Freitag, April 08, 2016

Vermischtes vom 8. April 2016

1. Der Gymnasiallehrer und Blogger Lucas Schoppe setzt seinen Briefwechsel mit der inzwischen hoch umstrittenen Hilfsorganisation PLAN fort, der – nicht nur von Lucas Schoppe – Sexismus gegenüber Jungen vorgeworfen wird. PLAN reagierte auf Schoppes Anfrage mit einem Verweis auf Infomaterial aus dem eigenen Haus, womit die Organisation aber nur noch mehr von ihrer sexistischen Perspektive offenbart. Ein Auszug aus Schoppes Analyse:

Die Texte, die PLAN verlinkt, machen deutlich: Dass Jungen ausgelassen werden, wenn die Organisation mit großem Werbeaufwand Gewalt gegen Mädchen verurteilt, ist nicht einfach unglücklich formuliert, es ist auch kein Resultat einer unbedachten oder zynischen Spekulation darauf, dass Mädchen werbetechnisch möglicherweise anziehender sind als Jungen – es ist Programm.

(...) Wenn das Handbuch über 293 Seiten lang Übungen für die Arbeit mit Jungen vorstellt, dann geht es in diesen Übungen niemals einfach um die Jungen, sondern immer darum, sie zu "Champions of Change" zu erziehen, zu Verkündern und Vertretern einer neuen Geschlechterordnung.

(...) So wie das Programm für die Jungenarbeit vor allem unterstützender Teil eines globalen Programms für die Mädchenarbeit ist, sollen auch die Jungen sich vor allem als Unterstützer von Frauen und Mädchen verstehen.

Legitimiert wird dies durch deutlich abwertende Männlichkeitsbilder – die Jungen sollten verstehen, dass sie vom "Meins" zum "Unseren" gelangen müssten (...), sollten Arroganz und Aggression nicht mit Selbstachtung verwechseln (...), und sie sollten fragen: "What is needed to empower women and girls?"

(...) Hilft es aber Jungen, die als Kindersoldaten ausgebeutet und ausgeschlachtet werden, tatsächlich, wenn sie lernen, ihre Geschlechterrollen zu reflektieren und verstehen, dass alles, was sie taten, im Dienste der Kontrolle von Frauen durch Männer stand? Hilft es den Wanderarbeitern, die sich in Katar im Wortsinne totschuften und von dort aus Geld an ihre Familien in Bangladesh, Indien oder Nepal schicken, wenn sie darüber reflektieren können, dass sie sich eigentlich mit ihrer Frau die Hausarbeit teilen sollten und dass sie häufiger mit ihren Kindern spielen müssten? Hilft es den Jungen, die in der Kinderarbeit ausgebeutet werden, wenn sie lernen, es sei ein Instrument der Dominanz von Männern über Frauen, keine Gefühle zuzulassen?

Der Plan von PLAN International legt die Folie westlicher Gender-Diskussionen über die brutalen sozialen und ökonomischen Bedingungen anderer Länder – und erweckt so den Eindruck, der Schlüssel für die Lösung dieser Probleme läge in der Reflexion hegemonialer Männlichkeit. Dass Jungen dabei Empathie vorenthalten wird, dass Gewalt gegen Jungen gleichsam demonstrativ nicht verurteilt wird, hat einen einfachen Grund: Ganz gleich, was immer ihnen auch getan wird, Jungen sind hier eigentlich niemals ganz Opfer, sondern als männliche Kinder immer auch Träger und Profiteure eines Gewaltsystems.

Was immer ihnen getan wird, sie sind immer irgendwie auch selber schuld. Die größte Hilfe für sie ist es, ihnen zu helfen, das auch einzusehen.


In der Kommentarspalte unter Schoppes Beitrag merkt Ludger Pütz ("Max Kuckucksvater") an:

Aus diesem Artikel wurde auf Twitter der Hashtag #EveryChildMatters generiert. Lasst uns auch dort auf den Mißstand bei @PlanGermany & @PlanGlobal aufmerksam machen. Vielleicht greifen es auch andere dann auf. Wäre toll, wenn diese Analyse noch mehr Leute erreicht, möglicherweise auch Entscheidungsträger von PLAN & Spender, die dann ihre Spenden an Hilfsorganisationen spenden, für die #EveryChildMatters.




2. Das von Frauenministerin Manuela Schwesig angestoßene Gesetz zur Lohngleichheit bekommt Gegenwind – von Unternehmerinnen. Selbst ehemalige Verbündete bei der Einführung der Frauenquote winken ab.



3. Als genauso wenig durchdacht wie das von Schwesig geplante Gesetz erweist sich der Versuch, der deutschen Sprache eine feministische Grammatik überzustülpen. Sieglinde Geisel erklärt dies in dem Beitrag Liebe/r Leser*in der Neuen Zürcher Zeitung. Ein Auszug:

Schon die harmlos aussehende Grussformel Liebe Kolleg*innen ist eine Mogelpackung: Beim Singular Liebe*r Kolleg*in fehlt dem lieben Kollegen am Wortende bereits ein e. Abenteuerlich wird es bei Wörtern mit Umlaut: Jede*r Ko*ch*in – das sind Eskapaden aus dem Reich der experimentellen Poesie. (...) Auch sanftere Methoden, die auf Eingriffe in die Wörter verzichten, bieten keine attraktiven Lösungen. Wer bei jeder Gelegenheit brav "Autorinnen und Autoren, Leserinnen und Leser" aufsagt, bekommt nicht nur einen trockenen Mund, sondern geht damit auch seinen Zuhörerinnen und Zuhörern auf die Nerven. Nicht einmal das scheinbar neutrale Partizip Präsens bietet Zuflucht: Das an Universitäten gängige "Liebe Studierende" klappt nur im Plural, beim Singular findet man sich schon mit dem ersten Relativsatz in Teufels Küche wieder: "Der oder die Studierende, der oder die sich bei dem oder der Lehrenden melden möchte, wird gebeten..."


In einer der letzten Ausgaben der Deutschen Sprachwelt setzte sich diese Zeitung mit dem Wehklagen der feministischen Sprachwissenschaftlerin Luise Pusch auseinander, der das Wort "Flüchtling" zu männlich war. Eine "Flüchtlingin" gibt es nämlich nicht. (Gerade als wir schon alle dachten, bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise gebe es keine gravierenden Probleme mehr ...) Hierzu führt die Deutsche Sprachwelt aus, dass Puschs Verbesserungsvorschläge dazu führen würden, dass aus "Flüchtlingshelfern" zukünftig "Fliehendenhelfende" oder "Geflohenenhelfende" werden. Akademiker aus dem Unfeld der feministischen Sprachwissenschaft sehen wohl keine große Hürde, solche Wörter zu benutzen. Der weniger ideologisierte Rest der Bevölkerung vermutlich schon.



4. An der University of Southern California wurde ein Student für zwei Jahre wegen "Vergewaltigung" zwangsbeurlaubt, weil er bei einer Orgie zwei andere Männer nicht davon abgehalten habe, auf den Hintern einer Studentin zu schlagen.

In other words, the panel found that Doe had a responsibility to prevent Jane from engaging in rough sex with two other men, even though she had voiced no objections at the time.


Typisch für unsere Rape Culture: Ein kalifornisches Gericht urteilte, dass diesem Studenten von seiner Uni ein fairer Prozess verweigert worden sei. Ihm war unter anderem nicht erlaubt worden, sich gegen die vorgebrachten Anschuldigungen zu verteidigen. Die Zwangsbeurlaubung des Studenten wurde von zwei Jahren auf eines reduziert.

Prozessbeobachter warnen allerdings davor, in diesem einzelnen Urteil einen generellen Trend zu sehen. Im Großen und Ganzen machen amerikanische Universitäten in diesem Bereich offenbar noch, was sie wollen.



5. Die Maskulistische Internationale erstreckt sich inzwischen bis in die arabische Welt: Marokkanische Männerrechtler benennen sexuelle Belästigung durch weibliche Vorgesetzte als ein ernst zu nehmendes Problem. Und wie bei uns springt sofort eine "Soziologin" aus der Kiste, um dieses Problem zu trivialisieren.



6. Off-topic: Die SPD liegt bundesweit inzwischen nur noch sieben Prozent vor der AfD. Machen die Sozialdemokraten etwa irgendwas falsch?

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