Freitag, August 29, 2014

Lucas Schoppe: "Wozu ist noch mal diese linke Männerpolitik gut?"

Wie kann man politisch links stehen und sich trotzdem gegen die Diskriminierung von Männern und für deren Unterstützung in sozialen Notlagen oder bei Fragen der Menschenrechte engagieren? Ich persönlich finde ja, die Antwort liegt auf der Hand, aber Lucas Schoppe erklärt es gerne noch einmal näher – auch anhand seines eigenen Lebenslaufs.

Sowohl Lucas Schoppe als auch mir selbst ist natürlich nur allzu bewusst, dass die derzeitig von vermeintlich "Linken" betriebene Politik den eigentlich linken Ansprüchen, Werten und Idealen längst nicht mehr gerecht wird, sobald Männerpolitik im Vordergrund steht. Aber um diesen Etikettenschwindel mit dem Begriff "links" geht es ja gerade, erläutert Schoppe anhand einer aktuellen Kontroverse. Vor deren Hintergrund gelangt er zu dem folgenden Fazit:

Wenn [Sarah] Schaschek sich mit [Akif] Pirinçci auseinandersetzt, treffen zwei Hetzer aufeinander, die beide einander brauchen. Schaschek braucht Pirinçcis Maßlosigkeiten, um ihre Studien gegenüber sachlicher Kritik zu immunisieren. Pirinçci braucht Maßlosigkeiten wie die von Tuiders Pädagogik, um sein verbales Wüten zu begründen – denn ohne dieses Feindbild sähe er einfach nur so lächerlich aus, wie er tatsächlich ist.

Hier leben zwei Seiten gut mit den Feindbildern, die sie voneinander malen. Falsch aber ist, diesen Konflikt als Rechts-Links-Konflikt zu beschreiben. Wenn rechte Politik eine Politik der Privilegiensicherung ist, dann führen hier einfach zwei unterschiedliche rechte Gruppen einen Schaukampf gegeneinander.

Wesentlicher Zweck dieses Kampfes ist es nicht, ihn zu gewinnen – sondern den Gedanken zu zerstreuen, das es noch Alternativen zu den komplementär aufeinander bezogenen Positionen Schascheks und Pirinçcis geben könnte.

Als ob jemand, der Durst hat, keine andere Wahl als die zwischen Pepsi und Coke hätte.

Diese eingespielten Fronten lassen sich durch rechte Positionen nicht aufbrechen. Wer darauf besteht, dass Männerpolitik "rechts" sein müsse oder linke Männerpolitik für absurd erklärt, bestätigt bloß die Schlachtordnung, in der sich hier alle Seiten gut eingerichtet haben.

Eine linke Männerpolitik hingegen kombiniert etwas, was in dieser Schlachtordnung nicht zusammengehört. Nach Charles Sanders Peirce birgt eben das die Chance, Neues zu schaffen – Dinge zusammenzubringen, von denen man sich zuvor nicht hätte einfallen lassen, dass sie zusammengehören könnten.

Im Unterlaufen der privilegiensichernden eingeübten Schlachtordnungen hat eben gerade eine linke Männerpolitik das Potenzial, solche Verbindungen herzustellen und so Bewegung in einer betonierten Situation zu ermöglichen. Leszeks Begriff vom "integralen Antisexismus", den auch Arne Hoffmann verwendet, ist vielleicht ein Beispiel für eine solche verbindende Kraft.

Eine linke Männerpolitik hat also den großen Nachteil, dass sie gleichsam ins Leere hinein entworfen wird – ihr fehlen die politischen Bündnispartner. Sie hat aber den unverzichtbaren Vorteil, dass sie in einer festgefahrenen Debatte das Potenzial hat, Neues zu entwerfen und vielleicht Chancen zu erarbeiten, die man zunächst nicht für möglich gehalten, an die man nicht einmal gedacht hätte.


Und das ist exakt der Grund, warum wir in diese Richtung gehen. Als akademisch ausgebildeter Autor und "Vordenker der Männerrechtsbewegung" (so sehen mich ja sowohl meine Unterstützer als auch meine Kritiker und Gegner) betrachte ich es – anders als Andreas Kemper, Thomas Gesterkamp, Hinrich Rosenbrock und Robert Claus – nicht als meine vordringlichste Aufgabe, in einem der althergebrachten Lager brav in Reih und Glied zu marschieren und es darüber hinaus mit Munition zu versorgen. Sondern vielmehr darin, frühzeitig neue Wege in noch nicht kartographiertem Gelände zu erkennen, aufzuzeigen, wie man sie beschreiten könnte und inwiefern sie in eine Zukunft führen, die wesentlich mehr Menschen gerechter wird als die gewohnten Verhältnisse. Wo viele andere nur Bedrohungen sehen, sehen wir linken Männerrechtler Chancen. Nur dieser Wandel ist wirklich progressiv und innovativ – also das, was viele heute noch gerne als "links" bezeichnen.

Der Nachteil der Sache ist natürlich, dass man als ein solcher Pionier erst mal weniger Verbündete hat als jemand, der sich in eines der bereits bestehenden Lager einfügt - was einem Vertreter dieser Lager auch viertelstündlich unter die Nase reiben. Das ist aber wohl der Preis, den man für neues Denken zahlen muss. Einfach hatte es die Avantgarde noch nie.

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