Sonntag, August 31, 2014

Ist Feministinnen sexuelle Gewalt an Mädchen egal, wenn die Täter die richtige Hautfarbe haben?

Jochen Buchsteiner berichtet aus London für die Frankfurter Allgemeine:

Rotherham, eine mittelgroße Stadt im Norden Englands, erlangt traurige Berühmtheit als Hochburg des organisierten Kindesmissbrauchs. Laut eines Untersuchungsberichts wurden dort in den vergangenen 16 Jahren mindestens 1400 Minderjährige sexuell missbraucht. Obwohl Stadträte, Kommunalbeamte und Polizisten mehrfach darüber informiert wurden, dass örtliche Banden Mädchen systematisch schlagen, vergewaltigen und als Handelsware versklaven, blieben sie tatenlos. Ein Grund dafür, heißt es in dem Bericht, sei die Sorge gewesen, als rassistisch angesehen zu werden.

(...) Rotherham erlangte erstmals überregionale Aufmerksamkeit, als vor vier Jahren fünf Männer mit pakistanischen Wurzeln zu hohen Haftstrafen verurteilt wurden. (...) Berichte über die Zustände in Rotherham seien von den Behörden "unterdrückt oder ignoriert" worden, heißt es in dem Jay-Report. Einem Gutachter, der im Auftrag des Innenministeriums Informationen zusammentrug, sei im Jahr 2002 von ranghohen Polizeibeamten bedeutet worden, seine Vorwürfe nicht zu wiederholen. Örtliche Sozialarbeiter, die die Lage der Opfer an die Polizei und das Jugendamt gemeldet hatten, seien von Vorgesetzten zurechtgewiesen und beruflich herabgestuft worden. Auch auf unmittelbare Ansprache reagierten die Behörden offenbar taub. Opfer, die sich bei der Polizei meldeten, seien "mit Verachtung" behandelt worden, heißt es in dem Bericht. Die Eltern betroffener Mädchen seien von der Polizei abgewiesen oder sogar eingesperrt worden.

Die Autoren des Berichts halten für alle Fälle fest, "dass die Mehrheit der Kinderschänder in Großbritannien weiße Männer sind", bevor sie darauf zu sprechen kommen, dass die Täter in Rotherham mehrheitlich pakistanischer Herkunft sind, während ihre Opfer überwiegend weiße Mädchen sind. "Einige Stadtangestellte beschrieben ihre Nervosität, die ethnischen Wurzeln der Täter zu identifizieren, weil sie befürchteten, für rassistisch gehalten zu werden", hält der Bericht fest. "Andere erinnerten sich an klare Weisungen, so zu handeln."


Die Befürchtung, dass radikal Rechte und Rassisten diese Greueltaten verwenden, um gegen Zuwanderer und Muslime insgesamt zu hetzen, als ob sie allesamt Sexualverbrecher wären, ist im gegenwärtigen politischen Klima zwar nachvollziehbar – genau das geschieht ja auch aktuell, nachdem diese Vorfälle bekannt geworden sind. Bei massenhaftem schwerem Missbrauch untätig zu bleiben bzw. ihn zu vertuschen ist als Reaktion auf dieses Dilemma aber selbstverständlich komplett inakzeptabel (zumal dies, nebenbei bemerkt, auch den Verschwörungstheoretikern in der Rechten neue Munition gibt.)

Dem unbenommen wirft das, worüber der FAZ-Artikel berichtet, so einige Fragen auf. Zum Beispiel: Wie kommt es eigentlich, dass "weiße Männer" einerseits beständig als die Herren der Welt phantasiert werden, während es andererseits kein Problem ist, den von weißen Männern begangenen Missbrauch zu betonen, den von Männern mit anderer Hautfarbe begangenem Missbrauch zu bekämpfen aber sehr wohl ein Problem darstellt? Die im Feminismus und den Genderstudien angelegten Modelle für Diskriminierung erweisen sich für das Jahr 2014 einmal mehr als viel zu vereinfachend, unterkomplex und nicht ausreichend differenziert.

Ebenso interessant ist die Frage, wie Feministinnen, die sonst auch bei den unpassendsten Gelegenheiten von "Rape Culture" sprechen, bislang mit dem Missbrauch in Rotherham umgegangen sind - nämlich durch Totschweigen. Damit beschäftigt sich Ian Tuttle in der konservativen New Yorker Zeitschrift "National Review":

Presumably the advent of a nail polish capable of detecting date-rape drugs in one’s cocktail would mark a high-water point in the empowerment of women against predatory men. Not so fast: The feminist backlash against the product has been vehement. According to ThinkProgress, such an innovation "actually reinforces a pervasive rape culture in our society."

Feminists of the vocal, bathe-in-male-tears sort find proof of "rape culture" all about: in newspaper satire, in ’80s movies, in the verb "to force ." So one would think news that between 1997 and 2013 at least 1,400 children in Rotherham, England, were victims of sexual exploitation would confirm the feminist narrative and ignite their righteous fury.

Not so fast.

Released Tuesday, August 26, the "Independent Inquiry into Child Sexual Exploitation in Rotherham," commissioned by Rotherham’s Metropolitan Borough Council, details sexual abuse, including sex trafficking and gang rape, perpetrated over nearly two decades by older men against children in Rotherham. News outlets have released horrifying supplementary details. The U.K. Mirror, for instance, reports that "Emma," a Rotherham-area girl, was raped once a week beginning when she was 13 years old. When she provided to police the names of 250 men she claimed had raped her, police ignored her. Hundreds, if not thousands, of girls in Rotherham and throughout England probably experienced the same.

In Rotherham there is a real-life “rape culture.” But you will not learn anything new about it from Salon, the Daily Beast, Jezebel, or Slate. It has gone unmentioned at Feministing, Bitch Media, or the Feminist Majority Foundation. There have been no outraged op-eds from Jenny Kutner, Jessica Valenti, or Samantha Leigh Allen.

These are, apparently, not the rapes they are looking for.

It is hard not to interpret the feminist blogosphere’s silence on Rotherham as an indication of the movement’s ultimate lack of seriousness. Perhaps they are not interested in confronting the ethnic and religious homogeneity of many of the perpetrators: Emma and the majority of the 1,400 victims were abused by “Asian” men — i.e., Muslim men typically from Rotherham’s Pakistani community. Local government leaders, social services, and law enforcement — for fear of being labeled racist — ignored numerous reports they received.

Or perhaps the rapes of young girls overseas are of no particular interest. The victims were, after all, often in and out of government housing, truant or absent from school, and sometimes around domestic violence. Many had gone serially missing. They are not the upper-class types likely to fall victim to sexist fraternity pranks. They are not prospective Salon readers.

Or perhaps rape culture is just much more palatable a subject when it does not involve, you know, actual rape.

(...) Is it possible, then, that after years of tying "rape" to Disney films and fantasy video games, these feminists are at a loss for words when confronted with the real thing? And we’re talking about not just one rape but thousands of them, committed against girls as young as eleven, over a period of many years, with the full knowledge of many social workers and other complicit authorities. When a glut of horrifying crimes against women is revealed, feminist talking heads do not have the moral seriousness required to confront it.

In the end, it’s just a whole lot easier to talk about nail polish.

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