Freitag, Juni 15, 2007

Ideologie keine Chance gegen Realität – nicht mal bei Linken

Die taz berichtet über den morgigen Gründungsparteitag der Linkspartei:

In Berlin soll eine neue Linke entstehen: feministisch, antiautoritär, offen, sozial und ökologisch. (...) Doch die Realität sieht anders aus. Lange vor dem Vereinigungsparteitag stand fest: Die neue Linkspartei wird von älteren Herren regiert werden. Dabei haben die PDS und die WASG eigentlich eine Frauenqoute von 50 Prozent beschlossen. Das müsste sich - reine Mathematik -auch in der Spitze der neuen Organisation wiederfinden. Doch die präsentiert eine ganz andere Gleichung: Vor dem Auftauchen der WASG war die PDS bei knapp 5 Prozent, seitdem ist sie bei über 8. Also muss WASG-Vorsitzender Oskar Lafontaine sowohl in den Partei- als auch in den Fraktionsvorsitz. Das Gleiche gilt für Lothar Bisky und Gregor Gysi - denn die haben die PDS ja erst auf 5 Prozent gebracht. Die PDS-Frauen sind nicht amüsiert. Zumal auch der designierte Schatzmeister und der Bundesgeschäftsführer der neuen Linkspartei Herren sind. "Dass es in der Spitze keinen Platz für Frauen gibt, ist ein politischer Fehler", so die linke Vizechefin Katja Kipping (...). Doch für eine Palastrevolution reicht der Ärger nicht.


Das ist sehr, sehr schade. Denn das wäre einmal die lustigste Revolution aller Zeiten. Zumindest wenn alle anderen PDSlerinnen genauso drauf sind wie die erwähnte Katja Kipping. Die beklagt in einem Interview:

dass es in der Spitze keinen Platz für Frauen gibt, ist ein politischer Fehler - dazu kann ich schon aus Parteiräson nicht schweigen. Es entspricht nicht den Grundsätzen der neuen Linken, die für feministische Positionen kämpft.


Allerdings, bei soviel Heuchelei kann man auch nicht schweigen! Erst große Töne spucken und dann in Wirklichkeit die Frauen nicht zum Zuge kommen lassen ... unerhört sowas! Äh, Moment ... Hat Frau Kipping denn überhaupt kandidiert?

Nein, erklärt diese schon im nächsten Atemzug. Als Begründung schiebt sie zuerst ihr Alter (29) vor, um dann einzuräumen, dann sie eigentlich ganz andere Pläne (Jazzdance) hat.

Das Ganze erinnert ein wenig an den Witz von dem Mann, der Tag für Tag den Herrgott anfleht, er mögen ihn doch bitte nur ein einziges Mal im Lotto gewinnen lassen. Bis irgendwann eine Stimme aus den Wolken schallt: „Um Himmels willen, mach mich nicht verrückt! Kauf doch wenigstens mal ein Los!“

Ob in großen kapitalistischen Unternehmen oder in sozialistischen Parteien, es ist immer und immer wieder derselbe Tanz: Lautstarkes Lamentieren darüber, dass die bösen Männer die Macht unter sich aufteilen und die Frauen ausgrenzen, geht wie selbstverständlich Hand in Hand damit, dass dieselben Frauen, sobald sie die Gelegenheit hätten, entsetzt einwenden: „Ich? Aber ich doch nicht! Ich hab noch ein bisschen was anderes vor!“

Und in etlichen Statements wird es wieder heißen: „Gleichberechtigung für Männer? Nicht solange für die Gleichberechtigung von Frauen noch derart viel getan werden muss. Haben Sie sich mal angeschaut, wie wenig Frauen in gesellschaftlichen Machtpositionen sind? Es ist zum Heulen!“

Nachtrag vom folgenden Tag: Auch der Oeffinger Freidenker kommentiert.

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