Dienstag, Juni 28, 2016

Vermischtes vom 28. Juni 2016

1.) Mehrere Leser haben mich auf einen Verschreiber gestern aufmerksam gemacht. Statt "Das Tabu weiblicher Universität ist immer noch schwer zu knacken" musste es "Das Tabu weiblicher Pädophilie ist immer noch schwer zu knacken." heißen. ("Pädosexualität" oder "Kindesmissbrauch", wie einige spekulierten, hätten ebenso gepasst.) Sorry, für die Verwirrung: Gestern war es mal wieder relativ hektisch hier, und wegen einem vierstündigen Interview mit einer Feministin von der "taz" habe ich die Zuschriften, die mich auf den Fehler hingeweisen hatten, auch erst spät entdeckt. Normalerweise werden Schreibfehler auf Genderama schneller korrigiert. :-)



2. Die Gerichtsverhandlung gegen Gina-Lisa Lohfink wird bereits zum Spektakel. Unter anderem musste eine halbnackte Femen-Frau entfernt werden.

Dabei findet sich auch in der aktuellen ZEIT auf Seite 10 ein Artikel (nicht online), dessen Autorin die Darstellungen Lohfinks zerpflückt. Zu diesem Fall und vor allem der drohenden Strafrechtsverschärfng, zu den ihn Ministerin Schwesig argumentativ herbeizieht, äußert sich auf NOVO die Strafrechtsprofessorin und Kriminologin Monika Frommel. Ihr zufolge spiele die feministische Kamapgne mit falschen Zahlen und unzulässig verallgemeinerten Einzelfällen.

Behauptet wurde außerdem, das geltende Recht oder zumindest die Rechtsprechung verlange, dass sich eine Frau körperlich wehrt. Diese Behauptung war immer falsch und wird auch durch permanente Wiederholung nicht richtig. Keine Frau muss sich wehren, sie muss aber versuchen, sich zu entziehen, wenn dies möglich ist. Kann sie auch das nicht, liegt der Fall des "Ausnutzens" einer schutzlosen Lage vor. Will sie sich – aus inneren Gründen – weder wehren noch entziehen, dann kann dies sehr belastend sein, aber kein Strafrecht kann hier sinnvoll eingreifen.

(...) Die Kampagne „Nein heißt nein“ erleichtert Falschbeschuldigungen. Gefordert wird unbestimmtes, subjektiv formuliertes Strafrecht. Der neue Vergehenstatbestand und die neu gefassten Verbrechenstatbestände sind Strafrecht auf Halde. Auf begrenzende Merkmale wie "Gewalt", "Drohung" oder das "Ausnutzen" einer schutzlosen Lage wird verzichtet. Es handelt sich nach dem Willen der Frauen-Netzwerke nicht mehr um eine Nötigung zu sexuellen Handlungen, sondern um die Bestrafung jeder unerwünschten Konfrontation mit fremder Sexualität.

(...) Unklar ist auch, welche Anforderungen an die Beharrlichkeit der Willensbekundung zu stellen sind. Es genügt ja nicht ein "Nein", sondern das "Nein" muss auch noch zum Zeitpunkt der letzten sexuellen Handlung deutlich sein. Wie sollen das die Strafverfolgungsbehörden feststellen? Soll jeder aufgedrängte Körperbezug, jede einseitige Berührung bereits als strafwürdig definiert werden?


Der Artikel ist in Gänze lesenswert.



3. Die Stuttgarter Nachrichten sind fassungslos über den Zahlenzauber von Frauenministerin Schwesig.



4. Spektrum der Wissenschaft rezensiert das Buch des Genderkritikers Professor Ulrich Kutschera.



5. Ursula von der Leyen macht immer noch Frauenpolitik.



6. Ein Footballstar, der wegen einer Falschbeschuldigung sechs Jahre unschuldig im Knast saß, verlangt eine wirklich fette Entschädigung.



7. Die Post:

Sehr geehrter Herr Hoffmann,

ich bin seit Jahren stiller Leser Ihres fantastischen Blogs und möchte Ihnen dafür erst einmal danken, speziell auch für Ihren Mut sich zu exponieren. Ich selbst äußere im engen Freundes- und Familienkreis deutlich meine Meinung, bin im beruflichen Kontext doch ein wenig vorsichtiger.

Als Biologe, der seit einigen Jahren an der Schnittstelle zwischen Grundlagenforschung und medizinischer Diagnostik arbeitet, habe ich Kontakt mit vielen hochgebildeten und logisch denkenden Menschen. Zumindest nach meiner bisherigen Erfahrung ist der Frauenanteil in meinem Feld jedenfalls nicht wirklich klein, ich würde ihn sicher auf mindestens 30% schätzen. Darunter befinden sich Physiker, Chemiker, Biochemiker, Biologen und Ärzte (ich spare mir das -innen).

Auch wenn ich kein Muster konstruieren will, so fällt mir doch manchmal auf, dass einige (nicht alle) der Kolleginnen, speziell im Bereich < 35 Jahren, doch erstaunlicherweise bestimmte feministische Argumentationsstrukturen recht unreflektiert übernehmen. Ich rede dabei nicht von den abstrusen Theorien, z.B. dass es eigentlich keine Geschlechter gibt, eher davon wie die seit Jahren medial propagierte Benachteiligung der Frau und die Darstellung als ewiges Opfer scheinbar Spuren hinterlässt und das Denken beeinflusst.

Konkret geht es dabei um die üblichen Verdächtigen: weniger Frauen als Professoren, die Schwierigkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der Spagat zwischen femininen Auftreten und Professionalität und die allgemeine Schwierigkeit einen halbwegs dauerhaften Job in der mittleren Ebene zu finden. Bei einigen der Kolleginnen scheint dann schon mal die Frustration (und davon gibt es im Wissenschaftsbetrieb reichlich, unabhängig vom Geschlecht) und die ständige Wiederholung bestimmter "Thesen" zusammen zu kommen, und es wird mehr oder weniger unbewusst die weibliche Opferrolle eingenommen.

Steter Tropfen höhlt doch eindeutig den Stein, und unwillkürlich drängt sich mir da manchmal Klemperer's Lingua Tertii Imperii auf, denn die ständige Präsentation des NS-Neusprech hat die deutsche Sprache nachhaltig verändert, bis zum heutigen Tag. So ähnlich scheint es ja auch bei feministisch geprägten Diskursen zu sein.

Warum also diese lange Einführung?

Der Grund ist das eine deutsche Kollegin, mit der ich letztes Jahr in Kopenhagen gearbeitet hatte und die ich eigentlich nicht so eingeschätzt hatte, folgenden Link postete:

http://www.nytimes.com/2016/06/26/opinion/sunday/artificial-intelligences-white-guy-problem.html?_r=0

In kurzer Zusammenfassung: Weiße männliche Programmierer sind wahlweise sexistisch oder (und) rassistisch, weil sie die machine learning Algorithmen nur mit Datensätzen von Weißen füttern. Ob es sich dabei auch nur um Datensätze von weißen Männern handelt, davon spricht der Artikel nicht. Oder sie sind dumm, weil sie nicht berücksichtigen das es noch andere Menschen gibt. Zwischen den Zeilen schimmert dann durch (meine Interpretation), dass man damit die patriarchalische Hoheit aufrechterhält indem man sie in Programmen verankert. Sozusagen der fiese und geheime Plan des internationalen Finanzjudentums, pardon des internationalen Berufspatriarchats.

Auch wenn ich selbst nicht im Bereich machine learning arbeite, so habe ich doch regelmäßige Berührungspunkte damit, einfach weil machine learing in meinem Bereich (Bildgebung des Gehirns) seit einige Jahren einen großen Boom erlebt. Das Algorithmen neue Daten fehlklassifizieren können, ist erst einmal keine Überraschung. Die vorhandenen Datensätze sind begrenzt, die Rechenzeit ist begrenzt und erst Recht die zur Verfügung stehenden Ressource, sowohl in der Forschung als auch in Firmen. Oftmals ist es unmöglich die komplette Diversität, speziell bei Menschen, in die Modelle einzuarbeiten, weil z.B. dadurch elementare Erfordernisse von Selektivität und Spezifität nicht mehr gegeben wären. Oder weil das System schlicht und einfach nicht funktionieren würde, exponentiell mehr Ressourcen benötigen würde und damit völlig ineffizient wäre. Oder dass vielleicht die Algorithmen recht haben, aber manche Menschen dies einfach nicht sehen wollen, weil es nicht in ihr Weltbild passt. Das sind nur nur einige wenige Gründe die mir spontan einfallen, mit ein wenig mehr Zeit kämen da sicher noch weitere zusammen.

Der Narrativ des Artikels ist meiner Meinung nach jedoch recht eindeutig. Es ist nicht Komplexität der Methodik, die Schwierigkeit guten Code zu schreiben, der dann auch noch in jeder Hinsicht funktioniert. Nein, es ist alles ganz simpel: Es sind die weißen Männer, die schuld sind.

Worauf ich hinaus will: Besagte Kollegin arbeitet in diesem Bereich, sie ist weitaus qualifizierter als ich, die Schwachpunkte der Argumentation aufzudecken. Anstatt dies jedoch zu tun, folgt sie scheinbar dem Narrativ des Artikels, indem sie ihn unkommentiert verlinkt. Ich kann mir das nur so erklären, dass die ständige Wiederholung bestimmter Informationsmuster das kritische Denken kurzfristig ausschaltet.

Was mich noch mehr wundert: in unserem Bereich gibt es meist gar nicht genügend Daten, um wirklich wählerisch sein zu können. Und wenn man MRT, CT oder PET Datensätze des Gehirns hat, weiß man eigentlich nie, welche Hautfarbe oder Geschlecht die Person hat. Es sei denn, man würde da genau nachschauen, aber ich bezweifle wirklich sehr, dass dies jemand tun würde. Wie bereits geschrieben, viele der Themen mit denen sich Genderama beschäftigt, haben keine direkten Berührungspunkte mit meiner Arbeit (wohl aber mit meinem täglichen Leben), weshalb ich, wie viele andere Leser möglicherweise auch, bisher keinen guten Grund hatte mich aktiv zu Wort zu melden. Ich hatte wohl immer die naive Hoffnung, dass die harte Naturwissenschaft vielleicht von diesen Problemen nur gestreift würde.

Vielleicht trifft die Problematik auch Ihr Interesse.

Ansonsten einfach noch mal ein Danke und herzliche Grüße aus London!

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