etwa in dem Sinne, dass er in der Vergangenheit ostentativ ein Macho- und Angeber- Gehabe an den Tag gelegt hat, kann sich nun jeder rächen. Viele Zeitgenossen können in Interviews ihre Geschichten erzählen, die ungefiltert veröffentlicht und in den sozialen Netzwerken weiter geleitet werden. Der Grund ist banal: Ein Name kursiert gerade und die Technik der Personalisierung und Skandalisierung funktioniert. Dass dabei rechtsstaatliche Grundsätze wie die Unschuldsvermutung nicht nur jede Bedeutung verlieren, sondern geradezu in ihr Gegenteil, zur "Schuldvermutung" verkehrt werden, das ist leider evident.




15. In einem mit "Ich bin jetzt eher Männerversteherin" überschriebenen Interview äußert sich auch die Schauspielerin Nina Proll noch einmal zur aktuellen Belästigungshysterie:

Ich will mich nicht als Robin Hood der benachteiligten Frauen aufspielen. Jedoch, was jetzt passiert, ist für mich hochinteressant: nämlich, dass gerade diese Frauen sich mit mir solidarisieren. Egal, ob ich in den Zug steige oder durch den Sicherheitscheck im Flughafen gehe oder mich im Supermarkt die Kassiererin anspricht, es heißt immer: "Danke, Frau Proll, dass sie sich getraut haben, etwas zu sagen. Sie sprechen mir aus der Seele."

(...) Was mich (...) wirklich störte, war das Frauenbild, das da vermittelt wurde. Die Frau als bemitleidenswertes Opfer von irgendwem oder irgendwas. In aller Klarheit: Wenn eine Frau zum Ziel eines Gewaltverbrechens wird, dann ist dieser Begriff absolut angebracht. Im Zuge irgendeines verunglückten Witzes oder eines missglückten Tinder-Dates von "Opfer" zu sprechen, finde ich jedoch vermessen. Dieses Bild der Frau akzeptiere ich nicht, und ich wehre mich dagegen. Wir Frauen sind nicht grundsätzlich die besseren Menschen und haben den Männern nicht grundsätzlich vorzuschreiben, was sie von uns zu wollen haben und was nicht. In dieser Debatte werden Frauen so hingestellt, als wäre ihnen Sex grundsätzlich fremd und sie müssten davor beschützt werden. Man redet ihnen fast mantrahaft ein, sie wären hilflose, empfindliche Wesen, die sich nicht zu helfen wissen. (...) Bis jetzt hat durch die schwelende Debatte nicht eine einzige ganz normale Frau etwas gewonnen - außer jenen, die jetzt am "Time"-Cover sind.

(...) Viele Frauen fordern hier ein Bewusstsein, das sie oft selbst nicht haben. Nur weil Männer es meist nicht als Belästigung empfinden, wenn sie von Frauen begrapscht oder in eine Schublade gesteckt werden, heißt das ja nicht zwingend, dass wir weniger übergriffig oder sexistisch sind.




16. Hundert französische Schauspielerinnen, Autorinnen und Akademikerinnen – so etwa Catherine Deneuve - haben in einem offenen Brief Männer gegen die neue Sexualhysterie verteidigt und MeToo kritisiert.

Die Frauen behaupteten, dass die Hexenjagd, die den Anschuldigungen gefolgt sei, nun die sexuelle Freiheit bedrohe.

"Vergewaltigung ist ein Verbrechen, aber der Versuch, jemanden zu verführen, sei es hartnäckig oder ungeschickt, ist es nicht. Ebenso wenig starten Männer, die sich als Gentlemen benehmen, einen Machoangriff", erklärte der Brief, der in der Tageszeitung Le Monde veröffentlicht wurde.

Männer wurden kurzerhand bestraft und aus ihren Jobs gedrängt, weil sie nur das Knie von jemandem berührt hatten oder versuchten, einen Kuss zu erhaschen", sagte der Brief, der auch von Catherine Millet, der Autorin des 2002er Bestsellers "The Sexual Life of Catherine M" unterzeichnet wurde.

Männer waren durch den Dreck geschleift worden, schrieben die Französisnnen, weil "sie bei professionellen Abendessen über intime Themen sprachen oder weil sie sexuell aufgeladene Nachrichten an Frauen schickten, die ihre Aufmerksamkeit nicht erwiderten".

Der Brief kritisierte feministische Social Media-Kampagnen wie #MeToo und sein französisches Pendant #Balancetonporc (Pangere dein Schwein an), weil sie "diese puritanische ... Welle der Reinigung" entfesselt hatten.

"Was mit der Befreiung von Frauen begann, hat sich heute ins Gegenteil verkehrt - wir schüchtern die Menschen ein, damit sie 'richtig' sprechen, schreien diejenigen nieder, die sich nicht anpassen, und die Frauen, die sich weigern, sich den neuen Realitäten zu beugen, gelten als Komplizen und Verräter. (...) Anstatt Frauen zu helfen, hilft dieser Wahnsinn, die (männlichen chauvinistischen) 'Schweine' in den Schlachthof zu schicken, den Feinden der sexuellen Freiheit - religiösen Extremisten und der schlimmsten Art von Reaktionären," sagte das Kollektiv der Frauen, die den Brief unterschrieben haben.

"Als Frauen erkennen wir uns nicht in diesem Feminismus wieder, der nicht lediglich den Missbrauch von Macht anprangert, sondern den Hass auf Männer und Sexualität verbreitet".


Die von den Französinnen beklagte Entwicklung war natürlich von Genderama und vielen anderen Männerrechtlern komplett vorhersehbar. Wer sich aber in der Phase, als MeToo an Fahrt gewann, entsprechend äußerte, wurde von den Unterstützern dieser Kampagne als Verteidiger sexueller Übergriffe dargestellt, so dass er sich überlegte, ob es nicht besser war, den Mund zu halten. Die aktuellen Attacken auf Männerrechtler als angebliche "Frauenfeinde" habe ich ja weiter oben gerade erst zitiert.

Man darf sich auch keine Illusionen machen, wie die Leitmedien mit einem von einhundert MÄNNERN unterzeichneten offenen Brief dieser Art umgehen würden.

Wo aber bleibt ein vergleichbarer offener Brief von einhundert deutschen Frauen, die ebenso mutig, klug und entschieden wie die Französinnen sind?

Auch deutsche Leitmedien wie der "Tagesspiegel" berichten über den Aufstand der Französinnen: Catherine Deneuve fordert "Freiheit zu belästigen".

Interessant ist, dass die in dem offenen Brief verwendeten Formulierungen in den Schlagzeilen deutscher Leitmedien wie "Tagesspiegel, "Welt" etc. immer wieder mit "belästigen" übersetzt werden. (Die "Zeit" immerhin änderte ihre Schlagzeile über Nacht von "Freiheit zu belästigen" zu "Freiheit, lästig zu sein"). In englischsprachigen Schlagzeilen wird dagegen von der Freiheit "to chat up", "to hit on" oder "to seduce" also von "Frauen anbaggern/anflirten/verführen" gesprochen. Offenbar empfinden deutsche JournalistInnen erotisch oder romantisch geprägte Kontaktaufnahme eher als Zumutung. Vielleicht erklärt das die massenmediale Verehrung, die Anne Wizorek hierzulande erfahren hat.



17. Das Männerbashing hinterlässt derweil seine Spuren: Unter der Schlagzeile "Ich will nie wieder eine Frau in meinem Leben" berichtet die Zeitung "Schweizer Minuten" über Männer, die dem anderen Geschlecht abgeschworen haben.

(Helen Smiths Buch über den "Streik der Männer" gibt es inzwischen übrigens auch auf deutsch.)



18. Im Oktober letzten Jahres haben sich die Schweizer Sozialdemokraten mit einem 30-seitigen Manifest Feminismus ins Parteiprogramm geschrieben. Diese Ideologie war deshalb auch beim Dreikönigstreffen der Partei ein großes Thema. Telebasel berichtet:

Tobias Schaub, Mitglied bei der SP und JuSo, findet ein solches Manifest hilfreich für eine konsequent feministische Sozialdemokratie. "Wenn ich noch ein Problem damit habe, dann zeigt das, dass ich noch nicht so weit bin und noch nicht genug Verständnis habe für die feministische Politik und dass ich vielleicht auch ein stückweit sexistisch agiere in einzelnen Ansätzen. Und ein solches Manifest hilft mir zu sehen, wo ich noch etwas machen muss."




19. "An der Pädagogischen Hochschule Zürich buhlt die Zeitschrift 'RePHlex' mit sexistischen Inhalten um Autoren" empört sich der Zürcher Tages-Anzeiger. Der Artikel selbst ist trotz dieses schnappatmenden Anreißers durchaus interessant zu lesen.



20. "Sind alle Ehemänner Mörder?" fragt der Rechtsanwalt Mirko Laudon auf Strafakte.de. "Diese Frage muss man sich leider stellen, wenn man versehentlich einen Blick in die digitalen oder analogen Gazetten wirft. Dort wird berichtet, dass jeden Tag in Deutschland eine Frau von ihrem Lebenspartner, Ehemann oder Ex-Partner ermordet wird. Mal ehrlich, kann das stimmen?"

Hier geht es weiter mit Mirko Laudons Analyse der Wahrheit hinter den reißerischen Schlagzeilen. Diese Analyse mündet in die Frage: "Wo ist der 'Qualitätsjournalismus', wenn man ihn einmal braucht?" Auch dieser Beitrag ist in seiner begründeten Schärfe absolut lesenswert.



21. "Mehr Rechte für Väter" war vergangene Woche ein Thema beim Sat.1-Frühstücksfernsehen. Vorgestellt wird die Selbsthilfegruppe des Väterrechtlers Markus Witt, der das Thema auch im Interview exzellent präsentiert.



22. "Hier wieder ein Bericht, den Sie in deutschen Mainstreammedien nicht finden werden, obwohl der Inhalt aus den USA stammt", schreibt mir einer meiner Leser. Der verlinkte Artikel bezieht sich auf eine Forschungsarbeit, die in einem wissenschaftlichen Fachmagazin veröffentlicht wurde und der zufolge der geringere Frauenanteil beim Sport keineswegs Diskriminierung zu verschulden, sondern evolutionär bedingt sei.



23. Eine andere Studie, die konträr zu den Auffassungen der Genderstudien steht, zeigt robuste geschlechtsspezifische Unterschiede bei dem bevorzugten Spielzeug von Kindern – über eine deutliche Bandbreite von Ländern, Zeitperioden und Altersstufen hinweg.



24. Die BBC berichtet über die Gehaltslücke von Frauen bei einer Reihe von Firmen:

Bei Easyjet zum Beispiel sind 6% der britischen Piloten Frauen - eine Rolle, die mit durchschnittlich 92.400 Pfund im Jahr bezahlt wird - während 69% der weniger gut bezahlten Kabinenbesatzung Frauen sind, mit einem durchschnittlichen Jahresgehalt von 24.800 Pfund.


Die Männerrechtlerin Karen McFly kommentiert den Beitrag auf Facebook:

Das ist lächerlich. Pilot zu sein ist ein Beruf und keine "Rolle". Die BBC lässt es klingen, als ob Easyjet eine zufällige Gruppe von Leuten beschäftigt und - weil sie im Interesse des Patriarchats handeln - mehr Männer als Piloten und mehr Frauen als Kabinenbesatzung einsetzt, während es in Wirklichkeit immer mehr Frauen geben wird, die Kabinenbesatzung sein wollen, und mehr Männer, die sich ausbilden wollen, um Piloten zu werden.




25. Auch durch die deutschen Medien ging der Vorwurf einer BBC-Mitarbeiterin, dass sie für gleiche Arbeit vom Sender schlechter bezahlt würde als Männer. Der in feministischen Kreisen als "Antifeminist" verschriene maskulistische Parlamentsabgeordnete Philip Davies stimmt diesem Vorwurf von Frauenseite explizit zu.



26. Alle Männer zu töten gehört zu den guten Vorsätzen einer Huffington-Post-Redakteurin fürs neue Jahr. Andere Wortmeldungen derselben Journalistin sind nicht weniger befremdlich.



27. Bei einem weiteren Briten stellt sich heraus, dass er fälschlich der Vergewaltigung beschuldigt wurde – leider erst nach zwei Jahren Knast. Diesmal hatten die Ermittlungsbehörden entlastende Facebook-Postings übersehen, die die Schwägerin des Justizopfers innerhalb einer Minute entdeckte. Der fälschlich Beschuldigte saß zusammen mit echten Sexualverbrechern in Haft und musste sich einer psychiatrischen Behandlung unterziehen, weil sein ständiges Beteuern seiner Unschuld zeige, dass er die Tat vor sich selbst verleugne.

Fachleuten zufolge haben wir es bei den in den letzten Wochen bekannt gewordenen Fällen dieser Art nur mit der Spitze eines Eisbergs zu tun.



28. Fox News hat die Berichte aufgegriffen, denen zufolge eine Unterstützerin Hillary Clintons Frauen 500.000 Dollar angeboten hatte, wenn sie Donald Trump vor der Präsidentschaftswahl sexuellen Fehlverhaltens bezichtigen würden.



29. Ein Mann, der beim einvernehmlichen Sex die Brüste seiner Partnerin gepackt hatte, ist jetzt vor Gericht freigesprochen worden. Damit wurde ein früherer Schuldspruch revidiert.



30. Auch Stan Lee, dem Begründer des Marvel-Superhelden-Comicverlages wird jetzt sexuelle Belästigung vorgeworfen. Die angeblichen Opfer haben keine rechtlichen Ansprüche erhoben. Lee, der die Beschuldigungen zurückweist, ist 95 Jahre alt, seine Frau, mit der 69 Jahre lang verheiratet war, ist im Jahr 2017 im Alter von 93 Jahren verstorben.



31. Zu einer hitzigen Debatte auf Twitter sorgt die britische Version von "Celebrity Big Brother". Dort kam es zu einer Konfrontation zwischen dem R&B-Sänger Ginuwine und der transsexuellen Journalistin India Willoughby. Nachdem Ginuwine erklärt hatte, dass er nicht mit einer Trans-Frau ausgehen würde, versuchte Willoughby, dem Sänger einen Kuss aufzudrücken. Als Ginuwine das abblockte, stürmte Willoughby davon. Jetzt haben sich bei Twitter zwei Lager gebildet. Das eine ist empört über Ginuwines mangelnde Bereitschaft, sich mit einer Trans-Frau einzulassen, und beschimpft ihn als transphob und bigott. Das andere besteht darauf, dass der Sänger die Wahl hat, zu küssen wen er will. Einige argumentierten auch, dass Willoughby den Sänger belästigt habe.



32. Zuletzt der maskulistische Blick ins "exotische" Ausland: In Indien häufen sich die Entführungen von Männern, die zu einer Zwangsheirat gebracht werden sollen.

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