Freitag, Juli 12, 2013

Ausgewogenheit, Sachkenntnis, journalistische Sorgfalt: Gegenbeispiel NDR

Die Mehrheit der Deutschen hält die Medien für korrupt. So lautete vor wenigen Tagen das Ergebnis einer Untersuchung von Transparency International. So richtig überrascht hat das vermutlich nicht einmal viele Journalisten selbst. Woher dieses schlechte Image stammt, veranschaulicht aktuell ein namentlich sinnvollerweise erst gar nicht gekennzeichneter Beitrag des NDR. Er beginnt so:

User-Kritik? Ja, bitte! Das gehört zum Journalismus im digitalen Zeitalter. Diskussion? Sehr gut, wenn Menschen über die Kommentar-Funktion miteinander ins Gespräch kommen. Der Artikel über eine Feminismus-Kampagne aus Hannover hat zum Großteil aber etwas anderes zum Vorschein gebracht: Anfeindungen, Anschuldigungen, Wut. Einige Äußerungen waren so aggressiv und hasserfüllt, dass NDR.de sie nicht freigeschaltet hat. Bemerkenswert darüber hinaus: Fast ausschließlich Männer meldeten sich zu Wort.


Die angeblich so "hasserfüllten" Kommentare ("Wir brauchen keinen Feminismus, wir brauchen Humanismus!") findet man hier. Und dass sie "fast ausschließlich" von Männern stammen, merkt man offenbar an so eindeutig männlichen Nutzernnamen wie "Mensch", "Gast", "tertil", "Fel", "WeLo 44", "ReVolte", "KaRa", "Frl. Czernatzke" und "Sabine" ... Aber erst noch mal weiter im Text:

Was bedeutet das? Fühlt sich die Mehrheit der Männer vom Feminismus bedroht und in ihren Rechten eingeschränkt? "Nein", sagt der Soziologe Hinrich Rosenbrock von der Universität Marburg (Hessen).


Hier geht es weiter – wobei sich die Lektüre kaum lohnt, denn Hinrich Rosenbrock, der für den NDR aus unerfindlichen Gründen für die "Mehrheit der Männer" spricht, käut lediglich die übliche Dämonisierung wieder. Falls Sie nämlich glauben, dem Maskulismus ginge es darum, dass ein Mensch, der diskriminiert wird, zum Opfer wird oder aus anderen Gründen leidet, auch dann Zuwendung und Unterstützung verdient, wenn er männlich ist – der NDR weiß es besser. Dort definiert man Maskulismus nämlich so:

Anhänger der Männerrechtsbewegung und Antifeministen bezeichnen sich selbst als Maskulisten. Maskulismus wird auch als Synonym für Maskulinismus verwendet, der die Überzeugung bezeichnet, Männer oder bestimmte als männlich erachtete Eigenschaften seien naturbedingt überlegen. Maskulismus ist darüber hinaus ein Synonym für Androzentrismus, eine Sichtweise, die Männer als Zentrum, Maßstab und Norm versteht.


Um diese Definition zu erstellen, ist der NDR seiner journalistischen Sorgfaltspflicht insofern nachgekommen, als er ziemlich exakt null Maskulisten befragt hat, sondern lediglich einen Vertreter des radikalen Feminismus. Wenn der NDR gerne eine Definition des Feminismus hätte – ob er dann wohl auch ausgewiesene Frauenfeinde danach befragen würde? Wohl kaum. Aber dass dies der klarste Hinweis darauf ist, dass es dem NDR nicht um Information, sondern um Ideologie geht, ist wohl eine dieser "aggressiven und hasserfüllten Anschuldigungen", die dort auf keinen Fall freigeschaltet werden. Ansonsten gilt beim NDR selbstverständlich: "User-Kritik? Ja bitte! Sie müssen eben nur damit rechnen, dass wir Sie und alle anderen Kritiker danach als gestörte Gewalttäter mit Hang zu Rechtsextremismus darstellen. Für Ihre Diffamierung bezahlen dürfen Sie mit Ihren Gebühren aber gerne." Denn wer vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk Ausgewogenheit erwartet, der hatte doch bestimmt nur eine "Lebenskrise, die ihn emotional aus der Bahn geworfen hat" ...

Klarer Fall: Da war ein NDR-Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin so fassungslos darüber, dass ihre Reklame für eine sexistische Ideologie fast durchgehend auf negative Resonanz stieß, dass das eigene Weltbild so schnell wie möglich wieder gefestigt werden musste. Ein Rosenbrock leistet dabei immer gute Dienste. Noch einmal: Die Mehrheit der Deutschen hält die Medien für korrupt. Woran kann das liegen?

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