Montag, September 25, 2017

Nach dem Debakel: SPD will weiblicher werden – News vom 25. September 2017

1. Nach der historischen Niederlage will Martin Schulz die SPD neu aufstellen: "Jetzt neu mit Frauen". Offenbar haben die Sozialdemokraten den Eindruck, beim Wähler abgestürzt zu sein, weil sie zu männerlastig waren.



2. Lucas Schoppe analysiert das Verhalten verschiedener Parteien nach der Wahl. Ein Auszug.

Noch vor zwei Jahren hätte kein vernünftiger Mensch viel Geld darauf gewettet, dass die FDP überhaupt wieder in den Bundestag kommt – nun war sie die einzige Partei, die der AfD im Rennen um den dritten Platz gefährlich wurde. Das lag wohl auch daran, dass sie den Wunsch nach Veränderungen aufgriff, ohne dabei in die primitive Fremdenfeindlichkeit der AfD zu rutschen. Trotz Lindners Model-Inszenierung wirkte der Slogan "Denken wir neu" glaubwürdig.

Dafür ein Beispiel, das nur scheinbar nebensächlich ist. Als sich die Gruppe der "Liberalen Männer in der FDP" gründete, war sie zurückhaltend dabei, das Kurzprogramm gleich zu veröffentlichen. Die Brüderle-Erfahrungen des vergangenen Wahlkampfes hatten ja deutlich gemacht, wie leicht und wirkungsvoll eine ganze Partei als "frauenfeindlich" etikettiert werden kann, ohne dass die solcherart Empörten die Mühe machen würden, sich die Situation näher anzuschauen. Es wäre also durchaus möglich gewesen, kein Risiko einzugehen und mit der Veröffentlichung des Kurzprogramms bis nach der Wahl zu warten. Schließlich hatten Zeitungen wie die "taz" oder die SPD-Parteizeitung "Vorwärts" schon auf die bloße Ankündigung der Gruppengründung scharf reagiert und schienen nur darauf zu warten, der FDP damit im Wahlkampf Schwierigkeiten zu machen.

Das Kurzprogramm wurde gleichwohl noch deutlich vor der Wahl veröffentlicht. Die Führung der Partei ist offenbar bereit, für ihre Überzeugung Risiken einzugehen und dabei in Konflikte zu geraten. So etwas fehlt in der SPD ganz.

Dabei hatte sich in dieser Partei schon vor mehr als zehn Jahren eine Gruppe der "Roten Männer" gegründet, die Gleichberechtigung forderten, aber gegenüber feministischen Positionen skeptisch waren. Sozialdemokraten waren den Freidemokraten hier mehr als ein Jahrzehnt voraus – aber die Gruppe hatte in der Partei keine Chance und löste sich schließlich resigniert auf.

Eben eine solche Resignation ist vermutlich das größte Problem der SPD. Wer, aus welchen Gründen auch immer, mit den Parteistrukturen oder der Politik der Führungsgebene nicht einverstanden ist, sieht innerhalb der Partei offenbar überhaupt keinen Spielraum für Veränderungen. Das Abrutschen der SPD in den Wahlergebnissen hat sich in der langen, riesigen Welle der Parteiaustritte seit dem Ende der Achtziger Jahre vorbereitet – seitdem haben mehr als die Hälfte der Mitglieder die Partei verlassen.


Schoppes Analyse ist in Gänze lesenswert.



3. Österreichs Männerpartei sieht das Ergebnis der Bundestagswahl als "letzte Chance, von der FDP zu lernen":

Am Beispiel Deutschlands zeigt sich, wie schnell die politische Landschaft ins Beben kommt, wenn eine einzige Partei endlich das Schweigen zu den Männerthemen durchbrechen kann. Hatte Ministerin Katarina Barley vor einem Monat noch den deutschen Männern von oben herab die Anti-Männer-Quote, welche sie als "Frauenquote" beschönigt, für die gesamte Privatwirtschaft angedroht, so zeigt sich am Beispiel dieser Politikerin, wir schnell Parteien lernfähig sind, wenn die von ihnen Ignorierten und Überfahrenen endlich eine Wahlalternative haben: Geradezu panisch brüstete sich Barley knapp vor der Wahl plötzlich als Väterrechtlerin, doch die Kehrtwende war unglaubwürdig und viel zu spät.




4. Bei den ostdeutschen Männern schnitt die AfD als beliebteste Partei ab. Laut Infratest dimap machten insgesamt 26 Prozent der ostdeutschen Männer ihr Kreuzchen bei der AfD, bei den Frauen waren es 17 Prozent. (Im Westen stimmten 13 Prozent der Männer und 8 Prozent der Frauen für die AfD.)



5. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute.

Als langjähriger Sozialdemokrat kann ich Deinen 5 Tipps für die Linke nur zustimmen. Ich selber habe übrigens die FDP gewählt. Eine SPD, die als Anti-Männerpartei vollkommen von den Wählern entrückt ist, ist für mich nicht wählbar.

Ein Gedanke treibt mich noch um: Ich denke, die AfD hat deshalb so viel Erfolg, weil im Bundestag jegliche Opposition fehlt und weil die politische Diskussion um Inhalte verstummt ist. Es gibt Diskussionsverbote in unserem Land, und das ist nicht gut. Demokratie lebt von inhaltlichen Differenzen zwischen Regierung und Opposition und einer lebendigen und offen ausgetragenen politischen Diskussion. Dort, wo das fehlt, wird keine wirkliche Demokratie gelebt.

So gesehen haben die AfD-Wähler durchaus sehr demokratisch und demokratierettend gehandelt, was auch erklärt, warum viele diesen Schritt gegangen sind.

Damit will ich der AfD keinen Heiligenschein aufsetzen, im Gegenteil. Aber doch aufzeigen, dass die AfD nur entstanden ist, weil die anderen Parteien sehr große Defizite haben.

Sehr gerne kannst du meine Worte veröffentlichen, aber bitte ohne Namensnennung ... aus den üblichen Gründen.

kostenloser Counter