Freitag, Juli 04, 2014

Journalist geschockt über "Gender-Apokalypse": Alice Schwarzer zählt nicht mehr zu Deutschlands 50 "besten Frauen"

Fast hätte ich mir gestern Abend die ZDF-Sendung über Deutschlands "beste Frauen" angeschaut, nur um zu sehen, wie weit Alice Schwarzer inzwischen abgestürzt ist. Früher gehörte sie in dieser und anderen Hitparaden aufgrund geschickter PR und massiver medialer Unterstützung zu den Führenden. Erfreulicherweise bleibt einem eine Show mit Johannes B. Kerner aber erspart, weil man sich darauf verlassen kann, dass unsere Presse sowieso ganz aufgebracht über Schwarzers Abstieg berichten wird: Das ZDF hatte Schwarzer zwar in seiner Vorselektion zur Wahl gestellt, das Publikum aber hatte der Radikalfeministin die kalte Schulter gezeigt – auf einer Rangliste, auf die es sogar Claudia Roth geschafft hatte.

Die Osnabrücker Zeitung versucht nun aus dieser Entscheidung allen Ernstes einen Skandal für das ZDF zu drehen. Dort ist ein junger Mann namens Daniel Benedict angefressen ohne Ende darüber, dass das restliche Publikum Alice Schwarzer nicht einmal annähernd so sehr verehrt wie er selbst, sieht das "ZDF blamiert" und polemisiert gegen den "Alte-Säcke-Tonfall" der Sendung:

"Deutschlands Beste!" im ZDF: Nach Johannes B. Kerners kuriosem Ranking der bedeutendsten Männer folgte mit der Frauen-Show die Gender-Apokalypse. Alice Schwarzer ist nicht in den Top 50 – der Lilalaune-Moderator merkt es nicht mal.

Alice Schwarzer polarisiert, sie hat zuletzt auch Autorität verspielt. Dass sie zu den prägendsten Frauen Deutschlands zählt, ist trotzdem völlig unbestreitbar. In den angeblich repräsentativen Umfragen, auf denen die ZDF-Show "Deutschlands Beste! Frauen" basiert, hat sie es aber nicht einmal in die Top 50 geschafft. Dort tummeln sich stattdessen die Komikerinnen Annette Frier und Martina Hill, einige Dutzend Olympiasiegerinnen und vollzählig die öffentlich-rechtlichen Nachrichtenfrauen.

Dem ZDF zufolge finden die Deutschen Helene Fischer (Platz 5) und Andrea Berg also bedeutender als das Gesicht der Frauenbewegung. Das ist so unglaublich, dass Kerner den ganzen Abend lang sein Umfrageverfahren hätte rechtfertigen müssen. Leider hat er die Lücke gar nicht bemerkt. Der Totalausfall passt allerdings gut in eine Show, in der Alice Schwarzer auch inhaltlich nichts verloren gehabt hätte.


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Man muss sich die Seelenqual dieses jungen Mannes einmal vor Augen führen: So ungefähr hätte sich vermutlich ein Journalist des "Neuen Deutschland" geführt, wenn eine TV-Sendung kurz nach dem Ende der DDR über die beliebtesten Politiker des Landes abgestimmt hätte – und es wäre kein einziger Kopf der SED dabei gewesen. Ja sind die Leute denn noch zu retten?! Da baut man jahrzehntelang eine Ideologie auf, mit Führerkult und allem drum und dran, und bei der erstbesten Gelegenheit drehen sie einem den Rücken zu? Wer hat solche Abstimmungen überhaupt erlaubt? Und warum wird diese Ansicht der Bevölkerung nicht angemessen betrauert? Die Leute sind doch für solche Spitzenrankings vorgesehen, da kann das blöde Volk doch nicht einfach anders entscheiden!

Alice Schwarzers Jubelperser haben in dieser von erschreckendem Antifeminismus geprägten Zeit noch einige düstere Tage vor sich – wenn sie nicht schnell jemand Neues finden, dem sie huldigen können. Vielleicht fangen sie aber auch einfach noch mal von vorne an, uns allen zu erklären, warum Alice Schwarzer ganz, ganz toll und für uns alle ganz furchtbar wichtig ist.

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