Freitag, Juli 13, 2012

Wenn Frauen über die Beschneidung von Jungen diskutieren

Der Humanistische Pressedienst kommentiert die Anne-Will-Talkrunde vom Mittwoch.

Zwei Männer und vier Frauen sollten dem Publikum eine adäquate Diskussion der Frage bieten, ob das kontroverse Urteil des Landgerichts Köln eine richtige Entscheidung darstellt. Dass diese Debatte in die Hose gehen könnte, war nur wahrscheinlich. Und man wird mutmaßen, ob künftige Diskussionen bei Will zu Themen wie dem Schwangerschaftsabbruch mehrheitlich mit Männern besetzt werden, oder woran es sonst lag, dass am Mittwochabend ganz überwiegend Frauen den Streit über den Sinn und Unsinn der Beschneidung von Penissen männlicher Kinder austrugen.


Oliver Tolmein ergänzt hierzu in der Frankfurter Allgemeinen:

In ihren nicht seltenen Wortduellen mit Ates zogen stets die Zuschauer den kürzeren, weil sie die überlagernden Frauenstimmen nicht mehr auseinander halten konnten. Will ließ die beiden dennoch meistens gewähren, weil sie offenbar an eine ordnende Kraft der Moderation nicht glauben will – und vielleicht auch, weil sie annahm, dass es dem Publikum in diesem Streit ohnehin weniger auf die Bedeutung der Worte ankäme als auf die Vehemenz des Engagements.


Immerhin gab es auch sehr positive Aspekte in der Diskussion bei Anne Will. So beklagte Angelika Kallwass die durch den Holocaust errichtete (ethische) Denkbarriere, und Holm Putzke konnte darauf hinweisen, dass die Medizin dem Kölner Beschneidungs-Urteil Rückendeckung gibt. Als eine prominente Stimme aus diesem Bereich wird hier in mehreren Artikeln der in Jungen- und Mänerthemen sehr sachkundige Vizedirektor des Klinischen Instituts für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universität Düsseldorf, Matthias Franz, zitiert:

Franz warnte davor, die Beschneidung mit zweierlei Maß zu messen. Während über die Verurteilung der Beschneidung von Mädchen und Frauen Einigkeit bestehe, würden bei dem Eingriff an Säuglingen und Jungen "beide Ohren zugehalten". Der Mediziner sprach von einem "erheblichen Wahrnehmungsausfall" in der Debatte.
Vielsagend war auch die Schlusssequenz einer in die Anne-Will-Sendung eingeblendeten Straßenumfrage unter jungen Muslimen: "Als richtiger Mann muss man beschnitten sein?" – "Ja, das ist so. Sonst kriegt man keine Frau."

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