Donnerstag, Januar 05, 2006

noch eine Presseschau

Während in der gestrigen Presseschau die Spannung zwischen Vernunft und Dummheit eine Art Leitthema war, geht es heute um das Spannungsverhältnis zwischen staatlichen Eingriffen und persönlicher Freiheit.

Telepolis berichtet in einem satirisch grenzgenialen Artikel mit der Überschrift „Schlagen Sie Ihre Frau noch?“ über eine vom baden-württembergischen Innenministerium eingeführte Sonderbefragung einbürgerungswilliger Muslime. Der Fragenkatalog, aus dem telepolis einiges Hübsches zitiert, scheint gegen den Islam so ressentimentgeladen, als hätten ihn die Jungs von der „Achse des Guten“ persönlich entworfen. Das wird dann selbst der Berliner “taz“ zuviel, die befindet: „Die ominösen Fragen an Einbürgerungswillige konstruieren das Bild einer Gesellschaft, die politisch korrekt ist - bis zur Karikatur ihrer selbst.“ Unter anderem wolle die Einwanderungsbehörde wissen, „wie man zu Chefinnen und homosexuellen Söhnen steht. Man merkt: Hier wird ein PC-Katalog abgefragt. (…) Auch wenn im Zuge des Multikulturalismus vormoderne Ansichten vom familiären und gesellschaftlichen Zusammenleben verharmlost worden sein sollten (…), ändert das nichts daran, dass den Staat die Gesinnung seiner Bürger nichts angeht. (…) (E)in Staat, der seine Aufgabe darin sieht, sich in Lebensführung und Ansichten seiner Bürger - der jetzigen und der zukünftigen! - einzumischen, bleibt im besten Fall ein Obrigkeitsstaat, selbst wenn der Wille dahinter noch so gut sein sollte. Im schlimmsten Fall tendiert er ins Totalitäre. (...) Von diesem Land aus darf, so der Eindruck, nie wieder ein Chefinnenwitz ausgehen, geschweige denn etwas Schlimmeres (Frage 11: `Hätten Sie bei bestimmten Berufen Schwierigkeiten, eine Frau als Autoritätsperson anzuerkennen?´). Die Deutschen also, wenn schon nicht mehr als Volks-, so doch als PC-Gemeinschaft - höflich zu Frauen, nett zu Minderheiten und sich stets gewahr, dass die eigenen Ansicht jemanden mit anderen Ansichten verletzen könnten. Wer das nicht mitmacht, fliegt raus oder kommt gar nicht erst rein in dieses Land!“ Die „taz“ befindet diese Einstellung als ziemlich daneben. „Flapsig gesagt: Auch wer Chefinnenwitze reißt, muss Deutscher werden können.“

Andererseits: Warum sollten wir in Sachen feministischer Korrektheit nachlässiger sein als die Kuwaitis? Dort nämlich wurde, wie uns die “Frankfurter Rundschau“ berichtet, ein Abgeordneter wegen einer „Hetzrede“ gegen Frauen in der Politik zu einer Geldstrafe von umgerechnet 14.000 Euro verurteilt. Der gute Mann hatte nämlich seine Ansicht kundgetan, „diejenigen, die Frauen zu einer politischen Karriere `zwingen´ wollten, seien für die Verbreitung der Homosexualität und für den Anstieg der Zahl von Waisen verantwortlich.“ Mit verurteilt wurde auch gleich der Chefredakteur einer Zeitung, die diese Worte abdruckte. Hätte man in Kuwait nicht doch besser mal die Meinungsfreiheit eingeführt als den Feminismus?

Gegen die Freiheit geht es auch in Großbritannien, erfahren wir von dem Nachrichtensender ntv. Londons Sozialminister John Hutton nämlich will unterhaltssäumigen Vätern ein abendliches Ausgangsverbot erteilen, was anhand von Armbändern mit elektronischen Positionssendern überprüft und durchgesetzt werden soll. Da muss man ja fast schon annehmen, dass Hutton undercover tätig ist, um den „Fathers 4 Justice“ mit solchen Kloppern noch mehr Mitglieder zu verschaffen.

Und zu guter Letzt noch eine Seitenbemerkung zu einem ganz anderen Thema. Spiegel-Online berichtet mit Bezug auf das Feuilleton der heutigen FAZ folgendes: „Ludger Fittkau hat einer Veranstaltung über Sterbehilfe am Rande eines Kongresses zum Thema `Anti-Aging´ beigewohnt und dort erfahren, dass Frauen häufiger als Männer von aktiver Sterbehilfe Gebrauch machen wollen, was ihn dazu veranlasst, Sterbehilfe als `beklemmende Form eines Anti-Aging-Präventivschlags´ zu beschreiben.“ Hm. Hatte es nicht in der gestrigen Genderama-Presseschau in einem Beitrag über japanische Frauen geheißen, dass diese ihre alten Männer, nachdem diese ihrer Versorgerrolle nicht mehr nachkommen konnten, häufig als ein Hindernis dabei betrachteten, ihren eigenen Lebensabend zu genießen? Aber gut, vielleicht bin ich mittlerweile auch einfach zu zynisch geworden …

kostenloser Counter