Samstag, April 04, 2015

DER SPIEGEL berichtet über Häufigkeit der Falschbeschuldigungen bei sexueller Gewalt

Der aktuelle SPIEGEL beschäftigt sich in einem Artikel Melanie Amanns, der nur im Anriss online steht, mit der von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) geplanten Reformierung des Paragrafen 177 Strafgesetzbuch. Diese Reformierung wurde von Katja Grieger, Geschäftsführerin des Bundesverbands Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff), angestoßen und hat unter anderem zum Ziel, dass Geschlechtsverkehr auch dann als Vergewaltigung gelten soll, wenn es dabei zu keinen Gewalthandlungen kommt. Dabei, so Amann, sei die Fachwelt tief gespalten: Während der Deutsche Richterbund, der Deutsche Anwaltverein und viele Professoren diese Reform für unnötig halten ("Frauen in Deutschland seien umfassend geschützt"), werde diese Einschätzung vom Deutschen Juristinnenbund und mehreren Frauenrechtsverbänden nicht geteilt.

Mit dem konkreten Fall einer Falschbeschuldigung als Aufhänger, bei dem das Gericht dem vermeintlichen Opfer geglaubt und den vermeintlichen Täter zu mehr als sieben Jahren Gefängnis verurteilt hatte (die Richter fanden die Aussage der Frau so "detailreich und konstant", dass sie sicher waren, sie habe "diese Taten wirklich erlebt"), kommt Melanie Amann auf die Häufigkeit solcher Verleumdungen zu sprechen:

Wie viele Falschbeschuldigungen es gibt, wie viele verurteilte Vergewaltiger in Wirklichkeit selbst Opfer sind, ist unbekannt. Der Kriminologe Christian Pfeiffer schätzt den Anteil erfundener Vergewaltigungen auf bundesweit zehn Prozent, regionale Studien kommen teils auf deutlich höhere Werte – allerdings bei oft sehr viel kleineren Fallzahlen. Dirk Bosse glaubt nach 37 Jahren bei der Kriminalpolizei Braunschweig nur seiner privaten Statistik. Mindestens 20 Prozent falsche Vergewaltigungsanzeigen gebe es jedes Jahr, schätzt der Fachkommissariatsleiter für Sexualdelikte. In schlechten Jahren seien es bis zu 30 Prozent. "Ich weiß, keine Frau erfindet spontan und böswillig eine Vergewaltigung", sagt Bosse. Viele Zeuginnen seien aufgelöst und fühlten sich wirklich als Opfer. Aber dann widersprächen sie sich, verhedderten sich in ihren Schilderungen.

"Zum Glück ist es sehr schwierig, einen Tatablauf konsequent und schlüssig zu erfinden", sagt Bosse. Unter dem geltenden Paragrafen sucht der Kripo-Beamte bei seinen Ermittlungen nach objektiven Hinweisen: Spuren von Gewalt, Anzeichen für eine Drohung, Schutzlosigkeit eines Opfers. Künftig könnte es vermehrt Bosses Aufgabe sein, die Gefühle und den Willen der Opfer zu ergründen. Gerade deshalb macht ihm die Reform Sorgen. "Ich bin doch keine Gedankenpolizei", knurrt er. Die vermeintlichen Täter und Opfer müssten im Ermittlungsverfahren gleiche Chancen haben. "Der Staat darf nicht einer Seite ermöglichen, nur durch behauptete Gefühle die Übermacht zu erlangen."


Amann führt weiter aus, dass auch Justizminister Mass eine Reform des Strafrechts zunächst für verzichtbar hielt.

Doch dann durfte der Justizminister erleben, dass auch das Sexualstrafrecht ein Einsatzgebiet für professionelle Lobbyisten ist. So wie Stromkonzerne im Wirtschaftsministerium vorbeischauen und Pharmafirmen um den Gesundheitsminister herumstreichen, wurde auch Minister Maas bearbeitet. Das Deutsche Institut für Menschenrechte lieferte Expertisen für die Reform des Paragrafen 177, der Deutsche Juristinnenbund legte ein Konzept vor, Terre des Femmes startete eine Onlinepetition und überreichte Maas’ Staatssekretär 30.000 Unterschriften für stärkeren Schutz der sexuellen Selbstbestimmung.


Gegen Endes ihres Artikels gibt Amann Kritikern einer Neufassung des Paragraphen 177 wie etwa der Staatsanwältin Anke Benrath Raum, die befürchtet, wenn Ermittlungsbehörden eine gewaltfreie Vergewaltigung nachweisen müssten, würde das zu um so intensiveren und unagenehmeren Befragungen der vorgeblichen Opfer, also von Frauen, führen. (Männer als Opfer von Vergewaltigungen kommen in dem SPIEGEL-Artikel wie selbstverständlich ohnehin nicht vor.) Diese Frauen sowie die Ermittlungsbeamten müssten dann "die Träume der Reformer ausbaden, in denen das Strafrecht eine Welt gewaltfreier Sexualbeziehungen schafft".

Ich selbst habe mich in einem ausführlichen Artikel mit der internationalen Forschungslage zur Häufigkeit von Falschbeschuldigungen beschäftigt. Selbstverständlich wurde auch ich von der feministischen Lobby sofort unter Beschuss genommen – hier durch Attacken der Radikalfeministin Ilse Lenz und ihres Zöglings Hinrich Rosenbrock, woraufhin Lenzens Argumentation von wissenschaftlicher Seite mit Leichtigkeit zerpflückt wurde. Die offenbar beabsichtigte Ad-personam-Attacke war dennoch gelungen: Der Unsinn von Lenz und Rosenbrock landete selbstverständlich in dem Eintrag der inzwischen von Radikalfeministinnen dominierten Wikipedia über mich, die wissenschaftliche Widerlegung von Ilse Lenz' Polemik ebenso selbstverständlich nicht. Es bleibt zu hoffen, dass vielleicht gerade durch die umstrittene Reformierung des Paragrafen 177 eine sachlichere Debatte über die Häufigkeit von Falschbeschuldigungen Fahrt aufnimmt.

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