Samstag, März 31, 2012

Feministinnen demonstrieren gegen französische Grammatik

In einer Welt, in der alle Wünsche erfüllt sind, wird es für viele Feministinnen immer schwerer, sich noch realistische Ziele zu setzen. Aktuell steht in Frankreich die Forderung nach einem Umschreiben der Grammatik auf dem Programm.

Hört sich albern an, aber Erfahrungen aus der Vergangenheit lehren, dass dies unter Umgehen der Bevölkerungsmehrheit garantiert in ein paar Jahren umgesetzt wird. Zur Not durch eine EU-Richtlinie. Währenddessen werden Männerrechtler, die dafür plädieren, dass auch männliche Opfer von sexueller Gewalt, Sklavenhandel und Gendercide internationale Unterstützung erhalten, weiterhin als "larmoyante Jammerlappen" und "hasserfüllte Frauenfeinde" betrachtet.

Titelgeschichte zerlegt eine Reihe feministischer Mythen

Unter der Schlagzeile "Die Wahrheit über die Ungleichheit" zerlegt das in Österreich erscheinende Nachrichtenmagazin "Profil" in einer ausführlichen Titelgeschichte mehrere zentrale Behauptungen der feministischen Ideologie. Unter anderem werden der "Mythos Riesen-Lohnlücke", der "Mythos Managerinnen-Diskriminierung", der "Mythos Teilzeitfalle" und der Mythos von der "Frau als ewiges Opfer" fulminant abgeräumt. Fazit der Redaktion: "Die Gender-Pay-Gap-Folklore ist eine Waffe im aufgeheizten Geschlechterkampf geworden."

Ohne die jahrelange Vorarbeit einer feminismuskritischen Bewegung hätte es eine so umfassende Titelgeschichte wohl kaum gegeben. Wann trauen sich deutsche Medien, mit derselben Form von Aufklärung nachzuziehen?

Donnerstag, März 29, 2012

Massenvergewaltigungen, Versklavung, Gendercide

Wenn in unserer Gesellschaft Männerrechtler darüber sprechen, wie sie und ihre Geschlechtsgenossen diskriminiert werden, führen sie von der Ausgrenzung der Väter bis zur Jungenkrise gerne Beispiele aus ihrem direkten Umfeld an. Aber ist das nicht ein verengter Blick? Die internationale Perspektive auf die Benachteiligung von Geschlecht geht dabei häufig verloren. Wie sieht es denn in den Staaten unserer Erde aus, die nicht zum vergleichsweise reichen Norden gehören? Wie steht es dort mit Themen wie Massenvergewaltigungen, Versklavung und Gendercide?

Manchmal geschehen Verbrechen, die von solchen ungeheuerlichen Ausmaßen sind, dass die Zeitungen voll damit sein müssten. Und doch lesen wir keine einzige Zeile darüber. Nur wenige Medien brechen aus diesem Raster aus. Man muss lange danach suchen, und an der Mehrzahl der Bevölkerung gehen sie deutlich vorbei. Auf die politische Tagesordnung gelangen sie schon gar nicht.

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Mittwoch, März 28, 2012

André Sepeur: "Auch Feminismus ist ein Thema für den Umweltschutz"

Wie vereinbart der Herausgeber des Umweltjournals sein ökologisches Engagement mit seinem Einsatz für eine bessere Geschlechterpolitik? Das verrät er im Interview auf Cuncti.

Dienstag, März 27, 2012

Tina Groll & Co.: Welche Journalisten auf die "Rosenbrock-Expertise" hereingefallen sind und wie Rechtsextreme davon profitieren

Die Resonanz der von Ilse Lenz und Hinrich Rosenbrock für die Heinrich-Böll-Stiftung verfassten Kampfschrift, die zwanghaft versuchte, weite Teile der Männerbewegung mit dem Lager der radikalen Rechten zusammenzubringen, war vernichtend. Vor allem in Fachkreisen gab es ein ungläubiges Kopfschütteln darüber, was der Öffentlichkeit da allen Ernstes als "wissenschaftliche Untersuchung" angedreht werden sollte.

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Montag, März 26, 2012

Simon Gunkel: "Die Bereitschaft, nicht mehr zu funktionieren, geht der tatsächlichen Befreiung voraus"

Das folgende Interview mit dem Transgender-Aktivisten Simon Gunkel ist – leicht gekürzt – meinem Buch "Männerbeben" entnommen. Im Anschluss an das gestrige Interview mit dem homosexuellen Männerrechtler Matthias Buser erscheint mir eine Neuveröffentlichung auf diesem Blog sinnvoll.

Arne Hoffmann: Simon, du stehst als Trans- bzw. Postsexueller nicht nur körperlich, sondern auch politisch zwischen bzw. über den Geschlechterfronten, was in verschiedenen Texten, die ich von dir kenne, deutlich wird. Was ist denn dein momentaner Eindruck vom Stand der Dinge, was den Geschlechterkampf angeht?

Simon Gunkel: Körperlich noch nicht mal. Ich bin weder intersexuell, noch würde ich mich als transsexuell bezeichnen. Aber ich finde es wichtig, sich für die Entpathologisierung in diesen Bereichen stark zu machen, weil da in einem Fall körperliche und seelische und im anderen Fall vor allem seelische Gewalt unter dem Vorwand der medizinischen Behandlung ausgeübt wird. Politisch würde ich sagen, ich stehe quer zu den Fronten, es ist ja immer noch eine Position zum Geschlecht, und deshalb kann sie nicht über diesen Dingen stehen. Und dazwischen ... Ich habe mal ein Lied darüber geschrieben, das mit den Zeilen "Wir reden vom dazwischen sein / als fiele uns nichts Besseres ein / uns zwischen diesen Polen zu platzieren" beginnt. "Dazwischen" impliziert immer zwei gegensätzliche Pole, und ich kann die weder im Begriffspaar "Frauen & Männer" noch in "Frauenbewegung & Männerbewegung" erkennen. Sogar selbst ernannte Hardliner sind immer auch dazwischen.

Ich habe das Gefühl, dass momentan biologistische Thesen Aufwind haben. Neue Technologien eröffnen uns Möglichkeiten zur Erforschung des Menschen, aber was in den Medien hauptsächlich stattfindet, ist ein neuer Mythos vom Geschlecht. Das hat zum einen den Effekt, dass sich die Positionen verhärten, weil es scheinbar wissenschaftliche Begründungen dafür gibt, dass Männer und Frauen unterschiedliche Zielsetzungen haben. Zum anderen sorgt es auch dafür, dass sich Vorurteile stärker ausbreiten und der Druck, sich konform dazu zu verhalten, ansteigt. Und das wiederum sorgt auf allen Seiten für das Gefühl, stärker eingeschränkt zu werden.

Arne Hoffmann: Den momentanen Trend bei Büchern und anderen Medien, Geschlechtsidentität in etlichen Aspekten biologisch zu begründen, siehst du als Naturwissenschaftler ja äußerst kritisch.

Simon Gunkel: Das Interessante an populärwissenschaftlichen Büchern ist, dass sie teilweise Dinge aufführen, die schon lange nicht mehr up-to-date sind. Der Gedanke, dass Männer und Frauen völlig unterschiedlich sind, verkauft sich gut. Letzten Endes steckt dahinter auch wieder die "Zurichtung", von der Foucault spricht.

Geschlechtsidentität ist vor allen eine Ansammlung von Dingen, von denen man gesagt bekommt, dass man sie nicht tun darf oder nicht kann: "Männer können nicht vernetzt denken", "Frauen können nicht einparken", "Männer können nicht zuhören" ... etc. Alle bekommen eine lange Liste von qua Geschlecht vorgegebenen Defiziten mit. Das kränkt das Ego. Es gibt zwei Ansätze, wieder Selbstbewusstsein aufzubauen:

1) Die "Defizite" beim anderen Geschlecht hochspielen (leider immer noch ein ordentlicher Teil von Mädchenarbeit, dieser ganze "Jungs-sind-doof"-Unsinn.) Das Problem dabei ist: Das Selbstbewusstsein ruht auf dem Fundament der angenommenen Defizite beim anderen Geschlecht. Eine Frau, die ihr Selbstwertgefühl darauf stützt, dass Männer gefühllose Arschlöcher sind, wird Männer, die tatsächlich zuhören können, ablehnen. Ein Mann, der sein Selbstwertgefühl darauf aufbaut, dass Frauen nicht Auto fahren können, wird es nicht akzeptieren können, wenn eine Frau ihren Wagen beherrscht. Man fühlt sich immer noch defizitär und will, dass das für die anderen genauso gilt.

2) Erkennen, dass die Handlungsverbote und vermeintlichen Unbegabungen gar nicht zutreffend sind. In dem Fall wird Selbstvertrauen aus eigenen Fähigkeiten statt aus den vermeintlichen Unfähigkeiten anderer gezogen. Was eben nicht dazu führt, dass man Leute ablehnt, weil sie sich nicht konform verhalten.

Eigentlich ist bei diesen Ansätzen völlig irrelevant, ob es biologische Differenzen zwischen den Geschlechtern gibt. Der zweite Ansatz birgt die Möglichkeit zu einem unantastbaren Selbstvertrauen, während der erste zu einem labilen Selbstbild führt, das erschüttert wird, wenn sich nicht alle "korrekt" verhalten.

Arne Hoffmann: Wie bist du eigentlich auf die Männerbewegung gestoßen, und warum wird sie von dir unterstützt?

Simon Gunkel: Auf die Männerbewegung bin ich durch einen guten Freund gestoßen, mit dem ich mein Abitur gemacht habe. Wir begannen zur gleichen Zeit unseren Zivildienst und waren von den gesetzlichen Regelungen ziemlich überrascht: bis zum 32. Lebensjahr das Bundesamt erst fragen müssen, wenn man für längere Zeit ins Ausland geht, Einschränkung der Grundrechte und so weiter. Er drückte mir irgendwann Paul-Hermann Gruners "Frauen und Kinder zuerst" in die Hand, womit ich nicht viel anfangen konnte - vor allem weil es da um einen Feminismus geht, den ich nicht kannte. Einige Diskussionen später lieh er mir dann "Sind Frauen bessere Menschen?", was mich in die Themen der Männerbewegung deutlich stärker hineingezogen hat, einfach weil es positiver ist als das Gruner-Buch. Es ist nicht primär gegen etwas, sondern für etwas. Zu dieser Zeit bekam ich dann auch eine Mail mit einem Link zu einem der Foren, auf denen Männerrechter schrieben (mittlerweile nicht mehr existent und eher marginal), und darüber landete ich dann bei den "Klassikern" der Forenlandschaft.

Ich weiß nicht, was ich auf die Frage antworten soll, warum ich die Männerbewegung unterstütze. Ziele wie die Abschaffung der Wehrpflicht, der Benachteiligung in der Krebsvorsorge, die fehlende Thematisierung von Männern als Opfer von Gewalt und insbesondere sexueller Gewalt und so weiter – dieser ganze Katalog von Forderungen ist eigentlich selbstverständlich unterstützenswert. Die Frage, die mich interessiert ist, warum diese Ziele nicht allgemein unterstützt werden und warum sie zumindest von Teilen derer, die sich als Männerrechtler bezeichnen, inzwischen als zweitrangiges Problem behandelt werden.

Arne Hoffmann: Welche Entwicklung beobachtest du hier?

Simon Gunkel: Wenn wir über Männerrechte reden, dann geht es um die individuelle Freiheit. Und ich sehe momentan die Tendenz, genau diese nicht zu wollen, sondern die "alte Ordnung" als verbindlichen Lebensentwurf durchzusetzen. Das Extrembeispiel war ein Unternehmer, der mal auf einem Männerbewegungsforum schrieb, er habe bisher bevorzugt Männer eingestellt, weil diese nicht in Erziehungsurlaub gehen durften – jetzt suche er nach Möglichkeiten, die Neuregelung, die Männern dies erlaubt, zu untergraben. Während ich das schreibe, wird gerade die Aktion "Coole Jungs" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geradezu verrissen, obwohl sich dessen Stoßrichtung in vielen Punkten mit den Zielvorstellung der Männerbewegung deckt. Schließlich geht es darum, dass Männer in "Frauenberufen" nicht benachteiligt oder wegen ihrer Tätigkeit herabgewürdigt werden. Sogar die von MANNdat e.V. geforderte Erweiterung des Girls’ Day zu einem "Zukunftstag für Mädchen UND Jungen" wird hier berücksichtigt, die Forderung nach der "Erweiterung der geschlechtsspezifischen Berufswahl gerade auch für Jungen" wird als Hauptvorgabe eingesetzt und ein Erzieher nennt als Antwort auf die Frage, warum er diesen Beruf ergriffen habe, er dürfe die eigenen Kinder nicht sehen (was man durchaus als ministeriellen Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Familiengerichte deuten könnte ...). Ich habe da durchaus auch private Interessen, schließlich arbeite ich in der Altenpflege, um mein Studium zu finanzieren. Dass sich jetzt sogenannte Mitstreiter dazu bemüßigt fühlen, solche Tätigkeiten abzuqualifizieren, finde ich sehr bedenklich, und das ist meiner Meinung nach auch kontraproduktiv. Schließlich wird hier gegenüber einer Aktion polemisiert, deren Zielsetzung praktisch eins zu eins von "uns" übernommen sein könnte.

Arne Hoffmann: Vor welchen Fehlern würdest du die Männerbewegung warnen?

Simon Gunkel: Ich glaube, dass es drei große Fehler gibt, die die Männerbewegung machen könnte:

- Ignoranz gegenüber der Geschichte von Feminismus, Schwulenbewegung, aber auch Friedensbewegung und Arbeiterbewegung. Die Männerbewegung ist ein relativ junger Spross in einer Gruppe von Bewegungen, die Geschlecht thematisiert haben. Die letzten beiden benötigen vielleicht noch eine Erklärung: Die Friedensbewegung speiste sich unter anderem aus der berechtigten Angst junger Männer, zum Kriegsdienst gegen das jeweils andere Deutschland eingezogen zu werden. Auch wenn Geschlecht in diesem Kontext nie das präsente Thema war, eigentlich ging es darum, Männer vor einem frühen Tod zu bewahren. Die Arbeiterbewegung war ebenfalls in vielen Punkten eine Männerbewegung, z.B. was Sicherheitsauflagen angeht. Wenn die Berufe mit der größten Gefährdung für Leib und Leben der Arbeiter fast ausschließlich von Männern ausgeführt werden, dann ist Arbeitssicherheit eben auch ein wichtiges Thema für die Männerbewegung. Wichtig ist zu erkennen, dass die Männerbewegung an solche Traditionen anknüpft und deshalb auch versuchen sollte zu erkennen, wo diese Bewegungen Fehler gemacht haben.

- Der zweite Fehler ist so einer, und zwar der grundlegende Denkfehler, die Beseitigung von Nachteilen für Männer führe zu einer Zunahme der Nachteile bei Frauen. Das ist ein fundamentaler Irrtum gewesen, den einige feministische Strömungen bis heute begehen, und er stünde auch der Männerbewegung nicht gut zu Gesicht.

- Der letzte Fehler in dieser Reihe wäre das Fehlen von Versuchen, mit anderen Gruppen zusammenzuarbeiten, letztlich eine Konsequenz aus den ersten beiden Fehlern, einmal durch mangelndes Verständnis dafür, dass andere Gruppen ähnlich gelagerte Ziele verfolgen und einmal durch das Antagonisieren von solchen Gruppen.

Ich hoffe, dass diese Fehler nicht gemacht werden, oder sich zumindest nur in einem kleinen Rahmen ausbreiten.

Arne Hoffmann: Welche zukünftigen Entwicklungen würdest du dir wünschen?

Simon Gunkel: Ich würde mir vor allem eine größere Präsenz wünschen, also dass die Themen der Männerbewegung tatsächlich in einer breiten Öffentlichkeit diskutiert werden. Was ich mir ebenfalls wünschen würde, wäre eine Erweiterung unserer Themen um die Frage, wie man ein Leben organisieren kann. Ich habe das Gefühl, dass Männer sich mehr oder weniger einem Nutzen unterordnen und sich primär daran messen, ob sie "funktionieren". Das ist etwas, was mir mehr und mehr auffällt, also dass man z.B. in den Vordergrund stellt, ob man in einer Beziehung "funktioniert" und nicht, ob sie einen glücklich macht, dass man sich fragt, ob man im Beruf "funktioniert" und nicht, ob man an ihm vielleicht irgendwann zerbricht. Ich glaube, die Bereitschaft, nicht mehr zu funktionieren, geht der tatsächlichen Befreiung voraus. Allein rechtliche Änderungen werden nicht viel ausrichten. Ich bin mir bewusst, dass das einige als "Umerziehung" o.ä. deklarieren würden, aber es geht eigentlich nur um das Angebot an Männer, sich darüber Gedanken zu machen, was sie eigentlich wollen.

Arne Hoffmann: Viele Bestrebungen von z.B. MANNdat erachtest du als positiv, bist aber kein Mitglied. Warum eigentlich nicht?

Simon Gunkel: Ich hatte mit Eugen Maus einen längeren Mailwechsel, in dem es im Prinzip um diese Frage ging. Ein Punkt, der gegen eine Mitgliedschaft spricht ist, dass viele Themen, die für mich zentral sind, bei MANNdat keine hohe Priorität haben, einfach aus dem Grund, dass dort nicht genug Leute mitwirken. Und nach längerer Diskussion sind wir uns im Prinzip darüber einig, dass diese Themen bei MANNdat einzubringen nicht von mir allein geleistet werden könnte und daher meine Teilnahme an dem Projekt letzten Endes für andere Bereiche notwendige Arbeitskraft abziehen würde. Das Mindeste wäre eine Diskussion innerhalb von MANNdat, ob eine Ausarbeitung zu einem bestimmten Themenfeld von allen Mitgliedern getragen würde. Der zweite Punkt war die Frage, wie stark mit anderen Gruppierungen kooperiert werden soll, und da waren Eugen und ich uns zumindest zum damaligen Zeitpunkt sehr uneins.

Zu guter Letzt kommt noch eine Frage zu meiner Person mit ins Spiel. Ich bin nicht dafür bekannt, unbedingt Konsenspositionen wiederzugeben. Ich wäre kein guter Parteipolitiker, sondern eher die Person, von deren jüngster Äußerung sich ein Fraktionsvorsitzender bei einer Pressekonferenz distanziert. Kein Mitglied zu sein bedeutet, dass MANNdat nicht ständig erklären muss, dass nicht jede meiner Äußerungen zum Programm von MANNdat gehört und auf der anderen Seite auch, dass ich mich nicht zurückhalten muss, was meine Positionen betrifft. Wenn MANNdat mich für irgendetwas brauchen würde, stünde ich bereit, von der Recherche bis zur Flugblattverteilung.

Arne Hoffmann: Was hältst du von Gender Mainstreaming?

Simon Gunkel: Prinzipiell begrüße ich die Idee, Geschlechterpolitik nicht als separat von anderen Politikfeldern zu begreifen. Wer über die Sozialsysteme nachdenkt, der muss sich auch darüber Gedanken machen, ob man den Zivildienst nicht abschaffen sollte und wie die Leistungen, die jetzt von Zivildienstleistenden erbracht werden, dann geregelt werden.

Wer über Gesundheitspolitik nachdenkt, der muss auch darüber nachdenken, ob die bestehenden Differenzen zwischen den Leistungskatalogen für Männer und Frauen Sinn machen. Die zentrale Frage ist nicht, ob man GM begrüßt, weil diese Idee in ihren Grundsätzen absolut konsensfähig sein dürfte, sondern ob man die Geschlechterpolitik gut findet, die jetzt breiten Einzug in alle Sparten und Ebenen der politischen Diskussion findet. Und da werden im Prinzip Konzepte weitergeführt, die ich für unsinnig halte. Ein zweiter zu prüfender Punkt betrifft das Instrumentarium, mit dem GM implementiert wird. Als Beispiel wäre nur gender budgeting genannt, das die Haushalte auf allen Ebenen auf die Geschlechterverteilung von Geldern überprüft. Da sehe ich zum einen die Gefahr, dass Effizienz bestraft wird, d.h. ein Land, das bei gleicher Dienstleistungsgüte eine geringere Menge Geld aufwendet, um eine primär von einem Geschlecht genutzte Einrichtung zu betreiben, könnte schlechter dastehen als ein Land, das weniger effizient wirtschaftet. Und beim Budget des Bundes wäre z.B. zu fragen, ob die Kosten der Wehrpflicht als Gelder gewertet werden, die Männern "zugutekommen". Das Problem ist also nicht der grobe Ansatz, sondern die damit betriebene Politik. Die Frage, ob GM positiv oder negativ ist, ist ähnlich wie die Frage, ob Sozialpolitik etwas Positives oder Negatives ist. Beantwortet werden kann nur, ob eine bestimmte Sozialpolitik oder eine bestimmte Geschlechterpolitik positiv oder negativ ist.

Arne Hoffmann: Inwiefern hast du dich bereits in Sachen Männerbewegung eingesetzt?

Simon Gunkel: Mein Engagement besteht bislang hauptsächlich darin, Kontakte herzustellen und bei möglichst vielen Gruppen nach Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu bestimmten Themen zu suchen. Für viele der Projekte die ich als notwendig betrachte, fehlt mir einfach die Qualifikation - ohne eine Ausbildung im Bereich Pädagogik fällt Jugendarbeit flach, ohne Ausbildung im Bereich Sozialarbeit oder Psychologie kann ich keine Opferarbeit leisten, ohne Ausbildung in Jura habe ich keine Ahnung, wie man Gesetze umformulieren müsste, um bestimmte Effekte zu erreichen. Meine Qualifikation ist die eines Lebenswissenschaftlers (also life-sciences, wozu ja u.a. die Paläontologie gehört), und ich habe mich intensiv mit Geschlechterstudien befasst. Wenn ich diese Bereiche betrachte, dann stelle ich fest, dass ich vor allem konzeptionelle Arbeit leisten kann. Zum einen kann ich die immer wieder aufkommenden biologistischen Tendenzen auf der Ebene der Biologie kritisieren, zum anderen kann ich versuchen, Denkmuster anzubieten, die eventuell von Nutzen sind. Vielleicht ist das der zentralste Aspekt: Wenn es eine Männerbewegung gibt, dann bewegt sie sich in eine Richtung. Und zu fragen, welche Richtung es sein soll, das sehe ich als meine Aufgabe (wichtig: zu fragen. Ich würde mich nicht als jemanden betrachten, der diese Richtung auswählt).

Arne Hoffmann: Unter anderem bist du Experte zum Thema Beschneidung, die hierzulande in der breiten Öffentlichkeit nur als "Beschneidung von Mädchen" diskutiert wird. Was kannst du zu diesem Thema sagen?

Simon Gunkel: Na ja, Experte ... Ich glaube, es gibt eine Menge Leute, die zu diesem Thema besser qualifiziert sind als ich. Das, was ich zu diesem Thema weiß, kann sich jeder, der über einen Internetzugang und eine öffentliche Bibliothek in der Nähe verfügt, ebenso aneignen. An das Thema geraten bin ich durch die Genitalverstümmelung an Intersexuellen, also Personen, die bei der Geburt als "uneindeutigen Geschlechts" betrachtet werden. Diese werden in Deutschland noch immer durchgeführt, obwohl es keinerlei triftige Gründe für sie gibt. Ebenfalls wenig von der Öffentlichkeit wahrgenommen sind Genitalverstümmelungen an Jungen, einfach weil sie in unserem Kulturkreis "normal" sind und die hier üblichen Beschneidungsformen zu den milderen gehören. Die Beschneidung von Mädchen wird hauptsächlich an den extremsten Formen, also z.B. der Infibulation diskutiert, bei der Beschneidung von Jungen eher die Entfernung von Teilen der Vorhaut, mit gegebener Indikation (z.B. Phimose) und durch Ärzte. Dass andere Formen der Genitalverstümmelung an Jungen praktiziert werden, ist kaum bekannt, was weniger daran liegen dürfte, dass das bewusst verschwiegen wird, sondern eher daran, dass jeder glaubt zu wissen, wie eine Beschneidung bei Jungen aussieht.

Arne Hoffmann: Warum, glaubst du, wird gerade in manchen feministischen Kreisen so extrem aggressiv auf Männer reagiert, die über ihre Opfererfahrungen sprechen? Es kommt da ja regelmäßig zu massiven Abwertungen wie "Jammerlappen" oder "Plärrer" ...

Simon Gunkel: Ich denke, dass da zwei Dinge eine Rolle spielen. Zum einen ist da die Angst, dass solche Opfererfahrungen dazu verwendet werden, Unrecht, das Frauen geschieht, zu marginalisieren. Ich glaube, diese Angst ist auch berechtigt, weil ich Diskussionen erlebt habe, in denen Opfererfahrungen quasi gegeneinander aufgerechnet wurden. Und das Phänomen, dass die Opfererfahrungen der Angehörigen eines Geschlechts negiert werden, weil den Opfererfahrungen des anderen Priorität eingeräumt wird – das ist der Status Quo. Insofern muss man da so vorgehen, dass man diese Angst minimiert und sich auch dieser Form der Diskussion entzieht. Und gerade in diesem Punkt wäre eine Kooperation mit anderen Organisationen sehr sinnvoll, einfach um zu zeigen: Es geht nicht darum, die Opfer gegeneinander auszuspielen.

Ein zweiter Punkt, der meiner Einschätzung nach aber rückläufig ist, ist ein personalisierter Patriarchatsbegriff. Da wird davon ausgegangen, dass jeder Mann a priori eine Machtposition innehat. Wenn man glaubt, dass sich da jemand beschwert, der eigentlich die ganze gesellschaftliche Macht hat und dem die Welt zu Füßen liegt, dann kommt man zu dem Schluss, dass dieser Mensch wehleidig ist. Aber so ein Begriff bringt Widersprüche mit sich, weil Macht nie allein auf einer Geschlechterebene läuft und andere Faktoren wie Alter, Ethnie, Klasse etc. ebenfalls mit hineinspielen. Und ich glaube, dass diese Widersprüche zunehmend erkannt werden.

Arne Hoffmann: Du vertrittst ja die These, dass Mitleid "gegendert", also geschlechtsgebunden sei. Um einen deiner Texte zu zitieren: "Die Presse inszeniert immer wieder aufs Neue die Geschichte von der Lady in peril. Wir sind darauf konditioniert, dieses Leid konkreter wahrzunehmen als bei Männern. Eine Frau kniet weinend neben der Leiche ihres Mannes – die arme Frau. Ein Mann kniet weinend neben der Leiche seiner Frau – die arme Frau." Kannst du das noch ein bisschen ausführen?

Simon Gunkel: Um mal Daten von heute zu nehmen: Auf den Startseiten der Hilfsorganisationen DRK, Brot für die Welt, Ärzte ohne Grenzen und Misereor werden insgesamt 48 Personen abgebildet, die Hilfe benötigen oder bekommen. Davon sind acht Prozent Männer (4), 35 Prozent kleine Kinder (17) und 56 Prozent Frauen (27).

Ich glaube, der Grund dafür ist eine Art selbsterfüllender Prophezeiung. All diese Organisationen werben für Spenden. Und die Leute sind eher bereit zu spenden, wenn sie hilfsbedürftige Frauen sehen. Aus diesem Grund werden bei Plakataktionen, Broschüren oder eben Internetauftritten von Hilfsorganisationen vor allem Frauen gezeigt. Mit dem Effekt, dass das Leid von Frauen stärker wahrgenommen wird als das von Männern und daher die Leute eher bereit sind zu spenden, wenn es gilt, das Leid von Frauen zu lindern ... Damit schließt sich der Kreis.

Ein ähnlicher Effekt betrifft Gewalterfahrungen, die der Feminismus zuerst thematisiert hat. Häusliche Gewalt ebenso wie sexuelle Gewalt waren im Grunde ein Non-Thema, bevor sie durch den Feminismus zu einem gemacht wurden. Dass diese Gewalt auch Männer trifft, wurde zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich realisiert, und im Laufe der Zeit hat das den Effekt gehabt, dass diese Gewaltformen als etwas gesehen wurden, was ausschließlich Frauen betrifft. Im Bereich der sexuellen Gewalt schlug sich das auch im Strafrecht nieder, das hier unterschiedliche Rechtsnormen setzte. Erst seit 1996 erkennt das Strafrecht männliche Vergewaltigungsopfer. Die WHO veröffentlichte jüngst Zahlen, nach denen zwischen fünf und zehn Prozent der Männer sexuelle Missbrauchserfahrungen erlebt haben. Die Gesamtviktimisierungsrate bei sexueller Gewalt schwankt je nach Land, für das Daten vorliegen, zwischen 3,6 Prozent und 20 Prozent, die Pilotstudie "Gewalt gegen Männer" kommt ebenfalls zu Zahlen in dieser Größenordnung. Die Vergleichswerte für Frauen liegen zwischen 0,8 Prozent und acht Prozent.

Die Gründe, warum diese Erfahrungen nicht besonders beachtet werden, liegt meiner Meinung nach vor allem an zwei Faktoren. Der erste wurde schon angesprochen bei der Frage, warum Männer mit Opfererfahrungen oft auf Ablehnung stoßen. Der zweite Punkt betrifft andere Männer, die sich mit den Opfern dieser Gewaltformen nicht solidarisieren, sondern eher auf Distanz gehen. Letzten Endes bedeuten sowohl Gewalt in einer Partnerschaft als auch sexualisierte Gewalt einen Kontrollverlust. Und es ist schwer, sich mit jemandem zu identifizieren, der die Kontrolle über das eigene Leben in einer solchen Situation verloren hat, weil Identifikation auch bedeutet anzuerkennen, dass man selbst zum Opfer werden könnte. Es ist ein Schutzmechanismus, der bei Männern noch stärker greift als bei Frauen, weil es eben ein traditionelles Zeichen für Männlichkeit ist, diese Kontrolle zu haben. Das Ganze ist aber ein sehr weites Feld, über das man wirklich Bücher schreiben kann.

Gabriele Wolff: Feminismus im Jugendamt

Ein totes Kind in Mannheim, Verdacht des Totschlags gegen die Mutter, dahinterstehende grundlegende Probleme unserer Gesellschaft – das alles verbindet Gabriele Wolff in einem längeren Kommentar, der in eine Erkenntnis mündet, die gut in dieses Blog hier passt:

Das ist der zutiefst konservative Kern der Schwarzer-Botschaft von den Täter-Männern und den Opfer-Frauen: Kinder gehören (zu) ihren Müttern, da sind sie vor ihren im Zweifel bösen Vätern geschützt. (...) Innerhalb der insgesamt eher konservativ eingestellten Justiz (...) fallen solche Parolen auf fruchtbaren Boden. (...) Alice Schwarzer ist zurecht bei der CDU und bei BILD gelandet. Nur in der Abtreibungsfrage ist sie Abweichlerin von der Parteilinie. Aber das kriegt sie auch noch hin.

(...) Auf welcher Parteilinie Schwarzer allerdings mit ihrer Unwort-Kampagne gegen die Unschuldsvermutung (natürlich nur bezogen auf Männer, denen Frauen Sexualstraftaten vorwerfen) liegen mag? Dazu fallen mir nur Parteien ein, die sich außerhalb des demokratischen Spektrums bewegen. Die anderen trauen sich nur noch nicht.


Wer vom "Kampf gegen rechts" spricht, ist nicht besonders glaubwürdig, solange er bei der Bekämpfung Alice Schwarzers schweigt.

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Sonntag, März 25, 2012

Matthias Buser: "Als ich herausfand, dass ich schwul war, war ich erleichtert"

Für den heutigen Beitrag habe ich den Schweizer Männerrechtler Matthias Buser interviewt. In dem Gespräch geht es um Homosexualität, Homophobie und um seine Erfahrungen in der Schweizer Männerpolitik.

Arne Hoffmann: Matthias, könntest du dich und deinen Hintergrund als Männerrechtler kurz vorstellen?

Matthias Buser: Bereits als Kind begann ich mich für einzelne Themen der heutigen Männerrechtsbewegung zu interessieren. Mir fiel schon sehr früh auf, dass Mädchen von Erwachsenen nachsichtiger behandelt wurden als Jungen. Mädchen stand ein breiteres Spektrum an akzeptierten Verhaltensweisen offen und sie konnten sich vielfältiger kleiden. Bei den Erwachsenen schien es ähnlich zu sein: Mein Vater war den ganzen Tag abwesend. Für Väter war das die Norm, während meine Mutter und Frauen aus der Nachbarschaft viel präsenter waren.

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CDU-Männer für Frauenquote

Warum bin ich nicht überrascht?

Freitag, März 23, 2012

Zimbabwe: Frauenbanden vergewaltigen fremde Männer

In verschiedenen Veröffentlichungen habe ich immer wieder darauf hingewiesen, dass sexuelle Gewalt ähnlich wie häusliche Gewalt keineswegs automatisch männliche Täter und weibliche Opfer bedeutet, auch wenn einem dieses Bild kontinuierlich aufgedrängt wird. Als Folge dieser einseitigen Wahrnehmung dauerte es hierzulande bis zum Jahr 1996, bis Männer überhaupt als Opfer einer Vergewaltigung im juristischen Sinne gelten durften.

Ein Artikel, der gestern in der britischen Tageszeitung "Telegraph" erschienen ist, veranschaulicht dieses Thema gut. Im Teaser des Beitrags direkt unter der Schlagzeile heißt es noch:

Gangs of women in Zimbabwe have been picking up male travellers to have sexual intercourse and harvest their sperm, according to reports.


Da haben die Frauen also "intercourse", zu deutsch Geschlechtsverkehr. Das hört sich nicht gerade besonders bedrohlich oder kriminell an. Unter dem Foto, auf dem einige der beschuldigten Damen abgebildet sind, heißt es allerdings bereits:

The women allegedly used different cars to pick up 14 other men and forced themselves on them.


Der "Geschlechtsverkehr" war für die Männer also mit Zwang verbunden. Hm, wie nennt man diesen Vorgang noch gleich, wenn der Zwang von einem Mann gegenüber einer Frau ausgeübt wird ..?

Der Artikel selbst schildert noch genauer, wie die Situation in Zimbabwe aussieht:

Susan Dhliwayo claims she pulled her car over recently to pick up a group of male hitchhikers and they refused to get in, because they feared they were going to be raped.

"Now, men fear women. They said: 'we can't go with you because we don't trust you'," 19-year-old Miss Dhliwayo recounted.

Local media have reported victims of the highway prowlers being drugged, subdued at gun or knife point – even with a live snake in one case – given a sexual stimulant and forced into repeated sex before being dumped on the roadside.


Schön, dass der Begriff "vergewaltigt" wenigstens im Fließtext des Artikels erscheint. Wenn Opfer unter Drogen gesetzt, mit Pistolen und Messern bedroht und wiederholt zum Geschlechtsverkehr gezwungen werden, bleibt offenbar selbst dem frauenfreundlichsten Reporter irgendwann nichts anderes mehr übrig.

Die Frauenrechtlerinnen Zimbabwes reagieren allerdings wie erwartet darauf, dass auch über männliche Opfer sexueller Gewalt berichtet wird:

A Zimbabwean women's rights group has criticised the spotlight shifting to male rape victims, and paid for a newspaper advert to deplore that violence against women in the country is not met with the same degree of shock.


Wie geschockt Zimbabwes Medien tatsächlich auf vergewaltigte Mänmer reagieren, zeigt der Telegraph an einem anschaulichen Beispiel:

one newspaper cartoon showing a nude hitchhiker hoping to be picked up by a female driver


Angenommen, es wären vagabundierende Männergruppen, die Frauen mit der Hilfe von Waffen vergewaltigen: Wäre es vorstellbar, dass eine Zeitung als Reaktion darauf einen Cartoon abdruckt, der eine nackte Anhalterin zeigt, die sich danach sehnt, es auch endlich mal besorgt zu bekommen? Unwillkürlich muss man an die zahlreichen Cartoons denken, bei denen häusliche Gewalt gegen Männer mit "lustigen" Zeichnungen einer das Nudelholz schwingenden Hausfrau dargestellt wird.

Bis männliche und weibliche Gewaltopfer auch nur einigermaßen gleich betrachtet und behandelt werden, ist es offenkundig noch ein weiter Weg.

Donnerstag, März 22, 2012

Gegen die Homophobie von Ilse Lenz und Hinrich Rosenbrock

Die von Ilse Lenz und Hinrich Rosenbrock verfasste Kampfschrift "Die antifeministische Männerrechtsbewegung", die als "Expertise" verkauft werden sollte, wurde in den letzten Wochen von Männerrechtlern sämtlicher politischer Lager, von weit rechts bis weit links, als unseriös abgelehnt. Ich habe Kontakt mit etlichen Männer- und Väterrechtlern der unterschiedlichsten Gruppen und Vereine und kenne keinen einzigen, der das anders sieht. Gründe für diese einhellige Ablehnung gibt es mehr als genug. Einer allerdings ist in der Debatte bislang ein wenig untergegangen, obwohl er besonders ekelhaft geraten ist.

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Und dies war der 2500ste Beitrag auf Genderama.

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Dienstag, März 20, 2012

Jenseits des deutschen Frontendenkens

Bekanntlich hat die Männerrechtsbewegung ihren Ursprung in den USA. Und noch immer hat man mitunter den Eindruck, dass uns Europäern die Vereinigten Staaten auf diesem Gebiet um einiges voraus sind. Zuletzt musste ich diese Erfahrung machen, als ich über die Seiten des "Good Men Project" stolperte und dabei unter anderem auf die Ergebisse einer Umfrage stieß, die es so in Deutschland noch nicht gibt: Man ließ einfach mal die Männer selbst darüber abstimmen, was in ihren Augen die dringendsten männerpolitischen Anliegen waren. Die Frage ist ebenso naheliegend wie bedeutsam. Es ist doch wichtig zu wissen, was die Leute wirklich beschäftigt – der hohe Anteil der Männer unter den Obdachlosen, den Selbstmördern und den Opfern der Todesstrafe? Oder doch die von den Medien vielfach thematisierte Jungenkrise? Oder etwas ganz anderes?

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Professor Günter Buchholz: Warum Gleichstellung eine rechte Politik ist

Die Gleichstellungspolitik der dritten Frauenbewegung zielt darauf ab, die längst erreichte Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen durch eine Privilegierung von Frauen mittels einer Diskriminierung von Männern auszuhebeln. Eine Politik der Privilegierung und der Diskriminierung ist objektiv eine rechte Politik, die im Gegensatz zu einer linken Politik steht.

Und Quotenpolitik ist eine Form der Gleichstellungspolitik, die lobbyistische Interessen verfolgt, denn sie dient der Privilegierung einer relativ kleinen Teilmenge der Frauen.

Der 1995 erfolgte Umschlag von einer emanzipatorischen in eine privilegierende Frauenpolitik, also von der zweiten in die dritte Frauenbewegung, ist auf der ideologischen Ebene zwar auch von erheblichen Veränderungen gekennzeichnet, aber die tradierten feministischen Vorstellungen, Sichtweisen und Meinungen werden weiter verwendet und legitimieren jetzt mit emanzipatorischer Rhetorik eine anti-emanzipatorische, privilegierende und diskriminierende Politik. Die subjektive Wahrnehmung und Ausdrucksweise des heutigen Feminismus widerspricht also dem objektiven Charakter der Gleichstellungspolitik.


Dr. Alexander Ulfig hat Professor Buchholz im Interview: natürlich auf Cuncti.

Erklären wir den rechten Tendenzen, die inzwischen bis in die Mitte unserer Gesellschaft vorgedrungen sind, endlich den Kampf! Für eine linke Männerpolitik, die diesen Namen verdient!

Montag, März 19, 2012

Tristan Rosenkranz: "Ich lege den Schwerpunkt auf Kapitalismus- und Feminismuskritik"

Für den heutigen Beitrag habe ich den Männer- und Väteraktivisten Tristan Rosenkranz unter anderem zu seinen Forschungserkenntnissen über deutsche Jugendämter sowie seine Ansätze einer linken Männerpolitik interviewt.

Arne Hoffmann: Für den Fall, dass dich noch nicht jeder Männerrechtler kennt – könntest du dich und deine wichtigsten Projekte einfach mal kurz vorstellen?

Tristan Rosenkranz: Ich bin 40 Jahre alt und Papa einer achtjährigen Tochter. Gezeichnet von einigen Jahren väterlicher Ausgrenzung, einer extrem eskalierenden Anwältin und beiderseitiger Unfähigkeit, Konflikte vernünftig aufzuarbeiten und die Eltern von der Ex-Paar-Ebene zu trennen, begann ich 2007 nach Hilfsangeboten zu recherchieren. Da ich auf offizieller Ebene nicht fündig wurde und auch bei etablierten wie steuerfinanzierten Beratungsanbietern und Ämtern eher auf Schulterzucken, "lassen Sie los" und "da kann ich nicht viel für Sie tun" stieß, bin ich im Frühjahr 2007 selbst aktiv geworden. Zunächst als Betreiber des Goldkind-Blogs mit einer umfangreiche Sammlung an Links, Studien sowie Pressemeldungen, im Jahr darauf als Kontaktstellen- und Selbsthilfegruppenleiter der "Väterberatung Gera" mit zahlreichen Gesprächen mit politischen EntscheidungsträgerInnen, aus welcher der "Gleichmass e. V." als gemeinnützige Initiative hervorging, dem Männer und Frauen angehören. Die bisher verwirklichten wichtigsten Projekte dieses Vereins sind die Wanderausstellung "Väter a. D." sowie die Anthologie "Kinderherz", an welcher sich neben Betroffenen und Autoren auch zahlreiche Professionen beteiligten. Seit anderthalb Jahren arbeite ich zudem redaktionell am "Papa-Ya"-Magazin für kindgerechte Familienpolitik als Kolumnist und Redakteur mit und recherchiere und plane mit weiteren Fachleuten die Realisierung eines Manuskripts zur Arbeit der Jugendämter.

Ein Nebenprodukt meiner Tätigkeit ist das "Schlusslicht"-Blog, auf welchem ich seit einigen Jahren männerverunglimpfende, sexistische oder gewaltverharmlosende Werbeformate zusammentrage und zuletzt mit AGENS e. V. jeweils einen Negativpreis für das extremste Werbeformat auslobte. Die meiner Meinung nach extremste Werbung war ein Werbespot vom Otto-Versand, wo eine Frau einen Mann mit einem Katalog zu Boden schlug. Die Reaktion hier wie auch bei anderen Beschwerden seitens des Deutschen Werberates bewegt sich immer im selben Raster: Man müsse den Humor hierbei in Relation mit beispielsweise Monthy Python setzen. Leider kein Witz und aus meiner Sicht veramtlichte Verhöhnung. Aber immerhin scheint die Menge entsprechender Formate kontinuierlich zurückzugehen, was wohl in erster Linie dem gesellschaftlichen Wandel nicht nur der Geschlechterdebatte geschuldet sein dürfte.

Zwei weitere Projekte in Vorbereitung sind die Gründung eines eigenständigen Ablegervereins für den Landkreis Rostock sowie die Realisierung einer Infobroschüre zum Thema häusliche Gewalt, die idealerweise mit zahlreichen Netzwerkpartnern in die bundesweite Verteilung gehen soll. Mein Hauptschwerpunkt neben dem genannten Ehrenamt ist allerdings der Fachwirt für Soziales und Gesundheit, den ich hoffentlich im Oktober abschließen kann mit dem Ziel, mein Ehrenamt zum Beruf zu machen. Aber das ist noch Zukunftsmusik.

Arne Hoffmann: Alles zusammengenommen ist das eine immsene Menge an Tätigkeiten für eine bessere Geschlechterpolitik. Von Männerrechtlern, die ihren Einsatz darauf beschränken, im Internet Dampf abzulassen, hört man gelegentlich: "Mehr schaffe ich nicht, weil ich nämlich berufstätig bin!" Woher nimmst du die nötige Zeit für all dein Engagement?

Tristan Rosenkranz: Ich war zehn Jahre lang Szeneshop-Betreiber, danach insgesamt anderthalb Jahre in Österreich arbeiten und lebe seit einiger Zeit in einer ökonomischen Mischkultur: kleines Gewerbe, Tantiemen, Aufstockung. Heißt, ich habe in den letzten Jahren kontinuierlich für verschiedene Firmen Aufträge in Gastronomie angenommen und darüber hinaus meine Bücher vertrieben. Mit meinem Umzug in den Norden Anfang 2011 wurden nochmals Ressourcen frei. Hinzu kommt, dass einige Firmen offenbar Probleme mit meinem Lebenslauf haben, wenn sie sich mit einer gewissen Vielfalt erworbener Kenntnisse (Einzelhändler, Autor, Ehrenamt, Gastronomie-Allrounder) konfrontiert sehen. Zwischen Jobs und meiner Fachwirtqualifikation, die wechselnd ein bis zweimal die Woche zu absolvieren ist, bleibt genug Zeit, um mich in meine Projekte reinzuhängen. Es ist sicher als Motivation nicht ganz unwichtig, dass ich das mit Leidenschaft verfolge.

Und ja, mir ist aus der Initiativlandschaft bekannt, dass nur ein viel zu kleiner personeller Anteil den Löwenteil von ehrenamtlicher Projektarbeit verrichtet, damit allerdings auch schon einige spürbare Erfolge zu verbuchen hat. Viele von Diskriminierung (elterlicher Ausgrenzung, Kriminalisierung oder häuslicher Gewalt) Betroffene lamentieren entweder endlos und sehen die Notwendigkeit eines "Wir" nicht, fallen in Depressionen, denken nur an sich selbst oder sehen kaum noch Land angesichts eines Vollzeitjobs, einem Tisch voller Klagen und der wenigen Zeit mit Familie und Kindern. Ich muss allerdings auch sagen, dass diejenigen, die bis zu Trennung und Konfrontation gut oder annehmbar Geld verdienten, mit einer Klage jede Menge Geld an den eigenen Rechtsanwalt oder den Ex-Partner verlieren können. Ich sah schon einige teils gut dotierte Fachkräfte dabei finanziell unter die Räder kommen.

Arne Hoffmann: In den letzten Jahren sind einige Gerichtsurteile in den Medien als großer Sieg für die Väter gefeiert worden. Hat sich die rechtliche Situation von Vätern inzwischen wirklich deutlich verbessert?

Tristan Rosenkranz: Nicht wirklich. Das Problem wird ausgesessen, Fraktionen schieben sich die Schuldfrage gegenseitig zu und bewegen sich meiner Information nach alle um den Punkt herum, nicht davon ablassen zu wollen, dass letztlich die Mutter das Zünglein an der Entscheidungswaage bleibt. Was mit Gleichstellung wiederum nichts zu tun hat.

Arne Hoffmann: Wie stehen denn die Chancen dafür, dass die Väterbewegung dies erfolgreich ändern kann?

Tristan Rosenkranz: Gute Frage. Was fehlt, sind Einigkeit, eine starke, politisch wirksame Lobby und Aktionen wie bei den Schweizer Mitstreitern mit den Pflastersteinen. Andererseits ist dieser stete Wandel in der öffentlichen Wahrnehmung der Vater-, Männer- und Beziehungsbilder eben auch diesen vielen graswurzelmäßig agierenden Zellen und damit eben jeder weiteren erfolgreichen Klage gegen mauernde Behörden, jedem weiteren seriösen Schriftsatz, jeder weiteren seriösen Studie und jedem weiteren Interview mit gemäßigten, offenen Professionen geschuldet. Fazit: Steter Tropfen höhlt den Stein. Und wir leben in einer Zeit, in der auf vielen Ebenen Menschen wach werden. Nicht zuletzt wenden sich immer mehr Frauen von diesem Schwarzerschen Männerhass ab.

Arne Hoffmann: Du hast erwähnt, dass du die Erstellung eines Manuskripts zur Arbeit der Jugendämter planst. Wenn man einmal davon absieht, dass Verallgemeinerungen immer heikel sind – kannst du grob skizzieren, welchen Eindruck du derzeit von diesen Ämtern hast?

Tristan Rosenkranz: An dem besagten Manuskript arbeiten neben mir noch zwei weitere Fachleute mit, deren Namen ich aufgrund noch offener Verträge nicht nennen möchte. Wir drei sind in ein weitreichendes und zunehmend professionalisierendes Netzwerk eingebettet, in dem zahlreiche Fachleute mit belastbaren Daten arbeiten. Die Summe dieser Erfahrungen wie auch einer Vielzahl von Gesprächen mit Betroffenen (Ausgrenzungseltern ebenso wie Inobhutnahmeopfer) führt zu vier wesentlichen Ergebnissen:

1.) Jugendämter unterliegen keiner Kontrollinstanz, sie haben nicht nur in Gerichtsverfahren, sondern auch im Netzwerk involvierter Professionen (Gutachter, Verfahrenspfleger, Sozialpädagogen, Pflegeeltern, Kinderheime) eine Schlüsselposition inne. Wirtschaftlich gesprochen ist deren Vorgehensweise nicht unerheblich für die Verfahrens-(Auftrags-)Dauer und damit den Einnahmen freier beteiligter Professionen.

2.) Aus mehreren Quellen ist mir bekannt, dass pro MitarbeiterIn 140 Fälle auf dem Tisch liegen: eine kaum vernünftig zu bewältigende Zahl.

3.) Ein Teil des Personals dieser Ämter stammt frisch von der Uni, es fehlt ihm dadurch am notwendigen fachlichen Background.

4.) Der Großteil des Personals allerdings besteht aus älteren Frauen, die in einer Zeit ideologisch geprägt wurden, in der eine harte Konfrontation mit dem "unterdrückerischen Patriarchat" gefordert wurde. Das führt dazu, dass diese Beamten häufig gegen die Väter Partei ergreifen. Es ist zum Beispiel nicht unüblich, dass selbst im Beisein des frischgebackenen Vaters der Mutter vom geteilten Sorgerecht abgeraten wird.

Nicht unerwähnt bleiben darf, dass Jugendämter zahlreiche gravierende Fälle trotz vieler Meldungen aus der Nachbarschaft und dem Umfeld bis zum Kindstod ausgesessen haben, in anderen Fällen bei einfachen Verleumdungen und Denunziationen aus der Nachbarschaft grundlos ganze Familien auseinander rissen. Nicht selten wird willkürlich eine gewisse Machtposition und Amtsanmaßung ausgespielt. Was kann man tun, wenn das Jugendamt eingreift? Meist nur jahrelang klagen.

Arne Hoffmann: Wie sollte man diese Problematik angehen?

Tristan Rosenkranz: Offen gestanden gibt es bis heute keine generelle Wahrheit, wie man zu agieren hat, um erfolgreich etwas zu ändern. Ein Mitautor meines Manuskripts und früherer Manager ist seit vielen Jahren auf EU-Petitionsebene aktiv und vermeldet eine zunehmende Kritik auf Seiten der EU-Abgeordneten gegenüber der deutschen Jugendamtsmethodik (weniger Kindeswohlgefährdungen, kontinuierlich steigende Inobhutnahmen). Ein Ex-Betroffener ist viel in Sachen Selbsthilfe und als Petitent unterwegs und vermeldet mit seiner aus meiner Sicht sehr brachialen Diskussionskultur gewisse Erfolge. Karin Jäckel als bekannteste Fachperson wie auch andere Fachleute sind seit Jahren unermüdlich aktiv, um an der Basis Verfahrensbeistand gegenüber bornierten, kalten Amtspersonalien zu leisten.

Einige andere meinen, sie fahren mit Druck, derben Slogans und Hysterie am Erfolgreichsten oder damit, die Jugendämter als Terrorzellen mit KZs zu vergleichen oder alle Deutschen als Mitläufer und die Jugendämter als typisch deutsche Nazibehörde zu betitulieren. Oder indem sie sich als Hilfsorganisationen anbieten und letztlich Kindesentführungen und Verhetzung des zurückbleibenden Elternteils befürworten und unterstützen. Für mich ist dieses Auftreten absolut inakzeptabel.

Bekannt ist mir von einer Berliner Familie, dass sie bereits zweimal in einigen Jahren bis auf merkwürdigerweise das kleinste Kind alle Kinder weggenommen bekamen aufgrund bloßer Nachbarschaftsverleumdung. Die Geschwister wurden getrennt, die Orte des Verbleibs wurden zum Teil geheim gehalten, ein Kind hatte öfters Blessuren, auch gab es wochenlange Zwangspsychiatrisierung. Beide Eltern lernte ich als liebevolle, sorgsame Menschen, die Wohnung als gelebtes und herzlich und lebenswert eingerichtetes Familienzentrum kennen. Eine andere Mutter, auch absolutes Willküropfer und bereits bei Kerner Gegenstand einer Berichterstattung, musste ins Ausland fliehen.

Nicht selten wird mit Behauptungen gearbeitet, die aus zahlreichen Mündern und angesichts des Leids, derer, die darüber sprechen, zwar sehr glaubhaft klingen, allerdings nicht belegt werden können und insofern leider nie Gehör finden werden. Mir fehlen bis heute trotz mehrfacher Äußerungen Betroffener Belege für Auslandskinderheime oder dafür, dass Heimkinderschwangerschaften durch darauf folgende Babywegnahmen einen zusätzlichen Einnahmefaktor darstellen. Was verständlich ist: Wer wird schon seine derart fragwürdigen Methoden gern im Licht der Medien sehen wollen?

Ein Faktor, das System aufzubrechen, sind jene, die auf dem Verwaltungsweg klagen, bis sie Recht bekommen. Das ist ein langer, nervenaufreibender und für Lohnempfänger kostenintensiver Weg, der aber mit jedem Fall auf Europa-Ebene erneut auf die Problematik aufmerksam macht.

Arne Hoffmann: Themenwechsel: Dein reklamekritischer Blog "Schlusslicht" behandelt eines der ältesten Anliegen unserer Bewegung. Ich erläutere mal in geraffter Form den Hintergrund dieser Problematik: Schon 1991 hat der amerikanische Männerrechtler Frederic Haywarth in seiner Analyse "Male bashing" darauf hingewiesen, dass einer Auswertung von 1000 nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Werbesendungen zufolge in 100 Prozent der dargestellten Mann-Frau-Beziehungen der Mann der Trottel war. Dabei hat die Drastik in den letzten Jahrzehnten zugenommen. So stellte 2006 eine Studie des Österreichischen Sozialministeriums anhand Dutzender Beispiele aus dem gesamten deutschen Werbesprachraum fest, dass Männer in der Reklame durchgehend zu Trotteln gemacht werden – und zu Volltrotteln in der Vaterrolle. Die Autoren merkten an, dass es als sexistisch empfunden würde, wenn Frauen und Mütter so dargestellt würden: Männer werden vom Stier niedergetrampelt, aus dem Auto geworfen, müssen Stacheldraht essen, laufen gegen Laternenmasten, werden von ihren Hunden nachgezogen und letztlich mit einem Küchentuch weggewischt. Sogar die Londoner "Times" empörte sich einmal über das "walnussgroße Gehirn von Werbefritzen, die sich an weibliche Käuferschichten anschleimen, indem sie Männer als unfähige Trottel zeigen". Warum besteht deiner Einschätzung nach bei vielen weiblichen Konsumenten überhaupt ein derartiges Bedürfnis nach der Herabsetzung von Männern, das die Werbeindustrie glaubt erfüllen zu müssen, um damit Produkte zu verkaufen?

Tristan Rosenkranz: Hier komme ich ein wenig ins Spekulative. Zum einen ist nachgewiesen worden, dass Frauen in westlichen Ländern zu weit über 80% die Konsumentscheidungen treffen. Das erklärt die Ausrichtung der Werbung auf weibliche Käuferschaft. Zum anderen, und hier mag man mir Spekulation nachsagen, sind Frauen das Geschlecht, welches oftmals sehr ausführlich und mit Bedienung einer Vielzahl von Emotionen über Mitmenschen redet. Frauen reden ausführlicher über ihr Sexualleben und werten oftmals detailgetreu die psychischen wie physischen Nachteile ihrer Mitmenschen aus. Das gilt bei weitem nicht für alle Frauen, aber eine gewisse Genugtuung dabei darf ruhig als Motivation benannt werden. Ich denke, darin liegt der Boom männervertrottelnder und –herabwürdigender Werbeformate.

Ich habe selbst in sechs Jahren Gastronomie immer wieder erlebt, welch festgefahrenes, undifferenziertes und unreflektiertes Männerbild selbst gestandene und vielleicht von der einen oder anderen Partnerschaft enttäuschte Frauen hatten. Ich muss dazu sagen: Es gibt natürlich auch männliche Spezis, die die kultiviertere Form des männlichen Selbstverständnisses mit zuverlässiger Regelmäßigkeit ordentlich beschämen.

Arne Hoffmann: Welche negativen Auswirkungen hat deiner Ansicht nach die von dir kritisierte Form der Reklame für unsere Gesellschaft?

Tristan Rosenkranz: Besagte Werbeformate sind unverantwortlich und leichtfertig, da sie ein differenziertes Geschlechterbild nicht nur des Mannes entwerten und eine dringend notwendige neue Respektskultur im Miteinander unterwandern. Vergleichbar ist das vielleicht am ehesten mit Gewalt. Wer ständig Gewalt konsumiert, stumpft ab; seine Sensibilität gegenüber Opfern geht verloren.

Arne Hoffmann: Das Bewusstsein für dieses Problem wird immerhin stärker. Anfang 2012 lag Männerdiskriminierung – gleich nach Gewaltverherrlichung übrigens – bereits auf Platz 4 der Reihenfolge von Gründen, weshalb sich Menschen beim Deutschen Werberat besonders häufig beschwerten. Das ist erfreulich, aber anhand der skizzierten Verunglimpfungen fragt man sich: Warum protestieren Männer nicht noch viel öfter? Und warum rügt der Deutsche Werberat sexistische Reklame nur, wenn sie zu Lasten von Frauen geht?

Tristan Rosenkranz: Meiner Erfahrung nach ist diese Selbstbezogenheit eines der Grundprobleme dieser Gesellschaft. Meckern ist eben viel einfacher, als sich die Mühe zu machen, oftmals auch nur wenige Stunden pro Woche etwas mitzuverändern, sei es mit ein paar Beschwerdeschriftsätzen je Monat. Während andererseits einige wiederum ihr ganzes Leben dem Engagement widmen.

Arne Hoffmann: Von welcher Position aus ist deine Gesellschaftskritik zu verstehen? Wo würdest du dich also im politischen Spektrum verorten, wenn wir es weiter fassen als das Männerrechtsthema allein?

Tristan Rosenkranz: Ich sehe mich links, als Sympathisant der Piraten. Ich sehe in neoliberalen und konservativen Kräften wie allerdings auch den Sozialdemokraten eher den Sozialabbau und die zunehmende Schere zwischen arm und reich der vergangenen Legislaturperioden als die Zukunft unseres Landes. Elitepolitik blutet das Land aus, eine über ein Jahrzehnt anhaltende Deckung des NPD-freundlichen Verfassungsschutzes bringen unsere Demokratie in Gefahr. Und Grüne sind für mich als Kriegsbefürworter und ihrer männerausgrenzenden Fraktionspolitik wegen unwählbar.

Arne Hoffmann: So wie du das schilderst, bietet sich an nachzuhaken: Ist deine Kritik an einer Reklame, die Menschengruppen niedermacht, nur damit mehr Produkte verkauft werden können, Teil einer grundsätzlicheren Kritik an Fehlentwicklungen unseres kapitalitischen Wirtschaftssystems? Männerrechtler beklagen ja des öfteren, dass in diesem System Männer oft nur als bessere Maschinen gelten, die immer mehr Leistung und Effizienz zu immer geringeren Kosten erbringen sollen und über deren persönliche Bedürfnisse (nach größerer Sicherheit bei der Berufsausübung, nach mehr Vereinbarkeit mit der Familie) man schneller hinweggeht als bei Frauen?

Tristan Rosenkranz: Indirekt verbirgt sich in "Schlusslicht" ganz sicher eine Kritik an menschlich herabwürdigenden Marktmechanismen, aber eher als Archiv. An anderer Stelle gehe ich deutlich weiter. Auf meinem "Feinstoff"-Blog verlinke ich regelmäßig systemkritische Artikel der Leitmedien, wobei ich auf Kapitalismuskritik und Feminismuskritik den Schwerpunkt lege. Zumindest in den letzten Monaten; früher ging es auch um Weisheit, Literatur und Spiritualität.

Und ja, wenn man die geschlechterpolitische Landschaft reflektiert, drängt sich der Gedanke des funktionierenden Mannes als Effizienzfaktor auf: Er ist zum Beispiel Spitzenreiter bei den Berufsunfalltoden, in der Obdachlosigkeit, als Gewaltopfer, bei den Suiziden und in der Sucht. Aus meiner Sicht sprechen all diese Felder männlicher Benachteiligungen beziehungsweise Gefährdungen Bände, wie es um ihre Bedeutung steht. Und letztlich würde die öffentliche Diskussion der Frage nicht schaden, welche Last und Verantwortung eine Vielzahl von Wirtschaftsbossen neben Macht und hohem Einkommen zu tragen haben.

Arne Hoffmann: Durch deine Einträge und Kommentare bei Facebook weiß ich, dass du dich noch konsequenter gegen rechts abgrenzt als ich. Wenn ich z. B. auf einen gelungenen Beitrag von Bernhard Lassahn verlinke, der aber bei der "Achse des Guten" erschienen ist, wendest du ein, dass eine Verlinkung von solchen rechtspopulistischen Seiten der Männerbewegung schade. Und wer Reklame für Broder oder Sarrazin macht, wird von deiner Freundesliste entfernt. Wo genau sollte deiner Ansicht nach die Grenzziehung unserer Bewegung nach rechts verlaufen?

Tristan Rosenkranz: Ich meine, dass jede Schnittmenge, die Menschen ihrer Religion, Hautfarbe oder Nationalität wegen abwertet, unsere Sache schadet. Was in dieser Debatte fehlt, sind Aspekte wie die bewusste Kriminalisierung des Islams durch die USA sowie die Hintergründe von 9/11. Es fehlen Kolonialismus und Sklaverei sowie deren verheerenden Langzeitauswirkungen, und es fehlen weitgehend auch die noch heute andauernde Ausbeutung armer Länder durch den Westen. Warum kommen denn so viele in "unsere" Welt?

Arne Hoffmann: Gibt es etwas, was du der deutschen Männerrechtsbewegung abschließend raten würdest?

Tristan Rosenkranz: Mir liegt die Position des Mahners nicht wirklich. Punkte, die uns angreifbar machen, sind Frauenfeindlichkeit, unseriöse, hochemotionale Argumentationsweisen und Ausgrenzung aus Ausgrenzung heraus. Professionalisierung ist sehr wichtig, das Erreichen und Einbinden von Fachleuten. Fortschrittliche Frauen sind wichtig, nur mit ihnen kommen wir weiter. Auch schaden uns Paranoia, Hysterie und endlose Grabenkämpfe untereinander.

Arne Hoffmann: Herzlichen Dank für dieses Gespräch. Gute Nacht und viel Glück!

Titelgeschichte: Warum Frauen mehr verdienen als Männer

Eine vermeintliche Lohnlücke von 23 Prozent zu Lasten der Frauen – eine Behauptung, die statistisch nicht haltbar ist – wird in unseren Medien tagtäglich als immenses Problem behandelt. In meinen Büchern sowie hier in meinem Blog Genderama habe ich immer wieder darauf hingewiesen, wie sehr sich das Lohngefälle in Wahrheit vielfach längst zu Lasten der Männer dreht. Am weitesten vornedran sind hier die USA, wo in Städten wie Dallas und Atlanta die durchschnittliche junge Frau heute 1,18 $ bzw. 1,14 $ für jeden Dollar verdient, den ein gleichaltriger Mann als Einkommen erhält. Wenn immer wir Männerrechtler aber darauf aufmerksam gemacht haben, um wieviel komplexer der Geschlechtervergleich in diesem Bereich ist, als die feministische Lobby uns glauben macht, reagiert das Gender-Establishment mit massiven Versuchen, uns aus der Debatte auszugrenzen und zum Schweigen zu bringen – Versuche, die bis zum Rufmord gehen.

Nur: Das alles nützt ja nichts. Irgendwann werden die tatsächlichen Verhältnisse so offensichtlich, dass selbst die etablierten Medien darüber berichten müssen – nur tun sie dies natürlich noch immer mit ihrem ganz eigenen Spin. So lautet die Titelgeschichte der aktuellen Ausgabe des Time-Magazins, Marktführer unter den Nachrichtenmagazinen der USA: The Richer $ex. In dem Artikel geht es darum, dass im Jahr 2009 bereits in fast 40 Prozent der amerikanischen Haushalte die Frau mehr verdiente als ihr Mann. Bemerkenswert ist der Untertitel dieses Beitrags, der ebenfalls auf dem Cover der TIME zu lesen ist: "Frauen überholen Männer als Amerikas Brotverdiener. Warum das gut für jeden ist."

Ah ja. Wenn Männer angeblich deutlich mehr verdienen als Frauen ist das nichts, worauf Männer stolz sein können, sondern ein himmelschreiender Skandal, der in etlichen Medien angeprangert wird und zu dessen Bekämpfung es die unterschiedlichsten politischen Aktionen gibt. Kaum kann man die Augen nicht länger vor der Tatsache verschließen, dass Frauen inzwischen die Männer überholen, präsentieren unsere Medien das noch nicht einmal als simple Nachricht, über die sich jeder Leser sein eigenes Urteil bilden kann, sondern von Anfang an verbunden mit der Interpretation, warum DIESES Lohngefälle natürlich gut und sinnvoll sein wird.

Dass in JEDEM BERUF innerhalb der nächsten 25 Jahre Frauen mehr verdienen werden als Männer berichtete gestern auch die britische Daily Mail. Der Artikel enthält eine Graphik, die hübsch vor Augen führt, dass in den letzten Jahrzehnten der Anteil von berufstätigen Frauen nicht nur um etwa dreißig Prozent gestiegen ist, sondern auch der Anteil berufstätiger Männer um fast zwanzig Prozent fiel. Frauen geht es in Zukunft vor allem deshalb relativ betrachtet besser, weil es Männern schlechter gehen wird.

Die Gründe für diese Entwicklung sollten jedem Männerrechtler offensichtlich sein.

Das "Time"-Magazin bewirbt mit seiner Titelgeschichte übrigens ein morgen erscheinendes Buch Liza Mundys, das erklären soll, "warum diese Entwicklung unvermeidlich ist, welche schmerzhaften Anpassungen auf dem Weg dorthin gemacht werden müssen und warum sich sowohl Männer als auch Frauen am Ende überraschend befreit fühlen werden." Könnte man sich dieselbe Reklame vorstellen, wenn Wirtschaftswissenschaftler überraschend zu der Folgerung gelangten, dass auch in Zukunft Männer statt Frauen das "reichere Geschlecht" sein werden?

Liza Mundy gelangte bei ihren Forschungen übrigens zu Erkenntnissen, wie ich sie ebenfalls bereits mehrfach beschrieben habe: Frauen haben große Probleme damit, sich mit der geschilderten Veränderung anzufreunden. Sie fühlen sich zum Beispiel "in ihrer Ernährerolle" gefangen, statt wie bisher entscheiden zu können, ob sie Teilzeit arbeiten oder Hausfrau bleiben. (Männerrechtler berichten seit Jahrzehnten davon, wie sehr sich Männer durch ihre fehlende Wahlfreiheit gegenüber Frauen benachteiligt fühlen. Es wurde ignoriert.) Eine Frau schilderte Mundy, wie sehr ihre Zuneigung gegenüber ihrem Ehemann durch den Rollentausch zurückging und dass sie ihn jetzt weniger als Mann akzeptiere. Und schließlich zitiert Mundy sogar eine "wirklich progressive Feministin", die zugibt, in ihrer Rolle als Hauptverdienerin immer öfter zu denken "Es ist MEIN Geld, nicht UNSER Geld."

Für eine linke Männerpolitik wird es wirklich allerhöchste Zeit.

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Sonntag, März 18, 2012

Vergesst die Rechten!

Um von Anfang an Missverständnisse zu vermeiden: Ich arbeite mit Personen aus dem konservativen Lager immer wieder gerne für eine lohnende Angelegenheit zusammen. Gelegenheit dazu habe ich beispielsweise bei AGENS, einer die verschiedenen Lager überbrückenden geschlechterpolitischen Initiative, genauso wie bei den bürgerlich Liberalen von "eigentümlich frei" und Co. Allerdings musste ich im Laufe der letzten Jahre immer wieder feststellen, dass der rechte Rand dieses konservativen Spektrums kein wirklich hilfreicher Ansprechpartner ist – und zwar nicht nur, weil so manche Leute dort dazu neigen, unvermittelt mit ausländerfeindlichen Sprüchen herauszuplatzen. Sondern auch weil dort der Boden wenig fruchtbar ist, wenn es um den Einsatz für Männeranliegen geht.

Hier geht es weiter.

Samstag, März 17, 2012

"Neue Väter braucht das Land"

In der "Berliner Morgenpost" beklagt Thomas Lindemann heute die mangelnde Unterstützung der "neuen Väter". In dem Artikel heißt es:

Der "neue Vater" befindet sich derzeit noch in einer Phase der Selbstsuche. Dazu passt auch, dass es kaum eine Lobby für ihn gibt. Während der Feminismus weit fortgeschritten oder zumindest gut organisiert scheint, suchen Väter oft vergeblich nach Gruppen, in denen sie sich gegenseitig unterstützen können. Und unter den wenigen Gruppen die es gibt, herrscht auch noch Streit.

Organisationen wie "Väteraufbruch", "Agens" und ein paar andere, die für die Rechte von Vätern eintreten, sind gerade in die Kritik geraten. Bei der Friedrich-Ebert-Stiftung liegt ein Infoband unter dem Titel "Geschlechterkampf von rechts" vor, der untersucht, wie Männerrechtler sich derzeit als Antifeministen immer wieder radikalisieren. Der Soziologe Hinrich Rosenbrock hat ebenfalls gerade mit einer Studie vor der "antifeministischen Männerrechtsbewegung" gewarnt. Ausführliche Schlammschlachten dazu sind in Online-Foren nachzulesen.

Tatsächlich wird auf Internetseiten der besonders lauten Männergruppen heftig gegen den Weltfrauentag oder die Quoten-Forderungen polemisiert. Beflügelt werden solche Gruppen derzeit vor allem von einem Thema: dem Sorgerecht. Väter, die ihren Kindern nah sein wollen, das aber nach einer Trennung nicht können, haben hier ein Forum gefunden. Ihre Wut bricht sich allerdings manchmal Bahn in Frauenhass.


Hier findet man den vollständigen Artikel.

Donnerstag, März 15, 2012

Wir müssen reden – über Faschismus

Das Kopfschütteln und der Ärger war groß über diese Schmähschrift der Heinrich-Böll-Stiftung – "Studie" konnte man diesen Mist ja wohl kaum nennen! Zu haarsträubend erschienen die Vorwürfe: Rechtsextremismus, Rassismus ... und das, obwohl man in Wahrheit nichts anderes als Geschlechtergerechtigkeit forderte. Nein, polterten einige, eine Möglichkeit zum Dialog gab es bei derart hysterischen Vorwürfen aus dem Lager der Grünen wohl kaum. Ich hingegen habe die Veröffentlichung der Heinrich-Böll-Stiftung mit großem Interesse gelesen und muss sagen, dass ich ihr in weiten Teilen absolut zustimmen kann. Ich finde die Vorwürfe nachvollziehbar und in keiner Weise überraschend. Sie passen in das Gesamtbild, das diese mit den besten Vorsätzen gestartete Bewegung mittlerweile von sich abgibt.

Hier geht es weiter.

Mittwoch, März 14, 2012

Wolfgang Wenger: "Der linke Maskulismus ist eine Revolution"

Wolfgang Wenger ist neben Monika Ebeling der einzige, der es mit seinem Einsatz für Jungen und Männer zum Beispiel in den FOCUS und auf die Titelseite der BILD geschafft hat. Heute spricht er in einem Interview über die Chancen einer linken Politik für Männer und die Verwahrlosung der maskulistischen Internetforen.

Arne Hoffmann: Könntest du dich und deinen Hintergrund als Männerrechtler kurz vorstellen?

Wolfgang Wenger: Ich bin seit mehr als zehn Jahren aktiv in der Männerrechtsbewegung. Als Sozialarbeiter war es mir immer ein Anliegen, Jungen, Männer und Väter aktiv zu unterstützen. Momentan verschieben sich meine Beiträge von der politischen Arbeit auf die Sozialarbeit.

Die Unterstützung von Scheidungsvätern war zu Beginn eines meiner Hauptanliegen. Davon bin ich aber im Laufe der Jahre mehr und mehr weggekommen. Im Jahr 2005 begann ich mit dem Kampf gegen das damals drohende Verbot von Vaterschaftstests. Mit der Plattform
PRO-TEST knüpfte ich Kontakte zu Kuckucksvätern und –kindern. Eng arbeitete ich damals mit dem Väteraufbruch zusammen, der mit der Bitte einer Zusammenarbeit an mich herantrat. Pro-Test.net war ja keine Gruppierung oder ein Verein, und jeder konnte mitarbeiten und unterstützen, der im Kampf gegen das Verbot von Vaterschaftstests ein Anliegen sah. Das Thema ist für mich nach wie vor aktuell, auch wenn es – aufgrund des Kampfes – nicht zu einem Verbot kam. Trotzdem werden die Anliegen der Kuckucksväter und -kinder meiner Ansicht nach zu wenig berücksichtigt. Momentan arbeite ich im Kuckucksväterblog mit.

Mein Wunsch wäre es, wenn sich ein Verein gründen würde und wir mehr politisch tätig würden, im Sinne einer Lobbyarbeit. Hier müssten auch Kontakte zu bestehenden Männergruppen, die politisches Gewicht haben, aufgenommen werden, um "unsere" Anliegen besser vorbringen zu können. Das "unsere" ist in Anführungsstrichen, weil ich ja selbst kein Betroffener, aber doch ein sehr aktiv Unterstützender bin. Mein Schwergewicht würde ich dabei aber gerne auf Sozialarbeit und therapeutische Unterstützung legen.

Momentan arbeite ich auch noch an einer Nachrichtensendung – den Männernews – auf Youtube. Hier möchte ich Nachrichten aus allen Bereichen der Männerbewegung, nicht nur der Männerrechtsbewegung, ausstrahlen. Die Sendung läuft monatlich und ich muss erst noch abwarten, wie sie angenommen wird. Zu Beginn habe ich mir ein Jahr als Frist gesetzt. Nach diesem Jahr möchte ich dann sehen, ob die Sendung auf Zuspruch stößt und ob sich die Arbeit daran lohnt. Mitarbeiter konnten leider bis jetzt noch keine gefunden werden, außer zwei Jungen, die die Nachrichten lesen und sichtlich Spaß an der Sache haben. Das ist für mich auch immer eine Freude und macht die Arbeit an der Sendung angenehm – wenn man von dem Detail absieht, dass 80% der aufgenommenen Nachrichten nicht verwertet werden können, weil die beiden zu viel Unsinn machen ... (zwinkert) Allerdings müssen die Nachrichten auch nicht allzu seriös sein. Aktuell arbeite ich die beiden in eine Animationssoftware ein, mit der ich die Nachrichten spannender gestalten möchte. Da stoße ich bei zwei 13jährigen Jungen aber doch schnell an eine Grenze.

Wie oben erwähnt möchte ich meine politische Arbeit bei diesen zwei Themen belassen. Persönlich beschäftigt mich noch die Frage nach der Ausgestaltung eines modernen Maskulismus, vielleicht im Sinne eines dekonstruktivistischen Maskulismus, da mir einseitige und falsch verstanden altmodische Männerbilder ein Greuel, weil einengend sind. Mir geht es sehr darum, Männlichkeit und Jungenhaftigkeit in all seiner Vielfalt wahrzunehmen und zu akzeptieren und vor allem, diese Bilder positiv zu besetzen. Dies ist aber nicht nur eine politische Frage, sondern für mich zu allererst eine soziale. Mit meinem neugegründeten Verein junge(n)welten möchte ich in diesem Sinne Sozialarbeit für Jungen und Väter anbieten und fördern. Insbesondere soll das ein Angebot für Schulen und Kindertagesstätten sein, aber auch für andere soziale Träger und Jugendzentren, die in dieser Frage noch sehr starken Nachholbedarf haben. Lange Zeit wurde Jungenarbeit als weniger wichtig wahrgenommen, außer es wurde nach Hilfe bei verhaltensauffälligen Jungen gesucht oder nach einer Jungenarbeit, die gar nicht im Sinne hatte, die Jungen zu unterstützen, sondern eigentlich die Mädchen, die von den Jungen endlich in Ruhe gelassen werden sollten. Das aber ist doch wieder eigentlich Mädchenarbeit – nur eben mit Jungen – und keine Jungenarbeit.

Ähnliches gilt für die Väterarbeit, die schlicht vernachlässigt wurde, weil mit "Eltern" immer die Mütter verstanden wurden. Väter in ihrer Rolle als Vater zu unterstützen ist aber wesentlich, um auch die Kinder beiderlei Geschlechts zu fördern. Dies gilt für alle Arten von Vätern: leibliche, soziale, Stiefväter, geschiedene, Trennungsväter, Kuckucksväter und so weiter.

Arne Hoffmann: Du bist gerade dabei, ein Manifest für den linken Flügel der Männerrechtsbewegung zu erstellen. Was sind für dich Aspekte, die eine linke Männerrechtsbewegung ausmachen?

Wolfgang Wenger: Männer definieren sich viel zu häufig von der Frauenseite her. Das finde ich sehr schade und ist das Gegenteil einer selbstbewussten Männlichkeit. Deshalb kann ich weder mit pro-feministischer noch mit anti-feministischer Männerbewegung etwas anfangen.

Wir sollten uns eigenständig und auf Augenhöhe sehen: mit gleichen Rechten und mit gleichen Pflichten. Wir sind nicht die Diener von Frauen und sie sind nicht unsere. Dies bedeutet gegenseitigen Respekt. Gegenseitiger Respekt bedeutet aber auch, dass von den Frauen erwartet, ja verlangt werden muss, dass sie ihren Teil an den gesellschaftlichen Aufgaben erfüllen, ohne zu erwarten, von Männer protegiert zu werden. Ich erwarte von den Männern, dass sie selbstbewusst die gesellschaftlichen Bereiche erobern, in denen sie noch hinter den Frauen zurückliegen. Ich erwarte dies umgekehrt auch von den Frauen. Alles andere wirkt einer gegenseitigen Anerkennung entgegen.

Ein linker Maskulismus hätte die Aufgabe, in dieser gegenseitigen Anerkennung Männerinteressen zu vertreten und den Benachteiligungen entgegenzuwirken. Er könnte durchaus den Feminismus als Gegenüber erkennen, wenn dieser aufhören würde, Männer als Gegner und Feinde zu sehen und sich selbst aufzuwerten, indem er Männer abwertet.

Arne Hoffmann: Die Männerrechtsbewegung wird vielfach noch als unisono rechte Bewegung wahrgenommen, was auch an den Inhalten von Foren wie "Wieviel Gleichberechtigung verträgt das Land?" liegt. Deren Betreiber argumentieren, man lasse dort vor allem deshalb Stimmen vom rechten Rand des politischen Spektrums zu Wort kommen, weil man entschieden für die Meinungsfreiheit und gegen Zensur eintrete. Warum gibt dann jemand wie du, der eher links bis Mitte positioniert ist, den Rechtsradikalen dort nicht einfach kontra?

Wolfgang Wenger: Ich schrieb sehr lange in diesem Forum – war dort sogar einer der Hauptschreiber, wenn nicht gar der mit den meisten Postings. Bis ich schließlich – ohne dass jemals ein Posting von mir von der Leitung kritisiert oder gar gelöscht worden wäre – plötzlich gesperrt wurde, weil ich mit einem anonymen (und bis dahin unbekannten) Poster aneinander geriet, der Homosexualität als "schwere psychische Erkrankung" titulierte. Mit der Sperrung war mir klar, in welche Richtung die Forumleitung die Entwicklung des Forums gehen lassen wollte und ich kümmerte mich längere Zeit nicht mehr um das Forum

Letzteres möchte ich erläutern, weil es auch jetzt noch gilt: Es ist sicherlich wichtig, eine Gegenmeinung zu vertreten und Standpunkte einzunehmen, auch wenn man damit gegen den Mainstream schwimmt. Allerdings muss man 1) wissen, dass dies enorm viel Zeit und Energie kostet, die es in einem Forum einfach nicht wert ist. Man kann in einem Forum, in schriftlicher Form, schlicht kaum jemanden überzeugen, wenn dieser eine gefühlte Masse hinter sich hat. Kaum jemand will eine Meinung FINDEN im Forum, jeder (auch ich) will seine Meinung weitergeben

2) Zwar kann man die Forumsleitung nicht direkt als parteiisch bezeichnen, wenn man jedoch merkt, dass die eigene Meinung weniger gerne gesehen wird, hat man dort nichts mehr verloren – zum Schaden des Forums, das ja von verschiedenen Meinungen lebt, aber auch zum eigenen Nutzen, weil man nur Zeit verplempert.

3) Man darf die Bedeutung solcher Foren nicht überschätzen. Tausende Seitenzugriffe werden durch Google verursacht, da lesen die Leute nicht tatsächlich. Hundert registrierte User, von denen die meisten kaum schreiben. Das ist das eigentliche Publikum.

Wie du selbst einmal richtig geschrieben hast: In einem normalen Gasthaus steht man auf und setzt sich an den Nebentisch, wenn man merkt, man sitzt neben einem Idioten. Der sitzt dann nur noch alleine oder mit anderen Idioten zusammen. Wenn ihm das gefällt – okay. Wenn nicht, kommt er zum Nachdenken.

Mir ist die praktische Arbeit lieber als nutzlose Diskussionen zu führen. Wenn es stimmt, dass mit Feministinnen eine Diskussion unmöglich ist, dann ist sie es auch mit "Männerunbeweglichen". Die PRAKTISCHE Arbeit ist es auch, die von den Gegnern als gefährlich erkannt wurde – das Forum wird nur benutzt, um die praktische Arbeit kaputt zu machen.

Arne Hoffmann: Könntest du das noch ein bisschen ausführen: Obwohl fast alle Mitglieder seriöser Vereine wie AGENS und MANNdat um diese Foren einen Riesenbogen machen, stürzt sich der politische Gegner darauf, als wären die Foren der Kern unserer Bewegung. Im Gegensatz dazu werden linke Männerrechtler – ein Interview mit dir ist z.B. auch in meinem Buch "Männerbeben" enthalten – konsequent ausgeblendet. Wie erklärst du dir diese einseitige Wahrnehmung?

Wolfgang Wenger: Das ist schnell erklärt: In einem persönlichen Gespräch erzählte mir eine Person, die dem Bundesforum Männer nahesteht, dass die besagten Vereine (sie nannte explizit MANNdat) "leider" sehr seriös auftreten, insbesondere in Kontakten mit Politikern und Presse. Dies wurde als "gefährlich" bezeichnet. Diese angebliche Gefährlichkeit ist aber bei diesen Vereinen nicht aufzeigbar und wird nur vermutet. Gut, es gibt leider – das ist nicht zu bestreiten – gelegentlich auch aus diesen Vereinen Äußerungen, die fragwürdig sind. Aber darüber kann diskutiert und sie können zurückgenommen werden. Der große Reißer ist das nicht. Daher müssen sich diese Leute dankbar auf alles stürzen, was diesen Vereinen schaden könnte, und das findet sich in mustergültiger Form nur in den Foren.

Ich sage das mit Bedauern, denn ich finde viele Überschneidungen zwischen einem linken Maskulismus und derlei Kritikern. Ich teile ja diese Kritik fast zu 100%. Ich denke, wir könnten uns hier gut miteinander austauschen und Erfolg haben im Sinne einer männlichen Gleichberechtigung – ohne, dass die beiden Gruppen sich vermischen müssten. Jede hat ja seine Eigenständigkeit, die sinnvoll ist. Der VafK ist ja Mitglied im Bundesforum Männer (wenn auch als "schwarzes Schaf" und argwöhnisch von anderen durchleuchtet) und sicherlich hätten wir auch mit anderen Gruppen noch gute Gemeinsamkeiten. Es käme auf einen Versuch an, und man sollte den Austausch auch einmal wagen. Allerdings muss ich zugeben, dass zunächst einmal nur der linke Maskulismus gewinnen könnte. Er ist ja der kleinere Part und leider noch recht bedeutungslos. MANNdat und AGENS würde ich ja nicht gleich als Vertretung eines linken Maskulismus bezeichnen – manchmal "im Gegenteil".
Trotzdem sehe ich in den beiden Vereinen recht vernünftige Diskussionen laufen – soweit ich das von außen verfolgen kann.

Arne Hoffmann: Okay, das erklärt die Strategie der Kritiker einer Männerrechtsbewegung. Was ich noch nicht ganz verstehe, sind die Strategie derjenigen, die mal als unsere eigenen Leute galten. Ein Beispiel: "Wieviel 'Gleichberechtigung' verträgt das Land?" war früher ein sehr heterogenes Forum zur Geschlechterdebatte, wo man beispielsweise auch Grüne wie Jörg Rupp antreffen konnte. Inzwischen verlinkte die Forenleitung auf die Neonazi-Website Altermedia und veröffentlichte auf der Website zum Forum Passagen, denen zufolge Massenzuwanderungen längst unseren inneren Frieden zerstört hätten und dabei seien, unsere Kultur zu vernichten. Garniert wird das mit Wanderlegenden aus rechtsradikalen Weblogs. ("Gerade zu Weihnachten finden in Kindergärten, Schulen und anderen Einrichtungen keine Weihnachtsfeiern mehr statt, weil das die muslimischen Kinder verletzten könnte.") Der Journalistinnenbund greift derartige Steilvorlagen natürlich dankbar auf. Was ist deines Erachtens die politische Strategie dahinter, wenn Maskulisten ihre Anliegen mit derart fragwürdigen Texten würzen, die noch nicht einmal etwas mit der Geschlechterdebatte zu tun haben? Rainer Hamprecht ist ja nun mit Sicherheit kein feministisches U-Boot ...

Wolfgang Wenger: Das stimmt. Wäre er aber ein feministisches U-Boot – könnte er seine Sache besser machen?

Interessanterweise arbeiten diejenigen, die solche Äußerungen tätigen, und diejenigen, die darauf verlinken, klasse zusammen. Es gibt zu viele in der Männerbewegung, denen die Männer eigentlich egal sind. Andere Absichten haben eindeutig Priorität: Hass auf Schwule, Nationalismus, Religion, Fremdenangst, Angst vor dem Andersartigen, Sexualfeindlichkeit.

Das alles wird in ein Paket vermischt und zur generellen Männerfrage erhoben. "Mann sein" heißt dann plötzlich Dinge, bei denen sich die allergrößte Mehrheit der Männer an den Kopf greift. Dasselbe gilt für Begriffe wie "konservativ" und "religiös". Mancher fromme Kirchgänger würde sich wundern, was an mancher Äußerung christlich sein soll. Interessanterweise wird aber kein Kirchgänger mit solchen haarsträubenden Aussagen konfrontiert, als müsse er sich davon distanzieren.

Bei denen, die derlei Äußerungen benutzen, um die Männerrechtsbewegung insgesamt zu diskreditieren, frage ich mich allerdings auch, ob es denen überhaupt um Männeranliegen geht.

Zu dem vorher von dir Gesagten: Wenn man über die damalige Vielfalt in den Forendiskussionen spricht, sollte man nicht nur Jörg Rupp erwähnen. Denk auch mal an die Leute, deren Beiträge zu lesen ein regelrechter Gewinn war! Leute wie "susu" (der Transgender Simon Gunkel, ebenfalls interviewt für "Männerbeben" – A.H.) oder Ferdy – ein Mann, der Röcke trägt! Das wäre was in dem Zustand, in dem die Foren heutzutage sind ... Auch Ferdy hatte die Absicht, ein gemeinsames Forum zu machen, wo Männer und Frauen miteinander reden können. Hat leider nicht geklappt.

Letztlich stimmt es leider, dass die einen bleiben, die anderen gehen. Das ist aber nichts Männerspezifisches. Ich denke, damit hat die Forenkultur insgesamt zu tun. Schriftliche Diskussion in einem Forum neigt dazu, sich voneinander zu distanzieren, sich abzugrenzen, einen Gegner auszumachen. Geschriebene Worte wiegen ungleich schwerer. Was du mündlich mal schnell zur Seite legst ("er wird es schon nicht so gemeint haben") oder nach einer Nachfrage sofort korrigieren kannst, artet in einem Forum gleich in einen hässlichen Streit aus. Das Wort bleibt geschrieben da stehen. Menschen, die 98% deckungsgleiche Ansichten haben, können sich sehr bald über die fehlenden zwei Prozent total in die Haare kriegen. Deshalb: Kein linker Maskulismus mit einem Forum! Persönliche Treffen sind schwierig, zahlen sich aber IMMER aus. Notfalls braucht es Skype oder Telefon.

An dem von dir dargestellten Disaster ist klar die Forumsleitung schuld. Der Gründer dieses Diskussionsforums hätte derlei Äußerungen nie stehen lassen. Sogar Dinge, die ich selbst geschrieben habe, hätte ich nie geschrieben, wenn er Forenleiter geblieben wäre. Aber wenn andere drauslosdreschen, was das Zeug hält, gibt man einen groben Klotz dazu. Aber auch da stellt sich eben die Frage, ob es das wert ist.

Arne Hoffmann: Ein Gegenargument zu deiner Position, das von vielen Radikalen benutzt wird, lautet sinngemäß: "Leute wie Thomas Gesterkamp, Isolde Aigner, Hinrich Rosenbrock und Andreas Kemper versuchen ja sowieso den Eindruck zu erzeugen, dass noch die am weitesten links stehenden Männerrechtler Rechtsextremisten sind. Also brauchen wir uns erst gar nicht zurückzuhalten und können unseren Hass auf Ausländer, Schwule usw. ungehemmt hinausposaunen!" Was ist deine Antwort darauf?

Wolfgang Wenger: Was war zuerst da: die Henne oder das Ei? Ich glaube kaum, dass es einen Gesterkamp gäbe, wenn ich, Du, susu, Ferdy und andere noch im Forum schreiben würden. Inzwischen ist das Forum tatsächlich einseitig (gemacht worden). Und dass diese besagte Gruppierung ein Argument braucht, um ihren Hass auf alles andere herauszuposaunen, wäre mir auch völlig neu.

Umgekehrt befürchte ich auch, dass es der anderen Seite eh nur um Diskreditierung geht, egal was wir machen. Da gebe ich den rechten Männerrechtlern Recht: Wie die reagieren und was die machen ist zweitrangig. Jeder muss zu seiner Überzeugung stehen. Und meine steht denen von rechten Männerrechtlern eben diametral gegenüber. In ihrem Hass sind sie echt – und indiskutabel. Ich brauche mich nicht zu distanzieren, weil ich nichts mit ihnen gemeinsam habe. Und sie brauchen sich nicht zu verstellen. Die Männersache steht bei ihnen tatsächlich erst an zweiter Stelle.

Arne Hoffmann: Immer häufiger unterhält man sich auf "Wieviel Gleichberechtigung verträgt das Land?" inzwischen im Stil von Grundschülern – etwa darüber, welcher Pudel der verpudeltste und welcher Männerrechtler "vollkommen enteiert" ist. "Mädchen sind doof" wird sowieso ständig an die Wände gekritzelt. Mancher Beobachter hat sogar seinen Eindruck formuliert, dort statt in eine politische Bewegung in eine Art Gruppentherapie ohne Aufsicht hineinzuplatzen. Für dich als Jungenpädagogen ist das doch bestes Material zur Analyse. Was steckt hinter einem derartigen Auftreten; woher kommt das?

Wolfgang Wenger: Wie schon gesagt halte ich Foren für alle Arten von Zusammenarbeit für gänzlich ungeeignet. Man spaltet sich sofort. Die Extremisten gewinnen leicht die Überhand, weil jeder halbwegs Vernünftige (außer er neigt zum Masochismus oder kann schlicht nicht aufgeben wie ich) sich langsam zurückzieht. Vor allem, weil auch jeder Vernünftige plötzlich einen Zug zum Extremismus verspürt: Entweder er grenzt sich von den anderen härter ab, als er es eigentlich für nötig findet, oder er macht mit in dem Wettrennen des Extremismus. Jeder möchte der größere Antifaschist sein, jeder der schlimmste Schwarzer-Hasser, jeder der eifrigste Pudelhasser. Zwischentöne verschwinden mehr und mehr.

Da du schlecht der eifrigste Pudelhasser in konkreten Taten sein kannst (unsere Zeit und Energie ist beschränkt. Was soll man auch aktiv machen?), muss man irgendwann rein in Wortgefechte ausweichen. Verbal kann ich jeden Tag der allerschlimmste Antifeminist sein. Wenn jemand daran zweifelt, sagst du, dass du in fünf Foren mitschreibst – sofern du von Arbeitslosengeld lebst, kannst du damit auch noch jeden Werktätigen übertrumpfen. Auch bei den Feministinnen war Müßiggang aller Laster Anfang ... (grinst). Auch einen Leserbrief kriegst du noch auf die Reihe und da du ihn in einer Art und Weise geschrieben hast, wie er nie und nimmer von einer vernünftigen Zeitung abgedruckt wird, kannst du deine eigene Größe an der Art, wie sehr du "zensiert und verfolgt" wirst, belegen und von den anderen den Opferbonus reklamieren.

Jeder klar Denkende fragt sich da irgendwann: Wie weit bin ich bereit, da mitzugehen?

Jeder Erfolg rückt damit in weite Ferne. Es geht aber auch nur ums Recht haben und darum, sich selbst den Orden an die Brust zu heften.

Arne Hoffmann: Du hattest dich in "Männerbeben" deutlich über Leute geäußert, die lautstark die extremsten Forderungen krakeelen – man solle "den Feminismus für immer vom Antlitz der Erde tilgen" usw. – aber selbst nicht den kleinsten Finger rühren, um Männern in irgendeiner Weise konkret zu helfen. Inzwischen hetzen anonyme Schreihälse immer lauter ausgerechnet gegen die, die sich massiv engagieren: Eckhard Kuhla ist demnach ein halber lila Pudel, Monika Ebeling eine Hochverräterin – von den Verrücktheiten gegen mich will ich gar nicht reden. Was glaubst du, wohin sich diese Kontroverse zwischen den seriösen Aktiven und den untätigen Radikalen noch entwickeln wird?

Wolfgang Wenger: Da sie merken, dass mit ihrem Verhalten ein Erfolg unmöglich wird, müssen sie angstvoll gegen alle vorgehen, die tatsächlich Erfolg haben könnten.

In der Psychologie sagt man: Wenn man wenig Selbstbewusstsein hat, hat man zwei Möglichkeiten
1) – die anstrengendere: Man versucht, sein Selbstbewusstsein aufzubauen, bis man in der Lage ist, mit anderen im Vergleich mitzuhalten.
2) – die leichteste: Man wertet andere ab und stellt sie mit sich selbst damit auf eine Stufe.
(Deshalb werten manche Frauen auch gerne Männer ab – das nur so nebenbei).

Welchen Weg wählen wohl diejenigen, nach denen du fragst? Sie merken ihre Erfolglosigkeit. Mit ihren eigenen Methoden kommen sie keinen Schritt weiter. Aufgrund ihrer Wut können sie aber auch nicht anders. Dann muss man verhindern, dass andere erfolgreich sind. So erspart man sich wenigstens die eigene Blamage.

Ich selbst haben mit KEINEN FEMINISTEN ODER PUDELN Schwierigkeiten bekommen, als ich gegen das Verbot von Vaterschaftstests vorging. Die ersten und größten Schwierigkeiten und Anfeindungen kamen aus den Reihen, die ich damals noch als die "eigenen" bezeichnet hätte. Heute weiß ich, dass es die Gegner sind.

Wohin sich das noch entwickeln wird: Wir müssen sie wirklich als Gegner erkennen!

Esther Vilar hat immer wieder betont, dass der Feminismus erkennen muss, dass die Männer nicht die Gegner sind, sondern die wahren Gegner die "anderen" Frauen. Wir müssen im Gegensatz zu den Feministen den Mut haben, dies zu erkennen.

Arne Hoffmann: Siehst du in der Linken eine Zukunft für eine Männerrechtsbewegung, die für Geschlechtergerechtigkeit und Dialog statt Geschlechterhass und Einseitigkeit eintritt?

Wolfgang Wenger: Ehrlich gesagt müssen wir hier realistisch sein: Wir werden zerrieben zwischen einer relativ erfolgreichen politischen Männerbewegung, die nicht mehr allzu pro-feministisch ist – das sehe ich auch als unseren Erfolg! – und einer erfolglosen rechten Männerbewegung, die schon in einer tiefen Mulde festhängt, weil sie ständig auf der Stelle tritt, aber unseren weiteren Erfolg zwanghaft zerstören muss, um selbst bestehen zu können. Ihr Erfolg ist unsere Erfolglosigkeit. Der andere Part der Männerbewegung braucht uns nicht. Das können wir vielleicht ändern, wenn wir uns gut positionieren können.

Darauf kommt es aber erst in zweiter Linie an. Wir müssen unsere Position vertreten, weil es unsere Position ist und weil wir sie für richtig halten. Ob wir damit Erfolg haben oder nicht ist nebensächlich. Wie’s weiter geht, sehen wir dann.

Arne Hoffmann: Du warst kürzlich auf einer Mitgliederversammlung der Bundesarbeitsgemeinschaft Jungenarbeit. Dort waren auch MANNdat, AGENS und das von diesen Vereinen getragene Netzwerk Jungenpädagogik Thema. Wie werden diese seriösen geschlechterpolitischen Gruppen dort wahrgenommen?

Wolfgang Wenger: Als "gefährlich" – eben weil sie seriös auftreten. Das Forengequatsche wird als "das wahre Gesicht" gesehen. Mehr möchte ich nicht ausführen, weil es teilweise private Gespräche waren und ich nicht weiß, ob es recht ist, wenn ich davon weiter erzähle.

Arne Hoffmann: Warum hältst du einen "Maskulismus von links" überhaupt für notwendig genug, dass du in diese Strömung so viel Zeit investierst?

Wolfgang Wenger: Zugegeben: Wenn zwei Männer zusammen sitzen, versuchen sie schon, sich zu spalten und voneinander abzugrenzen. Unser ewiger Drang, den anderen Mann als Konkurrenz zu sehen und ihm zu schaden, damit man bei – vorhandenen oder nur vorgestellten – Frauen punkten kann. Auch das Bundesforum Männer hatte als erstes Anliegen nichts besseres zu tun, als sich vor der vorhandenen Männerbewegung erstmal abzugrenzen. Damit bloß die Frauen nicht beunruhigt werden ob der aufbegehrenden Männlichkeit. Zuallererst müssen Frauen zufriedengestellt werden. Die Frau muss vor den bösen Männern geschützt werden. Ein archetypisches Bild, das mich langsam langweilt, so oft kommt es vor. Wie eine Fernsehsendung, die täglich läuft.

Warum halte ich eine linke Männerbewegung, einen linken Maskulismus trotzdem für notwendig? Ohne Abgrenzungsnotwendigkeit hätte der ja keinen Sinn.

1) Ein linker Maskulismus muss jeden so leben lassen, wie er will. Egal wie konservativ oder wie progressiv dieses Leben sein will. Es ist jedermanns eigene Entscheidung. Die Gesellschaft kann zwar bestimmte Lebensformen fördern, aber nicht so, dass es andere Lebensformen nachhaltig behindert. Es geht nicht darum, andere zu bekämpfen, die andere Seite zu schädigen. Die Gesellschaft lebt von der Verschiedenheit. Das ist mir sehr wichtig. Auch wenn ich nichts mit bestimmten Meinungen, Männlichkeitsbildern anfangen kann, haben sie ihre Existenzberechtigung. Eine linke Männerbewegung darf sich formulieren, sie darf sich gruppieren.

2) Ein linker Maskulismus ist eine Revolution. Wie sehr, das ist mir im Laufe der Jahre erst richtig bewusst geworden. Männer definieren sich immer von der Frauenseite her: pro-feministisch, anti-feministisch. Darauf bin ich zu Beginn dieses Interviews eingegangen. Ein linker Maskulismus MUSS die Männer in den Mittelpunkt stellen. Er braucht sich nicht dafür entschuldigen, dass er das tut. Er braucht das den Frauen nicht erklären. Das ist nicht seine Aufgabe.

Frauen distanzieren sich selbst nicht in dieser Form voneinander (das beginnen sie jetzt erst langsam). Frauen kämpfen über ihre Männer. Feministinnen schicken ihre pro-feministischen Männer in den Kampf, konservative Frauen ihre Anti-Feministen. Der linke Maskulismus bleibt dazwischen und wird entweder zerrieben, oder er gewinnt. Ich fürchte aber, dieses Denken ist so antipatriarchalisch, dass es erst in 100 Jahren populär wird.

Esther Vilar scheint mir eine geeignete Vordenkerin für den linken Maskulismus zu sein. Entgegen der Ansicht vieler ist sie auch nicht vor Feministinnen aus dem Land geflüchtet. In ihrem Buch schreibt sie klar über ihre Sorge, dass die Männer vielleicht die Sklaverei so sehr lieben – nur, weil sie hin und wieder die Brotkrume einer "treuen" Frau in einem "Ach mein Liebster" gehaucht bekommen – dass sie gar nicht befreit werden möchten. Das hat sie erlebt und das erleben wir auch heute: in den rechten Männerforen und bei der pro-feministischen Männerbewegung gleichermaßen. Auch der Macho ist stark von Frauen abhängig oder war es als Kind und hat das nie überwunden (vgl. Italien als mütterfixiertes Land). Daher: Der linke Maskulismus ist eine Revolution – und nichts weniger!

Arne Hoffmann: Herzlichen Dank für dieses Gespräch. Gute Nacht und viel Glück!

Dienstag, März 13, 2012

"Die Männerrechtsbewegung muss eine politische Bewegung sein"

Seit einiger Zeit schon wird in der Männerrechtsbewegung heiß diskutiert, ob Radikalismus und verbale Kraftmeierei vielleicht kontraproduktiv sein könnten, wenn es darum geht, die Gleichberechtigung zu verwirklichen. Einen der besten Beiträge dieser Debatte lieferte ein Anonymus mit dem Nick "Leszek" in der Kommentarspalte eines Artikels auf Christian Schmidts Blog "Alles Evolution". Keine Ahnung, warum Leszek nicht längst ein eigenes Blog betreibt; die Schlüssel zu Genderama würde ich ihm jedenfalls bedenkenlos anvertrauen. Um seinen Kommentar gebührende Aufmerksamkeit zu verschaffen, möchte ich hier leicht gekürzt zitieren.

Ich habe den Eindruck, dass es nicht wenige Personen im Kontext der Männerrechtsbewegung gibt, die diese als eine Art "trivial-therapeutische Gemeinschaft" missverstehen, die es ihnen ermöglicht, unverarbeitete Erfahrungen und unangenehme persönliche Gefühle in extremen Phrasen auszuagieren. Das Resultat dieses Ausagierens ist dann aber oft weder eine tatsächliche emotionale Verarbeitung, noch eine rationale Perspektive – eher scheint das Ausagieren zur Sucht zu werden und einfache Feindbildkonstruktionen das Denken zu dominieren (ist bei extremen Feministinnen nicht anders, siehe Andrea Dworkin als prototypisches Beispiel)

Ohne grundsätzlich bestreiten zu wollen, dass die Männerrechtsbewegung durchaus auch eine – dann allerdings konstruktiv-aufklärende und von psychotherapeutischer Kompetenz getragene – psychologische und therapeutische Dimension beinhalten kann: In erster Linie muss die Männerrechtsbewegung eine politische Bewegung sein.

Vielen Personen, die sich eine zeitlang im Kontext der Männerbewegung bewegen, scheint nicht ganz klar zu sein, wie befremdlich und im Extremfall abstoßend manche dort verbreitete Kommunikationsformen und Feindbildkonstruktionen auf die Normalbevölkerung wirken. Die Normalbevölkerung aber gilt es zu gewinnen, wenn es wirklich um politischen Erfolg gehen soll. Wenn die Männerbewegung in der Öffentlichkeit als eine Bewegung wahrgenommen wird, der es vorrangig um emotionales Ausagieren und verbal-radikale Phrasendrescherei geht und nicht als eine soziale und politische Bewegung, die von moralischer Integrität, gesellschaftlichem Verantwortungsbewusstsein und politisch-strategischer Kompetenz getragen wird, dann wird die Männerrechtsbewegung scheitern. Punkt.

(...) Zweitens ist das Argument des Erfolges des Feminismus trotz des Einflusses seiner radikalen Strömungen schon deshalb absurd, weil gerade für Männerrechtler offensichtlich sein sollte, dass eine von Fanatismus, Einseitigkeit und Engstirnigkeit geprägte Bewegung, selbst wenn sie gesellschaftlichen Einfluss gewinnen würde, auf jeden Fall mehr Schaden als Nutzen bewirken würde. Von Fanatismus, Einseitigkeit und Engstirnigkeit geprägte Bewegungen können gesellschaftlich nicht viel Gutes bewirken, aus ihnen kann nichts Konstruktives und Dauerhaftes erwachsen. Sie bringen notwendigerweise wieder Gegenbewegungen hervor und sind unfähig, das Ziel des Geschlechterfriedens, der Geschlechterdemokratie, der Gleichberechtigung und -verpflichtung (oder wie auch immer man es nennen will) zu erreichen.

Beide Extreme sind zu vermeiden: Eine Männerbewegung, die ihre Anliegen nicht in deutlichen Worten artikuliert und die auf jegliche argumentative Schärfe verzichtet, wird mit dieser Strategie genauso wenig Erfolg haben wie eine Männerbewegung, die primär auf emotionales Ausagieren und Verbalradikalismus setzt.

Hätten wir gegenwärtig wirklich eine "weichgespülte" Männerbewegung, die auf jedes deutliche Wort verzichtet, dann wäre tatsächlich Kritik angebracht. Aber das Gegenteil ist doch zu häufig der Fall. Es ist doch z.B. bezeichnend, dass im Netz sogar das Gerücht entstanden ist, der Begriff "Maskulist" sei eine Bezeichnung für besonders extreme Männeraktivisten, obwohl dies mit seinen begrifflichen Ursprüngen gar nichts zu tun hat.

Der Einfluss der Männerbewegung im Netz ist m.E. ambivalent zu beurteilen. Einerseits waren Männerrechtler sehr erfolgreich darin, männerrechtliche Perspektiven bekannt zu machen: kaum eine Diskussion im Netz zu geschlechterpolitischen Themen, bei der die männerrechtliche Sichtweise nicht eingebracht wird. Das ist die Art von Graswurzelarbeit, die potentielle Erfolge vorbereitet.

Aber andererseits hat die Männerrechtsbewegung bei nicht wenigen Menschen einen schlechten Eindruck hinterlassen, wegen des lautstarken Auftretens einiger ultraradikaler und politisch problematischer Personen. Dass Gegnern der Männerrechtsbewegung solche Tendenzen hochwillkommen sind und diese dazu genutzt werden, um mit Hilfe pseudowissenschaftlicher "Expertisen" die Gesamtbewegung zu diskreditieren, muss niemanden verwundern. Man kann es dem Gegner auch wirklich leicht machen.

Eine soziale Bewegung, die sich hinsichtlich ihrer Kommunikationsformen nicht an der Normalbevölkerung ausrichtet, bleibt eben Subkultur. Nicht umsonst war es ja stets eine Strategie der herrschenden Klasse, alles dafür zu tun, um oppositionelle Bewegungen zu radikalisieren, weil diese dann nicht mehr mehrheitsfähig sind. Aus solchen historischen Erfahrungen könnte man ja lernen. Tut man aber nicht. Verbalradikalismus macht eben mehr Spaß (Sarkasmus aus).

Will die Männerbewegung eine Subkultur sein oder eine erfolgreiche soziale und politische Bewegung? Das ist hier die Frage.

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