Donnerstag, April 10, 2014

Akif Pirincci, Anders Breivik und Gerhard Amendt: Wie man alles zu einer einzigen Soße rührt

Inwiefern Akif Pirinccis neuestes Buch als brauchbare Analyse eher nichts hergibt, wurde innerhalb der maskulistischen Bloggerszene bereits von Gay West analysiert. "Zahlen und Fakten scheren ihn nicht", befindet zutreffend auch das Hamburger Abendblatt über Pirincci, "es geht um die pointiert formulierte Parole, mit der zum Pläsier des Publikums dem ach so meinungsmonopolistischen Establishment ans Bein gepinkelt wird".

Warum man jemanden, der wie Pirincci auftritt, lieber nicht auf seiner Seite haben möchte, brachte einer der Kommentatoren Stefan Niggemeiers auf den Punkt:

Wenn ich versuche, mit jemandem zu diskutieren und dabei steht neben mir jemand, der nach jedem meiner Argumente einmal brüllt: "Genau! Und außerdem seid ihr alle Arschgeigen!" delegitimiert das auch meine Position.


Allerdings muss man auch Lion Edler Recht geben, wenn er schreibt:

Denn wie unter anderem die Fälle Hohmann und Herman zeigen, schützt ein gepflegterer Tonfall mitnichten vor dem rotgrünen Terror. Notfalls wird der Andersdenkende mit Zitatfälschungen den medialen Scharfrichtern vorgeführt. Außerdem nimmt sich Pirinçci nur das Recht heraus, das die andere Seite sich täglich herausnimmt.


Dem kann ich nicht widersprechen: Ich habe die von Edler genannten Fälle nicht nur aus medienethischer Sicht gründlich analysiert, ich bin von Möchtegern-Gesinnungswächtern auch selbst schon in einen Zusammenhang mit dem rechtsradikalen Massenmörder Anders Breivik gebracht worden. Insofern holen sich viele Leute bei Pirincci auch das ab, worauf sie lange hingearbeitet haben. Ich möchte nicht wissen, wie viele Menschen Pirincci vor allem kaufen, um bestimmten Leuten einen möglichst großen Stinkefinger zu zeigen.

Apropos Breivik – es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch er in der Pirincci-Debatte aufkreuzte. Es scheint fast so, als würde Pirinccis völliges Überreißen und Pauschalisieren sowie sein kompletter Mangel an Differenziertheit bei seinen Kritikern zur spiegelbildlichen Reaktion führen. So schreibt heute Christian Schröder in dem "Tagesspiegel"-Artikel "Der Pöbler und die Neue Rechte":

Pirinçci (...) mixt ein Gebräu, das Abertausende gerne zu sich nehmen. Gemeinsamer Nenner der an Anders Breiviks "Manifest" zum Massaker erinnernden Tirade ist "schlussendlich ein vor allem von den Grünen im Laufe von dreißig Jahren installiertes Gutmenschentum, dessen Fundament aus nichts als Lügen besteht." (...) Anders als Breivik, der das Ausagieren von Ressentiment, Hass und Paranoia mörderisch zelebrierte, belässt es dieser Tobende offenbar beim Wort; man muss hoffen, dass auch seine Rezipienten so viel Zurückhaltung aufbringen.

(...) Die geharnischte Kulturkritik entstammt drei aktuellen Neuerscheinungen aus der "Edition Sonderwege", in der auch Akif Pirinçcis Bestseller "Deutschland von Sinnen" herausgekommen ist. (...) Unter den Sonderwege-Autoren haben auffallend viele das politische Lager gewechselt. Der Kabarettist, Alt-Hippie und Liedermacher Bernhard Lassahn, der nun gegen die Homosexuellen-Ehe und den "Krieg gegen den Mann" agitiert, hat früher für den Diogenes-Verlag humoristische Unterhaltungsromane aus dem WG-Milieu der achtziger Jahre geschrieben. (...) Und der emeritierte Soziologieprofessor Gerhard Amendt gehörte zu den Gründern des ersten Bremer Frauenhauses und polemisiert jetzt gegen "Frauenquoten – Quotenfrauen".


Alle Achtung: In einem einzigen Artikel den großen Bogen von Anders Breivik bis zu Bernhard Lassahn und Professor Gerhard Amendt zu schlagen und für politisch nicht genehme Ansichten nur Wörter wie "agitiert" und "polemisiert" übrig zu haben – das wäre direkt eine Pirincci-Medaille wert. Sollen sich die Christian Schröders und die Akif Pirinccis dieser Welt ruhig noch eine Weile anbrüllen; ich habe besseres mit meiner Zeit zu tun.

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