Dienstag, Januar 23, 2018

Dieter Wedel: Herzattacke nach MeToo – News vom 23. Januar 2017

1. Im Berliner "Tagesspiegel" gibt Ariane Bemmer uns Männern einen sicher gut gemeinten Tipp hinsichtlich der "Hexenjagd auf Männer", als die manche die MeToo-Kampagne bezeichnen:

Tja, Männer, das kommt euch jetzt ungerecht vor, und genau das ist es ehrlich gesagt auch, aber so ist es nun: Ihr seid jetzt einem Dauerverdacht ausgesetzt. Ihr könnt den nicht wegargumentieren, denn für Argumente ist in diesen Verdachtsfragen niemand empfänglich. Ihr könnt euch darüber dauernd beschweren, aber das fällt irgendwann nur auf euch zurück (Pechstein-Syndrom!). Ihr könntet euch auch eingeladen fühlen, genau das zu tun, was euch ohnehin zugeschrieben wird, aber eventuell entfremdet euch das von euch selbst, weil ihr so doch gar nicht seid. Der Rat also lautet: Lebt mit dem Vorurteil, ertragt es.


Ein Mann, dem das zunehmend schwer fällt, ist der entsprechenden Anschuldigungen ausgesetzte Regisseur Dieter Wedel. Über ihn berichtet aktuell Die Welt:

Dieter Wedel ist nach Vorwürfen sexueller Übergriffe als Intendant der Bad Hersfelder Festspiele zurückgetreten. Der 75-Jährige schrieb in einer am Montag veröffentlichten persönlichen Erklärung, die Anfeindungen gegen ihn hätten "ein für meine Gesundheit und natürlich auch für meine Familie erträgliches Maß weit überschritten". Er wolle die Festspiele "aus der diffamierenden Diskussion um meine Person heraushalten". Nach Angaben seiner Sprecherin hat der 75-Jährige eine Herzattacke erlitten und liegt im Krankenhaus.

(...) In seiner persönlichen Stellungnahme heißt es weiter: "Seit mehr als zwei Wochen sehe ich mich einer nicht enden wollenden Flut schwerster, öffentlich in den Medien erhobener Anschuldigungen und Vorwürfen ausgesetzt. Der Umfang und die Art und Weise dieser Beschuldigungen haben mich zutiefst verstört und erschüttert. Und auch die Tatsache, dass es nicht aufhört."

(...) Wedel bekräftigte in seiner Erklärung: "Ich verabscheue jede Form von Gewalt, gegen Frauen ebenso wie gegen Männer." Er kündigte an, sich nicht mehr öffentlich äußern zu wollen.


Die Vorwürfe lägen mehr als 20 Jahre zurück, erklärte Wedel weiter. Zeugen, die zu seiner Entlastung beitragen könnten, seien tot.

"In diesem Klima der Vorverurteilung, der sogenannten 'Verdachtsberichterstattung', die auf keine erwiesenen Fakten gestützt sein muss, kann ich den Kampf um meine Reputation nicht gewinnen – weder mit juristischen Mitteln noch mit medialen Stellungnahmen."


Die Frankfurter Allgemeine schließlich berichtet:

Wedel wies in seiner Stellungnahme auch auf Erpressungsversuche von vermeintlichen Zeuginnen hin. Sie hätten von ihm eine höhere als die ihnen von Verlagen und Zeitungen für ihre Aussage angebotene Summe gefordert, anderenfalls würden sie ihn ohne Rücksicht auf den Wahrheitsgehalt belasten. Teilweise seien hier fünfstellige Summen im Spiel gewesen.


In Großbritannien hatte es in Form eines Selbstmords ein Todesopfer von MeToo gegeben.



2. Germaine Greer, eine einflussreiche Feministin aus Alice Schwarzers Generation, äußert jetzt Kritik an MeToo. Sie befindet: Wenn Frauen für Harvey Weinstein die Beine breit machen, ist das gleichbedeutend mit Einvernehmlichkeit.

Auch eine Harvard-Professorin warnt vor MeToo:

Ich bin (...) zutiefst beunruhigt, was übertriebene Definitionen von unrechtmäßigem Verhalten angeht. In der gegenwärtigen Situation werden Männer wegen Aktionen angeprangert, die von der Forderung nach einer Verabredung und Umarmungen auf der einen Seite bis zu Vergewaltigungen und anderen erzwungenen sexuellen Kontakten auf der anderen Seite reichen, als ob alle gleich wären und alle die Kündigung rechtfertigen. (...) Frauen sind nicht so schwach, dass sie einen solchen Schutz brauchen. Ein Verbot derartiger Aktivitäten am Arbeitsplatz würde die Lebensqualität für alle beeinträchtigen, auch für Frauen. (...) All dies gefährdet eine echte Reform. Es untergräbt die Legitimität von Maßnahmen gegen schwerwiegendes sexuelles Fehlverhalten und Machtmissbrauch. Es erzeugt Potential für Gegenschläge.




3. "Inxeba", der südafrikanische Kandidat für den Oscar für den besten fremdsprachigen Film, behandelt den Initiationsritus "ulwaluko", bei dem junge Xhosa-Männer zwei Wochen in den Busch ziehen, wo sie ohne Betäubung beschnitten werden. Vor diesem Hintergrund entfaltet sich eine schwule Liebesgeschichte. Der offen schwul lebende Hauptdarsteller, erhielt Morddrohungen. Es gab in Südafrika auch Forderungen nach einem Verbot des Films, und der traditionelle König des Xhosa-Volkes nannte den Film "beleidigend".

In einem österreichischen Nachrichtenportal, das über diesen Film berichtet, heißt es weiter:

Südafrikas berühmtester Xhosa, der Anti-Apartheidkämpfer und spätere Präsident Nelson Mandela, hatte seine Initiationszeremonie in seiner Autobiografie positiv beschrieben. Wissenschaftler sind aber der Ansicht, dass das Ritual für schwule Männer belastend sein kann.


Nur für schwule Männer? Nun, das kommt darauf an, ob man seinen Tod als Belastung empfindet:

Während in vielen Ländern Afrikas Aktivisten gegen weibliche Genitalverstümmelung kämpfen, wird die Beschneidung männlicher Teenager in Südafrika kaum hinterfragt. Sie gilt trotz mehrerer Todesfälle jedes Jahr als wichtiger Schritt zum Mannsein.


Vielleicht trägt dieser Film ja dazu bei, das Redetabu um dieses Problem zu brechen.



4. Das Blog Männergedanken zeigt am Beispiel der Grünen, wie es aussieht, wenn man selbst Opfer der Zensurmaßnahmen wird, die man sich so sehr gewünscht hat.



5. Der weibliche Orgasmus wird von Männern bestimmt. Dieser Meinung ist die Feministin Michelle Sutherland und will mit in ihrem Crowdfunding-Sound-Projekt den weiblichen Orgasmus wieder in die Macht der Frau geben.



6. Die Popsängerin Ciara hatte am Samstag einen Clip auf ihrer Instagram-Seite gepostet, in dem der Pastor John Gray erklärt, was Frauen tun müssen, um einen Mann zu finden. "Diese anti-feministische Botschaft sorgte schnell für einen Shitstorm", berichtet vip.de und schildert auch die Reaktion der Sängerin: "Eine Entschuldigung sieht anders aus."



7. Was möchten "Antifeministen" und "Maskulinisten" in Deutschland? Das erklärt das Audioportal freier Radios unter der Überschrift "Zurück ins Kaiserreich". Im Kaiserreich wie heute, berichtet Rebekka Blum mit unverhohlenem Amüsement in der Stimme, habe der antifeministische Schwerpunkt auf "den armen, benachteiligten Männern gelegen". Ein einziger Tag in einem Schützengraben würde diesen herablassenden Tonfall vermutlich kurieren.



8. Hans-Georg Nelles vom Bundesforum Männer fordert: Politik für Männer und Väter gehört in den Koalitionsvertrag.



9. "Prostitution ist so gefährlich wie in den Krieg zu ziehen", zitiert die Feministin Mithu Sanyal eine These, die von Leitmedien wie dem ZDF verbreitet wurde, und fragt: "Stimmt das wirklich?" Lesenswert ist der Artikel nicht nur für Menschen, die sich für das Thema "Prostitution" interessieren – denn Sanyal sagt auch etwas zur Vernachlässigung der tatsächlich gefährdeten Menschen, die in typischen Männerjobs tätig sind.



10. Die Männerhasser-Partei SPD liegt in den Umfragen inzwischen bei 17 Prozent.



11. Die Website "The Tylt" macht ein spannendes Experiment: Wie viele Menschen stimmen für und wie viele gegen die Männerrechtsbewegung, wenn man diese Bewegung so bescheuert darstellt wie möglich? So heißt es dort:

Männerrechtler beschweren sich, dass sie in der Populärkultur beiseite geschoben werden und sagen, dass Frauen von "Dr. Who" und "Star Wars" über "Ghostbusters" bis zu "Ocean's Eight" Männer verdrängen. Aber von Hollywood bis Washington DC, von Nachrichtenredaktionen bis hin zu Vorstandsetagen dominieren weiße Männer noch immer so ziemlich jede Halle der Macht, und viele kritisieren die Männerrechtsbewegung wegen ihrer allzu häufigen Misogynie und Gewalt. Was meinen Sie dazu?

( ) #WeNeedMensRights

( ) #MenArentOppressed


Das Ergebnis dieser Umfrage dürfte nicht so ausgefallen sein, wie The Tylt sich das vorgestellt hatte. Mit Stand von heute morgen unterstützen 88 Prozent die Männerrechtsbewegung.



12.
Eine neue Studie, die vom Pew Research Center veröffentlicht wurde, hat herausgefunden, dass James Damore nicht der einzige weiße Mann in MINT ist, der sich diskriminiert fühlt.

In einer Studie mit 2.344 MINT-Arbeitern gaben 19 Prozent der Männer an, dass sie "geschlechtsspezifische Diskriminierung am Arbeitsplatz" erlebt hätten. Sieben Prozent der Männer gaben an, das Gefühl zu haben, dass ihr Geschlecht es ihnen "schwerer gemacht hat, erfolgreich zu sein".


Hier geht es weiter.



13. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:

Ich bin gerade über diesen Ausschnitt aus einem Interview gestolpert, den [der kanadische Professor für Psychologie] Jordan B. Peterson letzte Woche einem britischen Radiosender gegeben hat. Es geht darum, wie junge Männer indoktriniert werden, wie hoffnungslos sie sind und welchen Unterschied schon ein einziges Wort der Unterstützung machen kann. Bei mir treffen seine Worte auf starke Resonanz. Ich bin ohne Vater aufgewachsen und kenne es nicht anders, aber wenn ich ihn reden höre, dann spüre ich, wie mir gute Väterlichkeit - bis heute! - fehlt. Und dass es in unserer Gesellschaft überhaupt keine Auffangmechanismen gibt für die Kinder, die ohne Vater aufwachsen. Ja, der Vatermangel wird noch nicht einmal überhaupt als Problem wahrgenommen. Teils, in den radikaleren linken/feministischen Kreisen, gilt er mithin ja sogar als Lösung des Problems (des Problems "Patriarchat" aka "hegemoniale Männlichkeit" aka "Misogynie").

Dass jemand so ein Mitgefühl für junge Männer hat, das kenne ich sonst überhaupt nicht. Und dazu hat Peterson unbestreitbare akademische Credentials. Und er knickt nicht ein, er steht seinen Mann gegen all die Boshaftigkeit, die täglich von Seiten der regressiven Linken auf ihn einprasselt. Für mich ist er ein Held, und das habe ich noch nie über jemanden gesagt.


Professor Jordan Peterson scheint derzeit viele Menschen zu begeistern. Diese Woche beispielsweise erscheint sein Buch "12 Rules for Life". Bei Amazon Kanada ist es bereits das bestverkaufte Buch. Es liegt auf Platz 2 der meistverkauften Bücher bei Amazon USA und auf Platz 4 bei Amazon Großbritannien. Hierzulande ist es bei Amazon das meistverkaufte fremdsprachige Buch – noch vor den Enthüllungen über die Zustände im Weißen Haus unter Donald Trump, die in den Leitmeiden groß aufgegriffen wurden.

Dieser immense Erfolg dürfte nicht zuletzt einem Interview zu verdanken sein, das die britischen Channel 4 News vergangene Woche mit Peterson führten. Dabei versuchte die Interviewerin Cathy Newman in vollem Marietta-Slomka-Modus, Peterson wegen seiner Kritik am Feminismus als verantwortungslosen Unmenschen und Wirrkopf darzustellen. Nach Ansicht vieler Beobachter zeigte sie aber lediglich katastrophal schlechten Journalismus, während Peterson aus diesem Verhör verblüffend souverän hervor ging. Es gibt jetzt schon eine ganze Reihe von Videoanalysen dieses Gesprächs auf Youtube.

Die britischen Leitmedien indes skandalisierten, dass nach der Sendung eine Flut frauenfeindlicher Resonanz gegen die Interviewerin gegeben habe. Dabei räumt jedoch selbst der feministische Guardian ein, dass Peterson die Journalistin gegen Feindseligkeiten in Schutz nahm. In dem Artikel heißt es:

Peterson, der in der heutigen Ausgabe des "Observer" interviewt wird, sagte, dass, sobald er auf die Vorwürfe, es gebe Beschimpfungen, aufmerksam wurde, er "sofort getweetet hat: 'Wenn Sie einer dieser Leute sind, die das tun, halten Sie sich zurück, es gibt keine Entschuldigung dafür, keinen Nutzen'."

Er sagte, die Erfahrung habe ihn veranlasst, sich in Newmans Position zu versetzen: "Es besteht kein Zweifel daran, dass Cathy im Internet einer vernichtenden Flut von Kritik ausgesetzt war. Eines der Dinge, die ich versucht habe zu tun, war, mir vorzustellen, was ich tun würde, wenn ich mich in ihrer Situation befände und wie ich darauf reagieren und verstehen würde, was hier passiert. Allerdings hat man mir keine Beweise dafür geliefert, dass die Kritiken Drohungen darstellten. Es gibt einige fiese Witze im Internet, aber die Vorstellung, dass dies irgendwie eine fundamentale Misogynie widerspiegelt und davon angetrieben wird, ist lächerlich."


Dem Guardian zufolge empfinde Peterson über das, was viele Beobachter als seinen Sieg in der Konfrontation wahrnahmen, keine Genugtuung:

"Große Anerkennung an den Sender dafür, dass er das Gespräch unbearbeitet online gestellt hat. Als ich das Interview beendete, war ich mir sicher, dass es zu meinem Nachteil geschnitten werden würde. Ich fühle mich nicht, als hätte ich gewonnen. Es wäre ein befriedigenderer Sieg gewesen, wenn wir in der Lage gewesen wären, über die Ideen zu sprechen, die unter der Oberfläche brodeln, die diese bemerkenswerte Reaktion auf das Interview antreiben. Wir haben eine Gelegenheit verpasst. Ein Zyniker könnte sagen: 'Dr. Peterson, Sie haben bekommen, was Sie wollten. Das ist sehr gut für Ihre Buchverkäufe.' Das ist alles gut und schön, aber in gewisser Weise sind das dumme Siege, wenn man bedenkt, was auf dem Spiel steht."


Die britische Männerrechtsgruppe "Hequal" analysierte die Online-Reaktionen auf das Interview. Ihr Fazit: Cathy Newmans feminitische Fans attackierten Peterson und seine Unterstützer mit 30 mal mehr sexistischen Aggressionen als umgekehrt.

Im britischen Politikmagazin Spectator urteilt Douglas Murray:

Jeder faire Beobachter könnte denken, dass, wenn es in diesem Fall irgendein "Opfer" gäbe, es Professor Peterson war, der eine Einladung zu einem Interview annahm, in dem er dann serienweise falsch dargestellt wurde. Es war Peterson, der, wann immer er etwas sagte, die Antwort bekam "Was Sie also sagen, ist ..." – gefolgt von etwas, das er nicht gesagt hatte.

(...) Kurz nachdem Newmans katastrophales Interview viral ging, kündigte der Redakteur von Channel 4 News, Ben de Pear, auf Twitter an, dass das Ausmaß von "bösartigen frauenfeindlichem Beschimpfungen, Gemeinheiten und Drohungen" für Newman so groß sei, dass "Channel 4 News Sicherheitsspezialisten für die Durchführung einer Analyse heranziehen mussten". Er fuhr fort: "Ich werde nicht zögern, die Polizei hinzuzuziehen, wenn nötig", und fügte hinzu: "Was für ein schreckliches Zeugnis für die Zeiten, in denen wir leben". Er mag Recht gehabt haben, wenn er sagt, dass Newman einige fiese Beschimpfungen erlitten hat - es gibt leider eine Menge davon in den sozialen Medien -, aber die Vorstellung einer glaubwürdigen Drohung gegen sie hat dies auf eine andere Ebene gehoben. Die Tatsache, dass Channel 4 entschieden hatte, dass die Kritik an ihrem Moderator so schwerwiegend war, dass sie "Sicherheitsspezialisten" einschalten mussten, wurde unweigerlich zu einer Nachrichtenstory in jeder Zeitung, vom Guardian bis zur Daily Mail. Die Labour-Abgeordnete Angela Rayner gehörte zu denjenigen, die Newman "Solidarität" ausrichteten.

Und so verwandelte sich Newman von der bloßgestellten Tyrannin in ein belagertes Opfer.

(....) Jeder kann voraussagen, wohin dieses Stück des Den-Spieß-Umdrehens führen wird. Es wird das nächste Mal verwendet, wenn jemand Peterson eine Plattform vorenthalten will. Es wird erlauben, ihn als "umstrittener Professor" zu brandmarken. Es wird den Gedanken säen, dass, wenn man bestimmten Ideen widerspricht, man den unbestimmtesten und bequemsten Feind unserer Zeit rechtfertigt: Hass. In der Zwischenzeit wird Cathy Newman vermeiden, zu einer "umstrittenen Interviewerin" zu werden. Stattdessen wird sie zur "tapferen Cathy" werden. Nur eines ist bedauerlich: Es wird keine Gelegenheit geben, über die redaktionelle und journalistische Katastrophe nachzudenken, die dieses Interview war.


Auch das linksliberale Magazin "The Atlantic" beschäftigt sich mit dem Interview: Why Can't People Hear What Jordan Peterson Is Saying? Ein Auszug:

Dies war das prominenteste und markanteste Beispiel, das ich bisher von einem unglücklichen Trend in der modernen Kommunikation gesehen habe. Zuerst sagt ein Mensch etwas. Dann wiederholt eine andere Person das, was der Betreffende angeblich gesagt hat, um es so aussehen zu lassen, als ob seine Sichtweise beleidigend, feindselig oder absurd wäre.

(...) Eigentlich ist eines der wichtigsten Dinge, die dieses Interview veranschaulicht - ein Grund, warum es sich lohnt, es ausführlich zu erwähnen -, dass Newman immer wieder so tut, als ob sie einen Kontroversen zur Rechenschaft zieht, obwohl in Wahrheit sie es ist, die "Stimmung schürt" und "Leute in einen Zustand des Zorns bringt".

Auf Schritt und Tritt ist sie diejenige, die die Worte ihres Subjekts aufgreift und sie extremer, frauenfeindlicher oder schockierender erscheinen lässt, als Petersons Äußerungen selbst es zulassen. Fast alle der aufrührerischen Ansichten, die im Interview gelüftet wurden, werden von Newman Peterson zugeschrieben, der dann bestreitet, dass sie seine Worte genau wiedergegeben hat.

Es gibt Momente, in denen Newman ernsthaft verwirrt erscheint, und das ist sie vielleicht auch. Und doch, wenn es nur Verwirrung wäre, würde sie Peterson dann immer wieder in der skandalöseren, weniger politisch korrekten, mehr zwielichtigen Richtung fehlinterpretieren?

(...) Viele Kulturkriegskämpfe sind unvermeidlich - das heißt, sie wurzeln in ernsthaften, stark gefühlten Meinungsverschiedenheiten über die besten Werte oder den Weg nach vorn oder die Methode der Priorisierung von Gütern. Das Beste, was wir tun können, ist, diese Kämpfe durchzufechten – mit Regeln dagegen, dem anderen dabei die Augen auszustechen.

Aber es gibt einen Weg, die unnötige Spaltung über die zahllosen Meinungsverschiedenheiten, die in einer pluralistischen Demokratie unvermeidlich sind, zu verringern: die Ansichten von Leuten mit unterschiedlichen Meinungen genau zu charakterisieren, anstatt sie dazu zu bringen, in Interviews extremere Aussagen zu machen; oder noch schlimmer, ihre Worte zu verzerren, so dass bestehende Spaltungen hartnäckiger oder unmöglicher zu tolerieren scheinen als sie sind. Diese Art von Übertreibung oder hyperbolischer Falschdarstellung ist eine Epidemie - und es ist längst überfällig, sie um unser aller Willen anzugehen.


Hierzulande griffen die vielgelesenen Blogger Fefe sowie Christian Schmidt die Debatte auf, die bei Schmidt auch kommentiert werden kann.

Das plötzlich immense Interesse an Jordan Peterson führt auch zu einer verstärkten Wahrnehmung seiner männerpolitischen Äußerungen. "Young men have a new defender in Jordan Peterson" titelt The Australian. Und ein Artikel im britischen Telegraph, der sich mit Peterson beschäftigt, trägt die Überschrift: "Manliness is a tricky business - but talking about it is not an insult to womankind". (Leider sind beide Artikel nur Abonnenten online zugänglich.) Ironischerweise hat Cathy Newman mit ihrer ideologisierten Interviewführung Petersons geschlechterpolitische Auffassungen erst richtig bekannt gemacht.

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